Re: Metastasiert und trotzdem arbeitsfährig???


Geschrieben von Astrid am 18. April 03 09:56:05:

Als Antwort auf: Metastasiert und trotzdem arbeitsfährig??? geschrieben von rosa am 17. April 03 22:55:01:

>Liebe Leute,
Liebe Rosa,
ich weiß nicht, welche Form des SD-CA Du hast. Ich hatte ein pap.-foll. CA, die Metastasen saßen an der linken Halsseite, mehrere Lymphknoten waren befallen, einer sogar unter dem Schlüsselbein. Zusätzlich wurden multiple aber kleine Metastasen in der Lunge gefunden.
Ich habe mir damals Vorwürfe gemacht, ob ich leichtsinnig etwas nicht beachtet habe, und sich das Ganze deswegen so ausweiten konnte. Aber das war natürlich Blödsinn, denn der SD-Tumor hat so ungünstig gelegen, daß er nicht tastbar war, und erst als die Lymphknoten befallen waren, und sich vergrößert haben, habe ich es selbst ertastet.
Man hat mir damals auch angeboten, mich pensionieren zu lassen. Aber das habe ich abgelehnt. Aufgrund der wenigen Dienstjahre (ich war damals 26) wäre die Rente minimal ausgefallen, und mein Job wäre auf Nummer sicher weg gewesen. Es war ja klar, daß ich irgendwann wieder arbeiten gehen mußte, wenn die Therapie funktioniert. So war ich von Aug. 98 bis Apr. 99 im Krankenstand. Als ich dann wieder arbeiten wollte, mußte ich der Krankenkasse unterschreiben, daß ich das aus freien Stücken tue, und nicht dazu gezwungen wurde.
Zur Therapie: Meine Krebsform ist mit RJT behandelbar. Ich habe von meiner OP weg bis einige Wochen nach der 2. RJT (Jan 99) jodarme Diät gehalten. Die Ärzte haben nur jodarmes Essen lediglich in den 4 Wochen vor der RJT empfohlen, ich habe es ausgedehnt, nach dem Gedanken: Nutzt es nichts, so schadet es nicht. Ich wollte einfach jedes Mittel, das sich begünstigend auswirken könnte, ausnützen.
Ich bin außerdem zu der Überzeugung gelangt, daß zu der körperlichen Komponente auch immer eine psychische Stress-Situation gehört, die dann Krankheiten begünstigt. Bei mir kam diese Krankheit auch einfach in einer sehr belastenden Lebenssituation zustande. In diesem Sinne habe ich sehr auf ein harmonisches Umfeld geachtet. Die Wohnung neu eingerichtet, mich gesund ernährt, viel an der frischen Luft unternommen, und einige Konflikte in der Familie aufgearbeitet. Das, was man positives Denken nennt, habe ich bis zum Erbrechen praktiziert. was mir nicht sehr schwer gefallen ist, denn nach meiner OP mit anschließendem Aufenthalt auf der Intensivstation freute ich mich unbändig über jeden Sonnenstrahl, den ich spüren durfte, und jeden Käfer, den ich irgendwo krabbeln sah. Überall habe ich einfach Dinge gesucht, die mich spüren lasse, daß ich lebe, und die mich Kraft tanken lassen. Da ich ein sehr naturverbundener Mensch bin, war das vor allem die Beschäftigung mit meinen Tieren (mein Pferd und mein Hund) und einfach die Schönheit und das Leben in der Natur rund mich herum mit offenen Augen wahrzunehmen.
Zusätzlich habe ich Bücher gelesen, wie andere Menschen mit ähnlichen Krankheiten umgehen. Ich glaube, daß es wichtig ist, begleitend zur Schulmedizin auch etwas für die Psyche zu tun. Viele Menschen,die fast unerklärlich mit schweren Krankheiten fertig geworden sind, haben mit Visualisierungen gearbeitet. So habe ich mir morgens, vor dem Aufstehen, abends vor dem Einschlafen, quasi ganz bewußt vorgestellt, wie diese feindlichen Gebilde in meinem Körper gequält aufschreien und schrumpfen und vergehen. Klingt vielleicht lächerlich, aber für mich war es ungemein befriedigend, vor allem während der RJT.
Obwohl man mich vorgerwarnt hatte, daß 3-4 RJT nötig wären, um das fortgeschrittene Stadium zu behandeln, war bei der Kontrolle nach der 1. RJT im Ganzkörperszintigramm (30.12.98) keine path. Anreicherung mehr feststellbar, die Ärzte konnten es kaum glauben.
Sicherheitshalber wurde eine 2. RJT gemacht, und seitdem ist mein TG-Wert konstant auf <0,3 geblieben.
Ich betrachte mich heute als geheilt, meine Ärzte bestärken mich auch in dieser Ansicht. Ich hatte das Glück, eine gut therapierbare Form zu haben. Außer einer Stimmbandlähmung links und einiger häßlicher Narben, da leider meine Chirurgen ziemlich unschön herumgefuhrwerkt haben ist mir nichts zurückgeblieben, aber ich kann mich noch gut erinnern, wie furchtbar die Zeit des Bangens und Wartens war, ich habe sehr viele Nebenwirkungen bekommen, die ziemlich selten sind.
Quintessenz ist aber, daß ich heute ein wesentlich glücklicheres Leben führe, ich habe viele Erkenntnisse gewonnen durch diese Krankheit. Die Krankheit hat mich gezwungen, sich genauer mit meinem Leben auseinanderzusetzen. Ich habe an mir selbst und an meinem Umfeld gearbeitet. Wir haben eine Bürde auferlegt bekommen, aber wir haben dadurch anderen Menschen auch einiges voraus. Durch diese Krankheit habe ich den Mut gefunden, aus familiären, gesellschaftliche Zwängen auszubrechen, und meine eigenen Wünsche zu verwirklichen.
Welche Therapieform Du auch wählst, welche Entscheidung Du auch triffst bezüglich Arbeit/Rente, laß Dir bloß nicht einreden, daß Du jetzt ein armes Hascherl bist, nur weil man bei Dir eine Krankheit diagnostiziert hat. Tu das, was DU willst, und nimm keine Rücksicht darauf, was MAN erwartet.
Ich wünsche Dir alles nur erdenklich Gute
und daß Du den richtigen Weg für Dich findest!
Viele liebe Grüße,
Astrid


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