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FAQ: Ultrasensitive Thyreoglobulin-Assays (us-TG)

FAQ: Ultrasensitive Thyreoglobulin-Assays (us-TG)

| Beitrags-ID: 249622

[Update-Korrektur (31.10.2014) – interner-Warnhinweis – nicht im Form bearbeiten!!]

FAQ: Ultrasensitive Thyreoglobulin-Assays (us-TG) in der Nachsorge

Zum besseren Verständnis von Tumormarker-Werten und Risikoeinschätzungen in der Nachsorge des Schilddrüsenkrebs

In früheren Jahren sah die Nachsorge bei allen Patienten mit papillärem oder follikulärem Schilddrüsenkrebs in regelmäßigen Abständen eine Radiojoddiagnostik (RJD) und die Bestimmung des Thyreoglobulin (TG) in einer Schilddrüsenunterfunktion vor. Der wissenschaftlich-medizinische Fortschritt ermöglicht es heute weitgehend auf diese invasive und körperlich belastende Form der Nachsorge zu verzichten (Ausnahme: z.B. wenn Thyreoglobulin-Antikörper (TAK) vorhanden sind). Auch für die RJD ist es nicht mehr notwendig in die Schilddrüsenunterfunktion zu gehen, diese kann auch mit zwei Spritzen rhTSH erfolgen (rhTSH= Handelsname Thyrogen; Aktuelles zu den Lieferschwierigkeiten von rhTSH).

In der Nachsorge des Schilddrüsenkrebses gilt heute als ausreichende Erfolgskontrolle ein TG-Wert von <1ng/ml unter rhTSH-Stimulation bei Abwesenheit von TAK sowie ein unauffälliger Ultraschall-Befund durch einen erfahren Arzt, ggf. kombiniert mit einer unauffälligen RJD 6 bis 12 Monate nach der ersten ablativen Radiojodtherapie (mehr zum TG: siehe Offline Nr. 4, S.2 bzw. Thema: FAQ: Thyreoglobulin und Nachsorge des Schilddrüsenkarzinoms; und mehr zu den TAK: siehe Offline Nr. 5, S. 2 bzw. Thema: FAQ: Thyreoglobulin-Antikörper und Nachsorge des differnzierten Schilddrüsenkrebs).

Auch die weitere Nachsorge basiert auf der Bestimmung des TG-Wertes und der Ultraschalluntersuchung ohne RJD. Durch dieses weniger invasive Verfahren in der Nachsorge zeigt sich, dass fast alle auftretenden Rezidive gefunden werden können, die Zahl der falsch positiven Befunde nimmt jedoch zu (falscher Alarm). So wird z.B. bei einem unter rhTSH stimulierten TG-Wert von >2 ng/ml weiterhin eine Radiojoddiagnostik oder -therapie empfohlen, jedoch ist bei zwei Drittel dieser Patienten dieser TG-Wert durch kleine Reste von Schilddrüsenzellen verursacht, die auch mit anderen Diagnose-Verfahren nicht sichtbar sind und für den Patienten nie einen Krankheitswert haben.

    In manchen medizinischen Arbeiten wird hier dennoch von „biochemical evidence of disease“ , biochemischer Beleg der Krankheit, gesprochen. Dieser Begriff ist jedoch eine nicht gerechtfertigte Darstellung des tatsächlichen Gesundheitszustands. Ein Blutwert an sich ist nun mal keine Krankheit.

Es gibt also bereits hier eine hohe Rate von falschem Alarm (66%). Nur ein Drittel (33%) mit einem TG-Wert >2 ng/ml unter rhTSH-Stimulation entwickelt später ein sichtbares Rezidiv.

Eine offene Forschungsfrage ist dabei, dass es auch eine kleine Gruppe von Patienten mit einem konstanten nachweisbaren TG-Wert (bis 5 ng/ml) gibt, die jedoch völlig gesund sind.

Weitere offene Fragen an die Leitlinien sind, wie oft in der Nachsorge der TG mit rhTSH-Stimulation kontrolliert werden muss und ob sich die Stimulation durch den ultrasensitiven TG-Assay (us-TG) ersetzen lässt.

  • im Jahr 1985 bei <3,0ng/ml ,
  • im Jahr 2000 bei <1,0ng/ml,
  • im Jahr 2010 bei <0,01ng/ml (= ultrasensitive-TG).

Das Problem der ultrasensitive-TGs ist jedoch, dass sie zwar kleinste Spuren von TG nachweisen können, zugleich jedoch die Zahl falsch positiver Befunde deutlich ansteigt. Aufgrund dieser hohen Zahl werden us-TG daher bislang in den Leitlinien nicht empfohlen.

    Um das Problem der falsch positiven Befunde von ultrasensitive-TG in den Griff zu bekommen, haben PD Dr. Görges u.a. (2006) vorgeschlagen, die Verdreifachung eines TG-Wertes im Laufe eines Jahres oder die Verdoppelung mindestens zweier TG-Werte in Folge zu benutzen, um eine Patienten als positiv zu bewerten (siehe Thema: Studie: höhere Sensitivität des TG-Werts (ultrasensitiv)). Dies hat jedoch den großen Nachteil, dass die Patienten über lange Zeit im Ungewissheit und Sorge sind.

Eine Forschungsgruppe um die Endokrinologin Rosella Elisei von der Universität Pisa (Valerio et. al. 2011) hat sich satt der Frage, wann ein us-TG als positiv zu werten ist, folgendes gefragt: Wann kann auf die Stimulation mit rhTSH in der Nachsorge mit Hilfe des us-TG verzichtet werden? Die Forschungsgruppe nähert sich der Problematik, indem sie sich all die Patienten anschaut, die einen mit rhTSH stimulierten TG-Wert von <0,5ng/ml haben. Diese Patienten gelten zu 98-99,5% als sicher tumorfrei. Misst man in dieser Gruppe unter TSH-Unterdrückung mit einem ultrasensitiven-TG.Assay, so lässt sich bei 36,1% Thyreoglobulin (>0,1 ng/ml) nachweisen, obgleich diese als gesund und geheilt gelten. Nimmt man als Grenze einen us-TG-Wert von >0,5 ng/ml, so sind es nur noch 3,5%, die einen positiven Befund in dieser Gruppe bekommen, dessen Bedeutung für den Verlauf der Krankheit jedoch weiterhin fragwürdig bleibt (falsch positiv).

Elisei empfiehlt daher, dass bei einem us-TG von <0,1 ng/ml auf eine Kontrolle mir rhTSH verzichtet werden kann. Auch in der Gruppe mit einem us-TG-Wert zwischen 0,1 und 0,5 ng/ml soll zunächst auf weitere invasive diagnostische Verfahren verzichtet werden, jedoch sei in Betracht zu ziehen, hier den TG-Wert unter rhTSH zu kontrollieren.

Auch wenn bei Patienten mit einem niedrigen TG der Trend (steigend oder fallend) wichtiger ist als der absoluten Wert, so stellen wir Patienten uns doch weiterhin die sorgenvolle Frage: Wie hoch ist das Rezidiv-Risiko, wenn ein us-TG nachweisbares TG anzeigt?

Im letzten OFFLINE Nr. 6 (S.1 bzw. Thema: Arbeitsgruppen Treffen TdKSH 2011) haben wir auch über die unterschiedlichen Risiken von High- und Low-Risk-Gruppen geschrieben, ein Rezidiv zu bekommen oder gar am Schilddrüsenkrebs zu sterben. In der Low-Risk-Gruppe (Kriterium: erfolgreiche ablative RJT; Daten des Würzburger Studienregisters) liegt das Risiko für ein Rezidiv in einem Zeitraum von 10 Jahren bei ca. 3,6%.

Ein guter Grenzwert eines Bluttests für das Kriterium „Verdacht auf Rezidiv“ sollte also deutlich über diesen
3,6% liegen, wenn er uns nützliche Informationen liefern soll.

Wie hoch ist das Risiko nun bei einem us-TG-Wert von >0,5ng/ml, dass ein Rezidiv vorliegt? Hierzu gibt es leider keine genauen Zahlen und Daten. Für den us-TG (mit einer funktionellen Sensitivität von 0,02-0,1ng/ml) wird eine Sensitivität von 78%-81% (richtig positiv) und eine Spezifität von 42-63% (richtig negativ) angegeben (Schlumberger 2007).

Hier eine grobe Beispielrechnung zur Verdeutlichung der Bedeutung dieser Zahlen: Von 1000 Patienten in der Low-Risk-Gruppe werden ca. 36 im Laufe von 10 Jahren ein Rezidiv bekommen (Würzburger Studienregister). Nimmt man die besten Werte zur Sensitivität und Spezifität, dann werden 29 durch den us-TG richtig positiv (RP) erkannt. Von den 964 Patienten, die kein Rezidiv haben, bekommen zwar 63% ein richtig negatives (RN) Ergebnis, aber auch 357 Patienten einen falsch positiven (FP) Befund. Insgesamt bekommen also 386 Patienten einen positiven Befund, von denen aber nur ca. 7,6% auch wirklich ein sichtbares Rezidiv bekommen werden.

Legt man die schlechteren Werte zur Sensitivität und Spezifität für diese Berechnung zugrunde, sind es sogar nur 4,8%. Dies ist also nur eine geringe Erhöhung des individuellen Risikos gegenüber dem Risiko, das auch ohne Tests vorliegt (3,6%).

Es ist daher unbedingt notwendig, dass wir Patienten uns klar machen, dass ein nachweisbarer us-TG noch lange kein Rezidiv nahelegt, man aber in diesem Fall nicht auf die Kontrolle mit einem rhTSH stimulierten TG und danach auf eventuelle weitere diagnostische Verfahren verzichten kann.

(Überprüfung der medizinischen Richtigkeit durch Dr. Verburg, Aachen)

us-TG = hsTG-Assays:

    Name des Assay Hersteller Methode
  • Access Tg Beckman Coulter (USA) ICMA
  • EIASON TgCa Iason (Austria) ELISA
  • ELECSYS Tg II Roche ECLIA
  • KRYPTOR usTg BRAHMS (Germany) TRACE

(Quelle Positionspapier: hsTG in der Nachsorge (Giovanella 2014); S. R37)

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