Re: 14Jahre, aber ich nehme das alles leicht!


Geschrieben von Beate am 25. Oktober 2001 17:54:40:

Als Antwort auf: 14Jahre, aber ich nehme das alles leicht! geschrieben von Maria am 25. Oktober 2001 15:06:14:

Hallo Maria !

Super, dass du alles so gut weggesteckt hast - und die Einstellung "ich bin stärker als die Krankheit" ist sowieso das Wichtigste, mit dieser Überzeugung ist man schon fast wieder gesund !

Ich selbst bin die Sache eigentlich ähnlich angegangen, letztes Jahr; ich hatte den Eindruck, mir selbst würde die Diagnose "Krebs" viel weniger ausmachen als meiner Familie und meinen Freunden! Und es geht mir, von den paar Unterfunktionswochen jeden Sommer abgesehen, auch wirklich gut.

Aber man muss auch aufpassen, dass man das "Leichtnehmen" nicht ZU leicht nimmt und die ganze Sache sozusagen "verdrängt" ; ein bisschen ist es mir nämlich so gegangen, ich hatte zwar "im Kopf" alles ganz prima verarbeitet, aber "im Bauch" noch nicht so richtig! Denn so eine Krankheit mit den dazugehörigen Einschränkungen (die bei uns SD-lern zwar lange nicht so schlimm sind wie bei vielen anderen, aber immerhin doch vorhanden: die immer wiederkehrenden kleinen Tiefs, die längeren "Ausfallzeiten" während der Unterfunktionen, die Unsicherheit vor jedem neuen Untersuchungsergebnis, die ab und zu (wenn auch immer seltener!) aufflackernden Angst, irgendwo anders könne auch wieder "etwas" sein ...) ist ja doch das Ende eines bestimmten Lebensabschnitts, der Zeit der "vollkommenen Gesundheit", wo man an Krankheit eigentlich nicht einmal dachte - und somit auch ein Verlust, den man auch gefühlsmässig verkraften und auch "betrauern" muss!

Und erst wenn die gesamte "Trauerarbeit" getan ist, kann das Leben wirklich wieder weitergehen - mir selbst war es auch nicht so richtig bewusst, ich hatte immer versucht, alles mit meiner "Durchbeissernatur" zu regeln und Schwächeperioden einfach "nicht zuzulassen" bzw durch Nichtachtung zu strafen. Und es schien mir äusserlich auch ganz gut zu gelingen, alle bewundern immer, wie ich das alles so ganz "unbeschwert" weggesteckt habe. Aber seit ein paar Monaten (nach der zweiten RJT) ging es mir psychisch plötzlich immer mieser, obwohl es ja mit der Wiedereinnahme der Hormone eigentlich hätte besser werden müssen; irgendwie war ich dauernd nur noch traurig und begriff gar nicht, warum. Und bei einem Seminar über Stressbewâltigung, an dem ich von der Arbeit her teilnahm und wo wir auch viel über Trauerarbeit gesprochen haben (das kann Trauer über den Verlust eines Menschen, einer Situation, aller möglichen Dinge sein!), wurde mir plötzlich klar, das ich einen Schritt vollkommen ausgelassen hatte bei der Verarbeitung meiner Krankheit : die Trauer! Und nachdem ich diese zugelassen habe (und erstmal einen Tag lang so richtig geheult, wie ich sicher seit Jahren nicht mehr geheult hatte), kann ich alles irgendwie viel besser akzeptieren - und plötzlich geht es mir wieder richtig gut, körperlich UND seelisch !

Also nicht nur "den starken Indianer" spielen (manchmal spielt man sich damit nämlich auch selbst etwas vor) - du sollst jetzt natürlich nicht nur noch herumjammern, auf keinen Fall! Aber zumindest deiner Familie und wirklich guten Freunden gegenüber musst du auch mal zugeben, wenn es dir nicht so gut geht, auch mal um Hilfe bitten, dich ein bisschen betüteln und knuddeln lassen, wenn dir danach ist, dich auch mal ausweinen, wenn du dich mies fühlst. Das wird immer seltener der Fall sein - aber WENN man sich gerade mal wieder in so einem Tief fühlt, ruhig um Hilfe bitten, nicht immer nur alleine durchbeissen!

Ich hoffe, du hast verstanden, wie ich es meine?

Ich selbst sehe meine Krankheit eigentlich als grosse Chance: ich habe ganz anders über das Leben nachgedacht, begriffen, was wirklich wichtig ist und wie viele Dinge einem das Leben ganz unnötig schwermachen - ich lebe jetzt viel bewusster und intensiver, und habe viel mehr Spass als vorher!

Liebe Grüsse !

Beate


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