Update: 10.07.2023;
Risikogruppen und Risikoeinschätzung beim differenzierten Schilddrüsenkrebs in der American Thyroid Association (ATA) – Leitlinie 2015
Für wenn ist dieser Beitrag von Interesse?
Diese ATA-Leitlinie richtet sich an Patienten mit dem
differenzierten (papillären, follikulären, …) Schilddrüsenkrebs
.
Einfach erklärt:
- Kap. 3.2. Schilddrüsenkrebs
unserer Broschüre:
Knoten der Schilddrüse und ihre Behandlung
Beobachten oder behandeln/operieren?etwas ausführlicher:
Inhalt dieses Beitrages:
In diesem Beitrag werden ausführlich die ATA-Risikogruppen für das Auftreten eines Rezidivs dargestellt.
Einfach erklärt:
In der ATA-Leitlinie differenzierter Schilddrüsenkrebs 2015 wurde die Risikogruppen gegenüber der Vorgängerversion ( 2009) zum Teil wesentlich geändert.
- Was hat sich gegenüber 2009 geändert
- TNM-Klassifikation für die Dokumentation der Tumorausbreitung
- AJCC-Staging-System – Nutzen nur für Prognose Überleben
- ATA-Risikogruppen für Persistenz/Rezidiv nach Operation (und Radioiodtherapie)
- Resetbutton nach Operation und Radioiodtherapie (RIT) (eigenes Thema)
- Update Staging System 2017
- neuere Studien, die in der Leitlinie (noch) nicht berücksichtigt sind
Was hat sich gegenüber 2009 geändert
Es werden wie in der Vorgängerversion mehrere Staging-Verfahren und Einteilungen nach Risikogruppen vorgenommen.
Bei den Risikogruppen nach der Schilddrüsenoperation wurde stärker differenziert, nach Größe der Lymphknoten, Kaspeldurchbruch und Invasion in die Blutgefäße (s.u.).
Neu hinzugekommen ist eine Risikoklassifizierung nach der Radioiodtherapie (RIT), die je nach Verlauf der Nachsorge entsprechend angepasst werden soll; siehe Resetbutton nach Operation und Radioiodtherapie (RIT)
Hier eine nicht autorisierte Zusammenfassung und Übersetzung dieser Kapitel für uns Patienten, ohne Gewähr!
TNM-Klassifikation für die Dokumentation der Tumorausbreitung
Zum einen findet sich die TNM-Klassifikation (siehe auch dazu FAQ: Schilddrüsentumor-Klassifizierung nach TNM), die zusammen mit dem Tumorausbreitung über die Schilddrüse und dem Alter der Erkrankung das Staging-System des American Joint Committee on Cancer (AJCC) verwendet wird.
TNM-Klassifikation nach UICC: (=International Union Against Cancer)
AJCC/UICC TNM Staging-System – Nutzen nur für Prognose Überleben
Nach dem AJCC-Staging-System gehören alle Patienten mit dem differenzierten Schilddrüsenkarzinom, die jünger als 45 Jahre [ab 2017: jünger als 55 Jahre] sind, dem Stage I an. Lediglich wenn sie Fernmetastasen haben, gehören sie dem Stage II an.
Bei Patienten, die 45 Jahr und älter sind, wird hingegen nach fünf Stages unterschieden von Stage I (T1 N0 M0) und Stage II (T2 N0 M0) über Stage III, IVa, IVb zu Stage IVc. In der schlechteste Stage IVc sind alle älteren Patienten (≥45), die Fermetastasen haben.
(Die Tabelle 10 in der ATA-Leitlinie 2015 ist hier unverändert zur Tabelle 4 in den ATA-Leitlinie 2009; hier die Tabelle 10 mit dem Update 2017)
(siehe auch neuere Studie: BRAF V600 und älter höheres Rezidivrisko (Shen 2017))
Das AJCC-Staging-System wird allerdings nur für die Dokumentation in den Krebsregistern der USA für sinnvoll gehalten, und für das Risikoeinschätzung innerhalb der nächsten Jahre an diesem Krebs zu sterben.
Obgleich molekulare Tests eine größere Rolle spielen, werden BRAF V600E, TERT und TP53 Mutationen oder andere kombinierte Marker noch nicht berücksichtigt. BRAF und TERT haben jedoch das Potential die Risikoeinschätzung zu verfeinern, wenn man sie im Kontext andere klinisch-pathologischer Risikofaktoren interpretiere (Empfehlung = Recommendation 48 (C); Schwache Empfehlung, basieren auf mittlerer Studienqualität)
Für das Risiko eines Wiederauftretens oder Fortbestehen des Krebs halten die Autoren der ATA-Leitlinie dieses System nicht für brauchbar, und entwickelten eine eigene Risikoeinteilung.
ATA-Risikogruppen für Persistenz/Rezidiv nach Operation (und Radioiodtherapie)
Dies folgende Risikoklassifizierung unterscheidet sich z.B. von der europäischen (ETA) Leitlinie zur Behandlung von SD-Krebs, es wird daher auch zur Verdeutlichung der Unterschiede ein „ATA“ vor die Risikogruppe gesetzt.
Diese ATA-Risikogruppen (2009) wurden durch drei unabhängige retrospektive Datenanalysen bestätigt:
Nach den Autoren der ATA 2015 hat sich die Risikoklassifizierung von 2009 bewährt. (Empfehlung = Recommendation 48 (A))
Starke Empfehlung, basierend auf Studien mittlerer Qualität.
Diese Risikoklassifizierung wird vor allem auch dazu genutzt, Empfehlungen über die Radioiodtherapie zu geben ((Empfehlung = Recommendation 51).
Es gibt dennoch Änderungen, die je noch eine weitere Bestätigung für ihre Brauchbarkeit durch bessere Studie zeigen müssen.
Diese Erweiterungen haben nur eine schwache Empfehlung und basiert auf Studien mit geringer Evidenz. (Empfehlung = Recommendation 48 () [Harald: Habe die Erweiterungen gegenüber 2009 farblich markiert.]
ATA-Risikoeinschätzung für das Wiederauftreten des Schilddrüsenkrebs (Rezidiv):
(Quelle: Tabelle 11 in ATA 2015: „ATA 2009 – Risikostratifizierung mit den vorgeschlagenen Änderungen„)
Diese Unterteilung in drei Risikogruppen wird von den Autoren der ATA-Leitlinie jedoch eher als ein Kontinuum von einem ansteigen Risiko für eine Rezidiv bzw. für das fortbestehen der Krankheit begriffen. Dies macht das Schaubild 4 in der ATA-Leitlinie auf Seite 4 sehr deutlich [Wir noch nachgereicht]. Auf der rechten Seite des Pfeils finden sich 21 Merkmale mit eine ungefähren Zuordnung der Risiken für ein fortbestehen der Krankheit bzw. für ein Rezidiv, auf der anderen Seite findet sich ein kurze Zusammenfassung der ATA-Risikogruppen, und es ist nicht genau ersichtlich, wo die eine Gruppe aufhört und die andere anfängt.
In den Empfehlungen für oder gegen eine Therapie werden dann diese verschieden Risikoeinteilungen und -einschätzungen benutzt.
So z.B. für die Frage, ob eine ablative Radiojodtherapie empfohlen wird oder nicht.
Eine Zusammenfassung der Empfehlungen findet sich in Tabelle 14 (Übersetzung als PDF noch nicht vorhanden) der ATA-Leitlinie 2015 unterscheidet sich von der Tabelle 5 (PDF) in der ATA-Leilinie 2009 erheblich.
Kritik der ATA-Leitlinie durch die Europäischen Nuklearmediziner:
European Association of Nuclear Medicine (EANM)
Im Jahr 2017 bzw. 2018 erscheinen zwei Updates des Staging-Systems, die Einfluss auf das Schilddrüsenkarzinom haben. Mit dem Update soll besser die jeweiligen Prognosen und Risiken für den einzelnen Patienten erfasst werden:
Die bedeutendsten Änderungen sind:
Eine Übersicht wie sich die Risikogruppen verändert haben findet sich in:
neuere Studien, die in der Leitlinie (noch) nicht berücksichtigt sind:
Update 21.02.2022:
Update 10.07.2023
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Lieber Harald,
mir ist nach wie vor unklar, wo ich mich einordnen kann. Meine Diagnose 2008 hieß:
Grobinvasives follikuläres Schilddrüsenkarzinom rechts, pT1a,
pN1a(mi) (1/2 Lymphknoten), L0, V0,lokal R0 bei Struma nodosa et zystika beidseits
Meine Tumorkontrolle seit 2008 verläuft unauffällig, TG-Wert <0,2 ng/ml (unter Stimulation mit Thyrogen 2014: 0,39, stabiler Wert gegenüber meiner RJT vom Herbst 2008), TAK <20 U/ml (oder je nach Labor TAK < 60 U/ml).
Die Klinik führt mich weiterhin als high risk, meint ich solle L-Thyroxin hochdosiert einnehmen und nächstes Jahr wieder eine RJD machen.
Kannst du oder jemand anderes mir da weiterhelfen?
Beste Grüße
Gero
Lieber Gero,
es ist immer schwierig konkrete Empfehlungen via Internet (Telefon etc.) zu geben.
Ich kann nur nach den allgemein Informationen sagen was in den Leitlinien steht.
Also hier nach der amerikanischen Leitlinie ATA 2015.
Nach der ATA 2015 warst du nach der Operation, ein high-risk-Patient, weil du ein grob-invasives Schilddrüsenkarzinom hattest, wobei die ATA hier definiert mehr als 4 Foci von Gefäßeinbrüchen.
Keine Ahnung wie das bei dir genau war.
Aber gehen wir mal vom schlechtesten Fall aus. Du warst als high-risk damals.
Nach der Radioiodtherapie hattest du meines Wissens zu dem auch ein sauberes Ganzkörperszinti, was bei high-risk Patienten auch nach ATA 2015 gefordert wird.
Du hast seit mehr als zwei Jahren keinen auffälligen Tg-Wert (<0,2 ng/ml unter TSH-Unterdrückung; <1,0 ng/ml unter TSH-Stimulation) (und auch im Ultraschall ist nichts zu sehen; TAK-Werte unter der Nachweisgrenze des Assay), du dürftest also nach ATA in die Risikogruppe "Excellents Ansprechen der Therapie" gehören.
siehe Resetbutton nach Operation und Radioiodtherapie (RIT).
Auch die Verfahrensanweisung der deutschen Nuklearmediziner, sehen keine routinemäßige Ganzkörperszintigraphien bei high-risk-Patienten vor, wenn sie unauffällig Befunde haben.
Ergeben die I-131 Ganzkörper-Szintigraphie und die Bestimmung des stimulierten Thyreoglobulins 3 – 6 Monate nach der I-131 Ablation übereinstimmend unauffällige Befunde bei fehlenden anti-Thyreoglobulin-Antikörpern und besteht klinisch und bildgebend kein Rezidivverdacht, sollte bei unauffälligen Befunden in der weiteren Nachsorge der High-risk Patienten auf die routinemäßige Durchführung weiterer I-131 Ganzkörper-Szintigraphien verzichtet werden.
(Download 8.1.2016)
DGN: Verfahrensanweisung für die Iod-131 Ganzkörper-Szintigraphie(2007)
Krankheitsfrei ist weiter definiert (Tg-Wert <2 unter Schilddrüsenhormonen als auch TSH-Stimulation), und wie das excellente Ansprechen in der ATA.
Die Verfahrensanweisung macht anders als die ATA keine Empfehlung zur TSH-Unterdrückung, empfiehlt jedoch in Abständen von 1, 3 un 5 Jahren eine Kontrolle eines stimulierten Tg-Wertes mit dem Hinweis, dass es dazu keine Daten gibt.
Viele Grüße
Harald
So bist du nach meinem
Lieber Harald,
vielen Dank für die rasche Antwort. Ich finde es erstmal beruhigend, was du schreibst. Deinen einzelnen Hinweisen werde ich nochmal nachgehen bzw. das Entsprechende nachlesen, um mit der Ärztin weiter zu reden. Ich melde mich dann beizeiten nochmal dazu bei dir. Für jetzt beste Wünsche und herzlichen Gruß
Gero