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Bericht meiner Operation

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Bericht meiner Operation

| Beitrags-ID: 259247

Da ich von den Operationsberichten hier viel profitiert habe, möchte ich gerne meine Erfahrung teilen.

Meine Diagnose war beidseitig Knoten, davon einer, der hinter das Brustbein wuchs, und einer, der auf die Luftröhre drückte. Dazu eine Zyste, die sich kaum entleeren liess. Meiner Mutter wurde als junge Frau – wegen Kropf – die halbe Schilddrüse entfernt. Der Kropf ist bei ihr erneut gewachsen. Deshalb entschied meine Ärztin, es solle gleich die ganze entfernt werden.

Spitalaufenthalt: Vorgängig traf ich den Chirurgen, einen Hals-Nasen-Ohren-Arzt, der feststellte, ob die Stimmbänder in Ordnung sind und den Anästhesisten.
Beim Spitaleintritt ging ich zuerst zur Blutabnahme. Am Operationstag (ab 24 Uhr darf man nichts mehr essen oder trinken, auch nicht Wasser), duscht man sich mit einem desinfizierenden Gel, danach schlüpft man in das Spitalnachthemd. Es gibt keinen Einlauf (wie manchmal bei anderen Operationen nötig). Man bekommt etwas zur Entspannung und wird mit dem Bett in den Operationstrakt gebracht. Dort wird man „verkabelt“ und erhält die Narkose (tief einatmen … :-) Man wacht im Aufwachraum wieder auf, wo man ca. 2 Stunden überwacht wird, danach wird man mit dem Bett ins Zimmer zurückgebracht. Ich hatte nur ganz schwache Schmerzen im Halsbereich und bat um etwas gegen die Übelkeit (von der Narkose). Es ist wichtig, immer gleich zu sagen, wenn man Schmerzen hat, weil man sich ohne Schmerzen viel besser erholt und es viel einfacher ist, schwache Schmerzen zu behandeln als starke. Am Hals hatte ich einen grossen Verband und ca. 5 cm links unterhalb hatte ich eine Drainage, einen kleinen Schlauch (völlig schmerzfrei), über den Blut in eine kleine Flasche läuft. Das ist wichtig und wird ständig kontrolliert.
Daneben hat man auch noch ständige Infusionen. Essen konnte ich am Operationstag nichts, weil mir schlecht geworden wäre (das ist meine übliche Reaktion auf Vollnarkose und nichts Ungewöhnliches).
Der Chirurg kam vorbei und hat mir versichert, dass die Operation komplikationsfrei verlaufen sei und sie drei von vier Nebenschilddrüsen haben erhalten können. Mir wurde auch noch ein Lymphknoten entfernt, das wurde mir aber nicht gesagt.
Am Morgen nach der Operation konnte ich etwas essen und es ging mir relativ gut.

Nebenschilddrüsen funktionieren noch nicht:
Am Samstagnachmittag begann ich mich langsam schlechter zu fühlen. In den Füssen und Händen begann es zu kribbeln, auch im Gesicht. Da ich schon im voraus darüber gelesen hatte, dass bei 30% die Nebenschilddrüsen nicht sofort wieder funktionieren und dies zu Hypokalzämie führt, meldete ich es dem Pflegepersonal und ich bekam Kalzium-Infusionen. Dennoch ging es mir immer schlechter. Einzelne Finger wurden steif beziehungsweise, ich konnte sie nicht mehr richtig kontrollieren.
Gleichzeitig war mir schlecht und ich konnte nichts mehr essen.
Da es ein Wochenend-Tag war, an dem keine Operationen stattgefunden hatten, waren wohl beim Pflegepersonal auch eher Personen eingeteilt, die nicht für Komplikationen ausgebildet waren. Auf jeden Fall wirkte die Nacht-Pflege überfordert. Weil die Symptome sich weiter verstärkten, klingelte ich und bat um Kalzium. Die Pflege meinte zuerst, das könne sie nicht machen, kam dann aber 5 Minuten später und steckte diskussionslos eine Kalzium-Infusion. Das passierte zwei Mal (so im Abstand von vielleicht 2-3 Stunden). Gegen Morgen sagte dann eine andere Pflegeperson, dass sie mir nichts geben könnten, weil sie zuerst das Kalzium messen müssten und dazu müssten sie 2 Stunden nach der letzten Infusion warten. Sie sagte, der Wert sei 0.8 (oder meinte sie 1.8)? Der Wert müsste zwischen 2,1-2,3 sein. Als dann der Arzt gegen 10.00 Uhr kam und mich fragte, ob ich noch eine Nacht bleiben wolle, damit sie das Kalzium mit Infusionen regeln könnten oder ob ich lieber nach Hause wolle, wollte ich nach Hause. Ich hatte das Gefühl, dass ich zuhause fast mehr beeinflussen kann (im Nachhinein würde ich aber im Spital bleiben, denn was ich nicht bedachte war, welche Ängste ich damit auch meinen nächsten Menschen zufüge. Ich lebe alleine und sie waren in grosser Angst, dass ich eine Tetanie haben könnte und niemand es merkt …). Ich bekam vom Arzt Kalziumtabletten verschrieben und zuhause versuchte ich auch mit Milch und Parmesankäse das Kalzium aufzubauen. Trotzdem dauerte es noch weitere 2 Tage, bis ich wegen der Hypokalzämie keine Symptome mehr hatte. Die Symptome verlagerten sich später teilweise, so hatte ich z.B. kein Kribbeln mehr in den Füssen, doch dafür hatte ich am ganzen Kopf ein Gefühl, als ob man mit dem Kopf auf einer Vibrationsplatte wäre, alles vibriert innerlich (aber natürlich sieht man nichts von aussen), das Gefühl ist fast etwas wie Elektrizität. ABER es ist nicht schmerzhaft, nur äusserst unangenehm und beängstigend. Ich hatte grosse Angst, dass es noch schlimmer werden könnte, aber es sind NICHT Schmerzen, ganz komisch … In dieser ganzen Zeit konnte ich fast nicht essen und musste mich zum Essen zwingen. Das hat natürlich die Kalziumaufnahme nicht erleichtert … Als das dann vorbei war, bekam ich Gliederschmerzen in den Beinen. Nach einem Tag nahm ich ein Schmerzmittel (Dafalgan), damit ich nachts schlafen konnte, am nächsten Morgen dann waren auch die Muskelschmerzen weg. Die Endokrinologin sagte mir 3 Wochen später, dass die Apotheke mir falsche Medikamente gegeben hatte. Der Arzt hatte Kalzium mit Vitamin D und Rocaltrol verschrieben. Die Apotheke wollte mir aber das Rocaltrol nicht gegeben, weil es sonst zuviel Vitamin D sei. ABER Rocaltrol sei eine Art „aktives Vitamin D“ (es hat sicher hier im Hypoparaforum eine bessere Erklärung dazu). Das Vitamin D, das beim Kalzium dabei ist, sei eine Art passives Vitamin D. Wenn die Nebenschilddrüsen nicht funktionieren, kann der Körper das Kalzium nur dann verarbeiten, wenn er aktives Vitamin D bzw. Rocaltrol bekommt Wenn er das nicht bekommt, scheidet man es ohne Wirkung aus. Dass es mir nach 3 Tagen besser ging, war, weil die Nebenschilddrüsen wieder angesprungen seien…

Schluckbeschwerden: Die Schluckbeschwerden wurden bei mir mit der Zeit eher fast mehr als am Anfang. Es fühlte sich ein bisschen an wie ein Stein. Nach ca. 12 Tagen fühlte ich es nicht mehr. Allerdings sahman noch eine kleine Aussackung am Hals und mein Chirurg hat mir erklärt, dass das Flüssigkeit sei vom Gewebe, dass das normal sei und ich es leicht massieren solle. Er meinte das könne evtl. 2-3 Monate dauern, bis das ganz weg sei. Das habe damit zu tun, dass man gewisse Bahnen bei der Operation durchtrenne und die sich wieder bilden müssten. (Bin mir nicht ganz sicher, ob ich alles ganz richtig verstanden habe, ich lebe an der Sprachgrenze und der Chirurg spricht französisch.) Ich frage mich, ob das nicht vom entfernten Lymphknoten her stammen könnte?

Narbe: Der Chirurg empfahl mir zur Narbenpflege während zwei Wochen Geduld. Dann sanfte Massage der Narbe mit Aprikosenkernöl (aber auch andere Crème oder Öle gingen). (Nachträgliche Ergänzung: Ich habe mit dem Aprikosenkernöl nicht nur die Narbe – wie es sein sollte – sondern leider auch noch die Haut darum herum massiert -> grosser Fehler: meine Haut reagierte mit starkem Ausschlag, Rötung, Pusteln und es juckte schrecklich. Kortisonsalben machten es schlimmer. Was half war Feuchtigkeitscreme! Zu Beginn benutzte ich eine Crème, die man bei akuten Wunden und eichten Verbrennungen einsetzt (octenisept Gel). Sie desinfiziert, versorgt die Haut mit Feuchtigkeit und legt sich wie eine zweite Haut darüber, so dass es keine Infektion gibt. Dann versuchte ich es mit einer Feuchtigkeitscreme, doch es wurde immer schlimmer (hab viel zu oft etwas draufgeschmiert). Die Ärztin hat mir dann ein Cortisolhaltige Crème verschrieben – nicht auf der Narbe auftragen.) Das half!
Ich habe während 6 Monaten mit Sonnencreme 50 und einem Tuch die Narbe gegen die Sonne geschützt.

Allgemeines Befinden: In der ersten Woche habe ich strikt das Heben vermieden, um die Narbe zu schützen. Seither hebe ich wieder und fühle mich ganz allgemein ziemlich fit. Ich bin noch müde, aber das war ich schon vor der Operation.

Schilddrüsen-Medikamente: Der Chirurg gab mir das erste Rezept für die Schilddrüsenmedikamente und ich nahm am 3. Tag nach der Operation das erste Medikament. Er verschrieb mir Euthyrox 100 (ich wiege 70 kg), und bat mich einen Termin mit der Endokrinologin zu vereinbaren (in einem Monat).
Zu diesem Termin musste ich nüchtern sein (aber das Euthyrox solle ich einnehmen. Ich habe das dann aber nicht gemacht und das Euthyrox morgens weggelassen an diesem Tag. Auf Nachfrage meinte die Ärztin, ich müsse es einfach immer gleich machen…). Das TSH war bei 1.0
Das Euthyrox nehme ich morgens mit 2 dl Leitungswasser und warte danach mindestens 30 Minuten bis zum Frühstück. Die Kalziumtabletten wegen der Nebenschilddrüsen sollte ich ca. 1 Monat nehmen (3 Tage 3×1000, 2 Wochen 2x 1000, 2 Wochen 1x 1000). Was sehr wichtig ist. Die Kalziumtabletten muss man mit 4 Stunden Distanz zum Euthyrox einnehmen!
Meine Nebenschilddrüsen funktionieren derzeit wieder.
Der TSH-Wert war einen Monat nach er OP mit täglich 100 Euthyrox bei TSH 1.0 / Zwei Monate später war der Wert TSH bei 0.008. Ich habe den Wert bestimmen lassen, weil ich müde war und dachte, ich habe zu wenig TSH. Ich muss jetzt weiterhin 100 Euthyrox 6 Tage nehmen und einen Tag auslassen – das 3 Monate lang und dann neu bestimmen.

Stimmbänder: Laut meinem Arzt sind beide Stimmbandnerven in Ordnung. Zu Beginn hatte ich grosse Mühe mit Sprechen. Ich erkannte zwar meine Stimme sofort wieder, doch irgendwie war keine Kraft da und auch keine Möglichkeiten, höher oder tiefer zu reden. Wenn man es mit einem Band vergleicht: Es fühlt sich an, als ob man ein viel kürzeres Band hätte als vorher. Nach 12 Tagen hatte ich schon wieder mehr Volumen als zu Beginn. Doch es dauerte 3 Monate und 2 Wochen, bis ich wieder laut reden und singen konnte. Der Arzt meinte, es brauche da viel Geduld, da innen alles wund und geschwollen sei und die Wundheilung sehr viel Zeit brauche. Im Internet steht auch, dass man die Stimme unbedingt sechs Wochen lang schonen sollte und wenn möglich gar nicht probieren zu singen …

Ich hoffe mit meinen Schilderungen vielleicht der einen oder anderen Person ein bisschen helfen zu können, so wie mir die Schilderungen von euch sehr geholfen haben.

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