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Studie: TSH Level vor Ablation mit Radiojod (Vrachimis 2016)

Studie: TSH Level vor Ablation mit Radiojod (Vrachimis 2016)

| Beitrags-ID: 255632

Hallo an alle,

Im European Journal of Nuclear medicine and molecular imaging wird eine Forschergruppe der Uni Münster und Uni Würzburg eine Studie zu TSH Leveln vor der ablativen RJT veröffentlichen.

In der Zusammenfassung steht, dass ein TSH Level >30 mU/I nicht ausschlaggebend für den Erfolg der Ablation, das Rezidivfreie Überlebensrate oder die Sterblichkeitsrate ist. Vielmehr seien Alter, Geschlecht und vorhande Lymphknotenmetastasen unabhängige Faktoren für die Prognose. Es konnten keine signifikanten Unterschiede zwischen den Gruppen festgestellt werden. Die Vergleichsgruppe von 275 (von insgesamt 1873) Patienten mit TSH Leveln <30 mU/I hatte keine signifikant schlechtere Prognose oder Erfolgsrate der Ablation. Ich habe beim Autor angefragt ob er uns eine Kopie seines Artikels kostenlos zur Verfügung stellt.

Das Team schlussfolgert, dass das bestehende Dogma, dass TSH Level zum Zeitpunkt der ablativen RJT über 30 mU/I sein müssten, verworfen werden kann.

Ich konnte leider keine Aussage dazu finden, wie niedrig die TSH Level sein können/ müssen.


    Titel:

    Endogenous TSH levels at the time of 131I ablation do not influence ablation success, recurrence-free survival or differentiated thyroid cancer-related mortality

    Autoren:
    Alexis Vrachimis, Burkhard Riemann, Uwe Mäder, Christoph Reiners, Frederik A. Verburg

    in: European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging

    February 2016, Volume 43, Issue 2, pp 224-231

    Hier der Link zum Abstract:
    http://link.springer.com/article/10.1007/s00259-015-3223-2

siehe dazu auch: FAQ: ATA-Leitlinie differenzierter Schilddrüsenkrebs 2015: Übersicht, Übersetzungen & Kommentare die Empfehlung R53

Viele Grüße,

Heidi

4 Nutzer*innen haben sich für diesen Beitrag bedankt.

Antwort auf: Studie: TSH Level vor Ablation mit Radiojod (Vrachimis 2016)

| Beitrags-ID: 369652

Hallo nochmal,

Herr Dr. med Verburg hat meine Anfrage bereits beantwortet und uns eine Kopie seines papers zur Verfügung gestellt. Er schrieb außerdem:

„Sicherlich sind die Ergebnisse interessant und sollten Anlass sein die Leitlinien noch mal zu evaluieren. Wie es sich genau auswirken könnte weiss ich noch nicht. Warscheinlich wird zumindestens die Grenze von 30 mU/l welche bisher ziemlich streng genommen wurde, eher gekippt werden. Das Paper kann aber nicht dahin interpretiert werden, dass eine Stimulation nicht notwendig ist – lediglich dass der Wert nach 4 Wochen offensichtlich nicht ausschlaggebend ist für ein Ablationserfolg. Weitere Forschung wird dahingehend erfolgen müssen, ob bei endogener Stimulation eine kürzere Periode oder ein viel niedriger Zielwert (z.B. 5-10 mU/l über 4 Wochen, erreichbar mit einer gering erniedrigten Levothyroxindosierung) auch zielführend sein könnte.

Bei weiteren Fragen stehe ich gerne zur Verfügung.

Mit herzlichen Grüßen,
Erik Verburg „

Viele Grüße,

Heidi

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Antwort auf: Studie: TSH Level vor Ablation mit Radiojod (Vrachimis 2016)

| Beitrags-ID: 369653

Hallo Heidi,

danke, für den Hinweis auf diese Studie.

Es zeigt wie wichtig es ist, dass man sich nicht nur auf eine Studie verlassen sollte.

Wobei in dieser alten Studie von Edmonds aus dem Jahr 1977 auf die verwiesen wird, – zumindest nach dem Abstract – vor allem betont wird, dass es eine Korrelation der Jodaufnahme beim Tumorgewebe gibt, die vom TSH-Wert abhängig ist. Und daher ein TSH-Wert von über 30 mU/l empfohlen wurde.

    Measurement of serum TSH and thyroid hormones in the management of treatment of thyroid carcinoma with radioiodine
    Autoren:Edmonds CJ, Hayes S, Kermode JC, Thompson BD.
    in: Br J Radiol. 1977 Nov;50(599):799-807.

4. The 131I concentration (muCi/g) developed in tumour tissue was also examined in relation to the serum TSH level. In general a tumour should not be considered as incapable of concentrating 131I adequately until serum TSH levels have exceeded 30 mU/l.

Übersetzung [Harald]:
4. Die I-131 Aufnahme im Tumorgewebes stand in Relation zur Höhe des TSH-Wertes. Im allgemeinen sollte ein Tumor nicht als unfähig für die Jodaufnahme [heute wird der Bergriff radioiodrefraktäres Schilddrüsenkarzinom (=RR-DTC) benutzt] betrachtet werden, wenn nicht ein TSH-Wert von 30 mU/l [vor/bei der RIT] erreicht wurde.

Quelle: PubMed

Zur Ablation (Entfernung des gesunden Restgewebes) macht die Studie von Edmonds auch Aussagen, diese sind allerdings damals anders ausgefallen wie die der neuen Studie von Vrachimis (2016).

Das erfreulichste und unstrittige Ergebnis in der Studie von Vrachimis dürfte sicherlich sein, dass die Höhe des TSH-Wert nach 4 Wochen Schilddrüsenhormonentzug keine Auswirkung auf die Ablation (Entfernung des gesunden Schilddrüsenrestgewebes) hat.

Viel wichtiger für uns ist jedoch die Frage , ob die Höhe des TSH-Wert bei der ersten Radiojodtherapie (Ablation) auch Auswirkungen auf das Auftreten eines Rezidivs und auf das Überleben hat.

In der univariaten Analyse konnte die Studie dies zwar auch zeigen.

Wichtig wäre hier vor allem eine Eingrenzung der Analyse gewesen auf Patienten, die den TSH-Wert zusammen mit den Risikofaktoren: T-Stadium, Alter und Lymphknotenmetastasen untersucht (mulitvariate Analayse).

Dies scheint mir vor allem wichtig, da ja ein zusätzliche Nutzen der ablativen RJT in den neuen Leitlinien für die Low-Risk-Patienten sehr in Frage gestellt wird.

Vrachimis und seine Mitautoren räumen in der Diskussion der Studie auch ein, dass die geringe Rezidivrate die Möglichkeiten der Analyse in dieser Studie begrenzten und unmöglich machten.

Vrachimis und seine Mitautoren betonen daher, dass dieses Ergebnis (TSH-Wert von > 30 mU/l nicht zwingend notwendig für die Ablation) nur für low-risk Patieten gilt.
[Harald: Da wo nach ATA 2015 eine Ablation in den meisten Fällen eh kein Zusatznutzen bringen dürfte]

Das Ergebnis der Studie dürfe auf keine Fall auf Patienten mit Rezidiv, fortbestehendem Schilddrüsenkrebs oder Metastasen übertragen werden.



Die Empfehlung – TSH > 30 mU/l für die RIT – wird auch in der neuen ATA-Leitlinie differenzierter Schilddrüsenkrebs 2015 in der Empfehlung R53b abgehandelt. Es wird betont, dass die Evidenz für diesen Schwellenwert sehr gering ist (Schwache Empfehlung, basierend auf geringer Evidenz).

Es wird in der Erläuterung der Empfehlung auf die alte Studie (Edmonds 1977; s.o.) verwiesen, sowie auf zwei randomisierte prospektive Studien, die allerdings nicht die Höhe des TSH-Wert untersuchten, sondern nur die unterschiedliche Vorbereitung der Unterfunktion vor einer RJT (4 Wochen Entzug vs 2 Wochen L-T3 und 2 Wochenentzug) sowie zwei retrospektive Studien, die allerdings auch keine multivariate Analyse gemacht haben, wie die ATA-Autoren bedauern.

Mal gespannt wie diese Studie von Vrachimis, die künftige Überarbeitung der ATA-Leitlinie beeinflussen wird.

Viele Grüße
Harald

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