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Antwort auf: ATA (2015): Postoperativer Tg-Wert, ob RJT indiziert

| Beitrags-ID: 372211

Hallo,

gegen diese Empfehlung der amerikanischen Leitlinie haben eine Gruppe von Nuklearmediziner*innen aus der Schweiz, den USA, Frankreich und Deutschland eine Editorial verfasst im European Journal of Nuclear Medicine and Molecular Imaging:

    Postoperative serum thyroglobulin and neck ultrasound to drive decisions about iodine-131 therapy in patients with differentiated thyroid carcinoma: an evidence-based strategy?

    Autor*innen:
    Giovanella L, Avram AM, Clerc J, Hindié E, Taïeb D, Verburg FA.

    in:
    Eur J Nucl Med Mol Imaging. 2018 Jul 30.
    doi: 10.1007/s00259-018-4110-4.
    Artikel ist frei zugänglich

Die Autor*innen verweisen genauso wie die ATA auf die Probleme des postoperativen Tg-Wertes (s.o.), ergänzt wird noch die Problematik, dass bei Vorhandensein von TAK beziehungsweise von heterophilen Antikörpern (HAb), die zu falsch niedrigen und falsch hohen Tg-Werten führen können.

Im Kern des Editorials geht es um die Abwägung von unterschiedlichen Risiken:

Neben diesen für uns Patient*innen relevanten Punkten, werden auch Argumente angeführt, dass mit der Vermeidung einer Radioiodtherapie nicht notwendigerweise Kosten eingespart werden.
So wird z.B. Angeführt, dass nach einer RIT der Ultraschall eingespart werden kann, siehe Studie: Ultraschall des Halses bei nicht-nachweisbarem und niedrigem Tg-Wert nicht notwendig (Verburg 2018)

Den Nutzen eines postoperativen Tg-Werts sehen Giovanella et.al. vor allem in der Unterscheidung, ob eine geringe oder höhere Aktivität bei der Radioiodtherapie angewendet werden soll ( ATA (2015): Welche Aktivität von I-131 bei der RIT?).

Anmerkung Harald:

    Mir fehlt in der Risikoabwägung für und gegen eine Radioiodtherapie neben den Nebenwirkungen einer Radioiodtherapie, die geringe Erfolgsrate einer Radioiodtherapie bezüglich des exzellenten Ansprechens. Eine Radioiodtherapie führt nämlich keineswegs immer zu einem exzellenten Ansprechen.
    siehe Resetbutton nach Operation und Radioiodtherapie (RIT).

    Ein großer Teil der Patient*innen wird vielmehr ein nicht-bestimmbares Ansprechen oder ein biochemisch-unvollständiges Ansprechen nach der Radioiodtherapie haben, ohne dass dies ein Einfluss auf das Auftreten eines Rezidives oder gar auf das Überleben hat.
    Unvollständiges Ansprechen und biochemisch-unvollständiges Ansprechen dürften wiederum eine Reihe von weiterer Diagnostik nach sich ziehen und die Patient*innen stärker verunsichern.
    Hier werden noch bessere Studien gebraucht, die auch diese Risiken der RIT berücksichtigen.

    Ein großes Problem dürfte jedoch bleiben, dass sich mögliche Vorteile einer RIT erst nach über 10 Jahren zeigen und auch nur für einen kleinen Prozentanteil von uns Schilddrüsenkrebspatient*innen besteht.

    Wie Schilddrüsenkrebspatient*innen, die frisch mit der Diagnose Krebs konfrontiert sind, zusammen mit ihren Ärzt*innen eine gemeinsame Risikoabwägung treffen können, bleibt eine schwierige Aufgabe.

Viele Grüße
Harald

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