Multifokale papilläre Mikrokarzinome (vorwiegend follikuläre Variante) – Komplettierungs-OP?
- Dieses Thema hat 4 Antworten und 3 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert 26.03.2025 - 22:54 von
Mathilda.
Multifokale papilläre Mikrokarzinome (vorwiegend follikuläre Variante) – Komplettierungs-OP?
Guten Tag zusammen,
vorab: Ich bin wirklich glücklich diese Plattform gefunden zu haben. Viele meiner Fragen wurden bereits durch die Beträge anderer Nutzer beantwortet und konnte mich ingesamt recht umfangreich zum Thema informieren.
Leider konnte ich keinen bestehenden Artikel zu meiner spezifischen Situation finden, weshalb ich hoffe hier vielleicht die ein oder andere Gedankenanregung als Hilfestellung für meine Entscheidung zu erhalten. Meine Ärzte habe ich zu meinem Fall auch bereits gesprochen, jedoch z.T. unterschiedliche Empfehlungen erhalten.
Zu mir und meiner Diagnose: Durch meinen Hausarzt wurde bei mir (männlich, Anfang 30) zufällig im Schilddrüsenultraschall ein verdächtiger Schilddrüsenknoten (keine klare Abgrenzung, dafür Mikrokalk) gefunden. Daraufhin wurde ich in ein Schilddrüsenzentrum der nächsten großen Stadt überwiesen mit der Bitte das weiter abzuklären. Hier bestätigte man den Verdacht, da der Knoten aber zu dem Zeitpunkt nur knapp 5mm gemessen hat, gab es leider keine weiteren diagnostischen Möglichkeiten den Verdacht zu bestätigen oder auszuräumen. Man empfahl mir den Knoten operativ entfernen zu lassen und im Nachgang zu untersuchen, stellte mir aber auch die Option der beobachtenden Strategie zur Wahl. Ich entschied mich letztlich für die Operation um Gewissheit zu haben. Die OP (letzte Woche) war recht komplikationslos, wobei sich der Chirurg in der OP dann aufgrund seiner Einschätzung vor Ort doch für eine Hemithyreoidektomie anstelle der reinen Knotenexzision entschied. Das war der erste Schreck, da ich nun in jedem Fall auf die lebenslange Substitution von Levothyroxin/Jod angewiesen sein werden. Dennoch habe ich bzgl. dem eigentlichen Knoten mit einem entwarnenden Ergebnis gerechnet. Für mich daher ein Schock, als ich am Folgetag der OP das histologische Ergebnis erhalten habe, das wie folgt lautet:
Nicht gekapseltes papilläres Schilddrüsenkarzinom (vorwiegend follikuläre Variante) von 5mm Größe. TNM: pTa1 (m) mNx L0 V0 Pn0 R0. Außerdem wurden im Hemithyreoidektomiepräparat noch zwei weitere 1 bzw. 1,1mm messenden eigenständige Mikrokarzinome vom selben Typ gefunden. Alle Karzinome konnten mit einem Mindestabstand von 2mm vollständig reseziert werden. Außerdem wurde wohl unabsichtlich eine Nebenschilddrüse mit entfernt.
Mir wurde zwar bereits von vielen unterschiedlichen Ärzten mitgeteilt, dass es sich zwar um Krebs, aber eine doch recht beherrschbare Variante handeln würde. Dennoch war die Diagnose für mich ein absoluter Schock. Ich bin gerade Anfang 30 und mache mir nun natürlich Sorgen was die Diagnose für meine Zukunft und die meiner Familie bedeutet. Ich möchte wirklich nicht despektierlich klingen, da ich auch weiß, dass viele Patienten sicher schlimmere Diagnosen erhalten haben. Ich hoffe daher man versteht mein Anliegen.
Nun möchte man mich zwar in der nächsten Nuklearmedizin anbinden, doch das sein rein „pro forma“ und man empfehle keine Komplettierungs-OP, da die Leitlinien wohl beim papillären Mikrokarzinomen (PTMC?) keine Komplettierungs-OP empfehle und insgesamt eher auf Überwachung setze. Neben dieser Überwachung seien daher keine weiteren Maßnahmen in meinem Fall angedacht.
Diese Strategie kann ich absolut nachvollziehen und würde auch zu 100% mitgehen, wenn da nicht ein zusätzlicher Umstand wäre: Durch die zwei weiteren kleineren Mikrokarzinome, die bei mir entdeckt wurden, scheint es sich ja um ein multifokales Geschehen zu handeln und ich kann mir bei bestem Willen nicht vorstellen, dass zufällig nur eine SD-Seite Karziome enthält, die andere dann aber rein zufällig absolut krebsfrei ist. Alle Ultraschalluntersuchungen der Gegenseite waren bislang jedoch unauffällig. Die haben aber auch die zwei kleinen Zufallsfund-Karzinome vorher nicht entdeckt…
Jetzt fühle ich mich total unsicher, ob ich eine Komplettierungs-OP einfordern soll oder nicht. Meine bisherigen Gedanken dazu sind:
- Die amerikanische Leitlinie wie auch die Konsultationsfassung der neuen deutschen S3-Leitlinie zum Schilddrüsenkrebs empfehlen die überwachende Strategie (wenn ich das korrekt gelesen habe) eigentlich nur wenn keine weiteren Risikofaktoren vorliegen. Multifokale Mikrokarzinome werden hingegen als Risikofaktor genannt. Außerdem werden multifokale Karzinome, so wie ich es lese, nicht mehr als Low-Risk eingeordnet.
- Die lebenslange Abhängigkeit zum Schilddrüsenhormonersatz habe ich nun ja bereits. Das erhöhte Risiko für einen schwer beherrschbaren Hypothyreoidismus bei kompletter Thyreoidektomie ist mir ebenso bekannt.
- Auch wenn Mikrokarzinome eher untypischerweise früh streuen, so ist das Risiko nicht bei Null. Außerdem wird wohl in einigen Untersuchungen festgestellt, dass multifokale Mikrokarzinome vergleichsweise früh Metastasen bilden können. In Anbetracht meines recht jungen Alters sehe ich schon die langfristige Gefahr, dass bei mir unerkannte Mikrokarzinome, die man ggf. im Ultraschall noch gar nicht gut darstellen kann, früh in Richtung der Lymphknoten streuen. Ein Umstand der das Outcome verschlechtern kann. Ebenso fürchte ich, dass sich ggf. kleine Mikrokarzinome an ungünstigen Stellen festsetzen (z.B. am Recurrens-Nerv) und damit in Zukunft schwer oparabel werden, wo die Entfernung der noch vorhandenen Schilddrüsenhälfte heute noch recht unkompliziert möglich ist.
Im Moment sagt mir mein Bauchgefühl, dass ich die Komplettierungs-OP anstreben sollte, einfach um Gewissheit zu haben. Dass mein restliches Leben lang keine weiteren Tumore im gegenüberliegenden Schilddrüsenlappen entstehen, wo eine Seite bereits drei Tumore enthielt, halte ich für recht unwahrscheinlich. Eine OP wäre dann zu einem späteren Zeitpunkt ggf. ohnehin notwendig.
Vielleicht habe ich ein/mehrere wesentliche Argumente für/gegen eine OP übersehen? Ich möchte für eine solch tragweitenreiche Entscheidung gerne alle möglichen Informationen nutzen.
Macht die Entfernung ohne anschließende RJT überhaupt Sinn oder sollte die dann auch folgen? Vorteil wäre sicherlich, dass man dann Tg als diagnostischen Tumormarker dazugewinnt.
Vielen Dank bereits für Eure Anmerkungen zu meinem Fall! 🙂

Leitungsteam SHG Berlin follikulärer SD-Krebs 1997 (oxyphil), Zungengrundkrebs 2024
Antwort auf: Multifokale papilläre Mikrokarzinome (vorwiegend follikuläre Variante) – Komplettierungs-OP?
Hallo Wolle93,
herzlich Willkommen bei uns im Selbsthilfe-Forum!
Du hast für mein Gefühl sämtliche Aspekte aufgeführt, die man bedenken kann.
Lediglich eine Anmerkung:
Beim Tg als Tumormarker: Wenn man ein „Exzellentes Ansprechen“ nach der RJT hat, – haben bei weitem nicht alle – , dann ist Tg ein sehr sensitiver Tumormarker. Allerdings gibt es auch hier falsch positive Befunde. So dass man auch hier lieber zweimal den Tg bestimmt, um sicher zu sein. Bei allen anderen Risikogruppen geht es beim Tg nicht um absolute Werte, sondern wie sich der Tg im Verlauf verändert.
Ob ich in deiner Situation eine Komplettierungsoperation anstreben würde oder nicht, kann ich Dir nicht sagen.
Wichtig als Info: Eine Komplettierungsoperation sollte innerhalb von 4 Tagen nach der ersten Operation durchgeführt werden oder nach 3 Monaten, wenn kein dringender Handlungsbedarf ist, um die Operationsrisiken klein zu halten. Forenthema: FAQ: Komplettierungsoperation und Lymphknotendissektion
Viele Grüße
Harald
Antwort auf: Multifokale papilläre Mikrokarzinome (vorwiegend follikuläre Variante) – Komplettierungs-OP?
Hallo Wolle23!
Ich kann deine Überlegungen sehr gut nachvollziehen, und finde es toll, wie viele Infos du schon hast!
Das papilläre CA (auch vom follikul.Typ) metastasiert gern in die Halslymphknoten. Durch OP und das gute Ansprechen auf Radiojodtherapie ist die Prognose dadurch nicht wesentlich schlechter, wenn es entdeckt und behandelt wird. Prinzipiell ist es schon möglich, dass die Mikrokarzinome einseitig waren.
Wenn bei dir keine Lymphknoten untersucht wurden, und zudem Thyreoglobulin als Tumormarker nicht in Frage kommt, weil die halbe Schilddrüse verblieben ist, ist die Situation bzgl. Nachsorge unklarer. Was wurde dir bezüglich Nachsorge angeboten?
Ich würde eine zweite Meinung bei einem erfahrenen SD-Chirurgen oder Nuklearmediziner einholen.
Liebe Grüße,
Mathilda
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Diese Antwort wurde geändert vor 1 Monat von Mathilda. Grund: Ergänzung
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Antwort auf: Multifokale papilläre Mikrokarzinome (vorwiegend follikuläre Variante) – Komplettierungs-OP?
Vielen Dank Harald für die Hinweise zum Tg als Tumormarker und dem Zeitfenster zur Komplettierung. Ich habe wegen letzterem heute auch nochmal mit dem Chirurgen telefoniert. Zwar wäre eine Komplettierung ohnehin nicht in wenigen Tagen terminierbar, doch er scheint da recht entspannt. Er habe sich wohl bei der erst OP rein in die eine (damals verdächtige) Richtung der SD „vorgearbeitet“ ohne die Gegenseite weiter freizulegen. Er habe daher keine Bedenke auch ggf. früher als die drei Monate nachzuoperieren, da er nicht in verwachsenem Gebiet operiere. Klingt für mich mit der Begründung recht plausibel.
Vielen Dank auch Dir Mathilda für die Hinweise. Bezüglich der Nachsorge wurde leider noch nichts Nähers mit mit besprochen. Ich habe einen Termin in der Nuklearmedizin bekommen, der aber noch zwei Monate in der Zukunft liegt. Dort will man wohl auch die Lymphknoten näher untersuchen (Sono) und die genaue Nachsorge besprechen. Insgesamt empfinde ich dieses Informationsdefizit in der Wartezeit bis zum Termin in der Nuklearmedizin als echt nervenaufreibend…
Eine Zweitmeinung habe ich auch bereits überlegt. Wie wäre das konkrete Vorgehen da? Brauch man eine zweite Überweisung bzw. übernehmen die Kassen die Kosten überhaupt?
Liebe Grüße
Antwort auf: Multifokale papilläre Mikrokarzinome (vorwiegend follikuläre Variante) – Komplettierungs-OP?
Hallo Wolle23!
Das klingt für mich sehr positiv, die Rücksprache und die Sicht des Chirurgen! Den zeitlichen Ablauf bzgl. Termin bei der Nuklearmedizin finde ich auch in Ordnung. Da tut sich in der Zwischenzeit nichts, was man nicht schon im Ultraschall vor der OP sehen würde. Ich würde davon ausgehen, dass du momentan gesund bist. Die Komplettierungs-OP erleichtert halt die Nachsorge und bietet noch mehr Sicherheit. Alles Gute dir!
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