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Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir viel

Bianca
pap. Carcinom 2003 + Hypopara

Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir viel

| Beitrags-ID: 257882

Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir sehr viel!

von Bianca Schmid-Schulz, Stellvertretende Bundesvorsitzende

Erschienen im Offline Nr. 19, Dezember 2017:

Mit 30 Jahren die Diagnose Krebs zu bekommen, war ein unglaublicher Schock für mich. Ich stand mitten im Leben, ich hatte meinen Beruf als Rechtsanwaltsfachangestellte in leitender Position und meine große Leidenschaft waren Reitpferde und alles, was damit zusammenhängt. Turniere, sowohl Dressur- als auch Spring- und Vielseitigkeitsturniere, viele Reisen zu Turnierveranstaltungen, das war meine Welt. Um es vorwegzunehmen: ich bin auch heute wieder begeisterte Reiterin und verbringe jede freie Minute auf einem Pferderücken. Aber der Weg hierhin war nach der Diagnose Schilddrüsenkrebs weit.

Zu Beginn des Jahres 2003 ertastete ich an meinem Hals eine Verdickung und ging zum Hausarzt. Ohne ernsthaften Befund verließ ich die Praxis wieder, mein Hausarzt hielt mich schlicht für zu jung, um Krebs haben zu können. Erst der Gang zu einem Spezialisten brachte Klarheit: bösartige Krebszellen, ein sogenanntes Papilläres Schilddrüsenkarzinom, wurden in meiner Schilddrüse gefunden und die Ärzte rieten zur sofortigen Entfernung. Ich war erstmal wie gelähmt, fühlte mich gewaltsam aus meinem Leben herausgerissen. Anstatt mich mit dem nächsten Reitturnier zu beschäftigen, fragte ich mich, ob ich die Krankheit überhaupt überleben werde und was mich nach der Operation erwartet.

Freund*innen und Familie waren in dieser Zeit eine wertvolle Stütze. Auch mein damaliger Lebensgefährte, von dem ich mich eigentlich kurz vor der Diagnose getrennt hatte, war trotz der Trennung in dieser schweren Zeit für mich da. Aber mindestens genauso wichtig war in dieser Zeit für mich, Kontakt zu anderen Schilddrüsenpatient*innenen knüpfen zu können. Nach der Diagnose habe ich mich einfach vor den PC gesetzt und im Netz nach allen verfügbaren Informationen gesucht, mein Wissensdurst war riesig. Und so kam ich auch auf die Seite auf www.sd-krebs.de, die Homepage unseres Bundesverbandes Schilddrüsenkrebs – Ohne Schilddrüse leben e.V.

Mein erster Eindruck war: „großartig, hier bekommst Du Rat von Menschen, die das Gleiche erleben oder erlebt haben“. Menschen, die ich noch nie gesehen hatte und nur mit ihrem Nutzer*innennamen kannte, die sich aber ausführlich Zeit nahmen, um mir meine drängendsten Fragen zu beantworten. Und das fasziniert mich bis heute an unserem Selbsthilfeverband: hier engagieren sich Betroffene, die unglaublich viel Zeit damit verbringen, ihre Erfahrungen weiterzugeben und anderen damit in einer schweren Situation mit Rat und Tat, viel Verständnis, Empathie und Trost beistehen. Eine gute ärztliche Betreuung ist immens wichtig, aber Unterstützung zu erhalten von Menschen, die nachempfinden können, wie es mir geht, die die Ängste kennen, und die Verzweiflung, die sich mit mir über Fortschritte freuen und mir Mut machen bei Rückschlägen, das bedeutet mir bis heute sehr viel.

Meine Operation im März 2003 dauerte für eine Schilddrüsenoperation sehr lange, verlief aber ohne Komplikationen, und ich erinnere mich, dass ich mit einem großen Hungergefühl aus der Narkose aufwachte. Meine Lebensgeister kehrten langsam zurück, jedoch war die Zeit nach der Operation alles andere als einfach. Den Pflegeassistent*innen, die noch in der Ausbildung waren und sich täglich um mich kümmerten, konnte ich zwar viel über die Schilddrüse an sich und auch über ihre Fehlfunktionen erklären, denn da war ich ja nun Expertin. Aber gesundheitlich war es für mich, die Leistungssportlerin, eine harte Zeit. Die physische Regeneration dauerte lange und nahm viel Zeit in Anspruch. Und auch heute noch spüre ich einige Folgen der Erkrankung. Schnellere Erschöpfung, häufige Muskelschmerzen und Infektanfälligkeit sind Begleiterscheinungen, die ich in den Jahren nach der Operation nur schwer akzeptieren konnte.

Am Schwierigsten war es für mich, zu verstehen, dass ich meine Leistungsfähigkeit nicht mehr in dem Maße beeinflussen konnte, wie ich es aus meinem Leben vor der Erkrankung gewohnt war.
Manchmal läuft es wirklich gut und ich schaffe das, was ich mir vorgenommen habe, problemlos. Und manchmal kann ich mich kaum bewegen, dann sehne ich das Wochenende herbei und sage alle Freizeittermine ab, weil ich so erschöpft bin und das Wochenende zur Regeneration brauche. Aber viel wichtiger ist mir heute, dass meine Lebensfreude und mein Optimismus nach und nach zurückgekehrt sind. Gut, mein heutiger Mann, den ich kurz nach meiner Operation kennenlernte, spielte dabei natürlich keine unbedeutende Rolle.

Und auch Kilkenny Mac Q., mein Pferd, das ich mir in dieser Zeit kaufte, ist mir seitdem ein treuer Begleiter, der wesentlichen Anteil daran hat, dass ich mich trotz körperlicher Einschränkungen wieder stark und den Herausforderungen des Lebens gewachsen fühle.

Zu diesen Herausforderungen zählt seit 13 Jahren auch mein Engagement für den Bundesverband. Und eines kann ich wirklich sagen: auch wenn mich mein Ehrenamt manchmal an die Grenzen meiner Belastbarkeit bringt, macht es mir nach wie vor unglaublich viel Spaß. Ich bin dankbar für die Freundschaften, die sich hier entwickelt haben und dankbar auch für die Möglichkeit, als Stellvertretende Bundesvorsitzende die Zukunft des Bundesverbandes mitgestalten zu können. Ich freue mich sehr darauf, sie mit den anderen Mitgliedern des Bundesverbandes anzugehen.

Viele Grüße
Bianca

8 Nutzer*innen haben sich für diesen Beitrag bedankt.
Bianca
pap. Carcinom 2003 + Hypopara

Antwort auf: Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir viel

| Beitrags-ID: 380199

Lieber Harald,

könnten wir diese Geschichte prominenter platzieren? Sie droht zu verschwinden, was sehr schade um die von Christina geleistete Arbeit wäre!

Viele Grüße
Bianca

miesekroete
pap. SD-Ca. pT1a N0 Mx

Antwort auf: Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir viel

| Beitrags-ID: 380200

Liebe Bianca,

vielen Dank, dass Du Deine Erfahrungen hier für alle niedergeschrieben hast! Dein Bericht macht Mut, dass man, wenn man es nicht ganz schlimm erwischt hat, durchaus wieder ungefähr da im Leben anknüpfen kann, wo durch die Diagnose erst mal alles zum Stillstand kam oder in den Grundfesten erschüttert wurde. Schön, dass Du wieder reiten kannst! Auch mein Leben wäre ohne Tiere unvorstellbar – für mich sind es meine Hunde.

Meine Diagnose habe ich erst seit Kurzem und ich weiß gar nicht, wie es mir gehen würde, wenn ich nicht dieses Forum gefunden hätte, das mir Wissen verschafft hat und die Gewissheit, nicht alleine zu sein, und mir dadurch viele Ängste genommen hat. Ich bin mir sicher, dass das Forum auf diese Weise wesentlich dazu beigetragen hat, dass ich die OP, die Unterfunktion und manch anderes tatsächlich dann gut „weggesteckt“ habe.

Welche langfristigen Auswirkungen der Erkrankung auf mich zukommen, kann ich noch nicht recht abschätzen – Du schreibst von der schwankenden Leistungsfähigkeit, den Aufs und Abs. Ich wünsche mir für die Zukunft, dass es mir möglich sein wird, mich wieder einigermaßen auf Körper & Psyche verlassen zu können, sodass die Erkrankung nicht die Dirigentenrolle behält, die sie seit der Diagnosestellung innehat.

Eine gesunde Balance zu finden zwischen Beschäftigung mit und Abstand vom Thema Schilddrüsenkrebs erscheint mir eine der größten Herausforderungen überhaupt. Daher ziehe ich den Hut vor Dir und allen anderen, die sich hier im Forum so engagiert einbringen – obwohl sie eigentlich ihr „normales Leben“ weiterleben könnten. Danke Bianca! Danke an alle! Eure

miesekröte

Antwort auf: Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir viel

| Beitrags-ID: 380201

Lieber Harald,

könnten wir diese Geschichte prominenter platzieren? Sie droht zu verschwinden, was sehr schade um die von Christina geleistete Arbeit wäre!

Liebe Bianca,

habe den Beitrag auf der Seite des Vorstand-Beirat bei deiner Vorstellung eingefügt.

Wir werden den Artikel auch – neben dem aktuellen Offline – auch in der neu Auflage unsere Selbstdarstellung einbauen.

Er sollte daher nicht verloren gehen.

Viele Grüße
Harald

1 Nutzer*in hat sich für diesen Beitrag bedankt.
Rainer G3
pT4b, pN0 (0/31), M1 (OTH), V1, L0, Pn0, G3, lokal R0

Antwort auf: Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir viel

| Beitrags-ID: 380202

Hallo Bianca,

die Gemeinschaft bedeutet mir auch sehr viel.
Meine Ex-Freundin besitzt auch ein Pferd.
Unterhalt, täglicher Ausgang etc. sind nicht zu unterschätzen.

Leider fühle ich mich wie ein Aussätziger.
Außer Harald habe ich hier keine Freunde.
OK, meine Erkrankung ist schon etwas speziell.
Streng genommen bin ich ja gar nicht mehr da.

Wünsche viele glückliche Momente mit deinem „großen Haustier“.

LG Rainer

Antwort auf: Die Gemeinschaft der gemeinsam Betroffenen bedeutet mir viel

| Beitrags-ID: 380203

Rainer,
gut, dass ich noch einmal die Foren abgeklappert habe (was ich sonst sehr selten tue).
Auch mir ist die Gemeinschaft sehr wichtig.
Was Du vielleicht (noch) nicht weisst, ist, dass ich gerade versuche die SHG Köln(-Bonn) zu neuem Leben zu erwecken. Ich würde mich gerne einmal mit Dir treffen (und aus Deinem Fall lernen).
Bitte schreibe mich an (auch über PM).

Bis dahin wünsche ich Dir einen guten Start in 2018.

Gruß
Klaus/ Rideheight

Anonym
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