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Studie: Langzeit Nutzen von OP und RJT (Mazzaferri 1994)

Studie: Langzeit Nutzen von OP und RJT (Mazzaferri 1994)

| Beitrags-ID: 250340

Hallo,

diese Studie von Dr. Ernest L. Mazzaferri Sr. (1936-2013), Jhiang SM war seiner Zeit (1994) ein Meilenstein in der Entwicklung der Therapie des Schilddrüsenkrebs.
Es gab in den Jahren 1050 bis 19993 zwar noch keine Überdiagnose des Schilddrüsenkrebs wie in den letzten Jahren (siehe Studie: Überdiagnose SD-Krebs ein weltweites Phänomen (2016)), man wusste allerdings auch schon damals, dass Patienten mit Schilddrüsenkrebs eine sehr gute Prognose hatten.

Leitlinien (FAQ: Was ist eine Leitlinie? Was ist eine Richtlinie?) gab es damals noch nicht, und die Therapie war von Klinik zu Klinik sehr verschieden:

  • das Ausmaß der Operation war recht unterschiedlich, von der bloßen Entfernung des Schilddrüsenknoten (in der Studie hatten 6 % ein Operation weniger als eine Lobektomie), über Lobektomie (16%) bis hin zur totalen Entfernung der Schilddrüse (48%) und einer Neck Dissection. Letztes war Standardtherapie in den 60er Jahren.
  • Es wurde manchmal nur von außen bestrahlt ( perkutane Strahlentherapie) (4% Prozent)
  • Es wurden Schilddrüsenhormone nicht immer gegeben (11%)
  • Es wurde als Therapie nur Schilddrüsenhormone gegeben (56%)
  • Es wurde nur bei wenigen eine Radioiodtherapie (RIT) gegeben, da die Indikation unklar war (29%)

Diese unterschiedlichen Vorgehensweisen in der Therapie sind in den USA zwar nicht mehr so extrem, es ist aber immer noch so, dass von den low-risk-Patienten, die nach den Leitlinien der American Thyroid Association (ATA) eher keine RIT brauchen, immerhin 40% eine bekommen, währen von den high-risk Patienten, die nach Leitlinie unbedingt eine bekommen sollten, – weil der Nutzen eben durch diese Studie von Mazzaferri nachgewiesen – nicht wenige keine RIT bekommen (Vortrag von Schlumberger ETA-Kongress in Kopenhagen 2016).

In der neuen ATA-Leitlinie differenzierter SD-Krebs 2015: Übersicht….. wird diese Studie von Mazzaferri nur noch an einer Stelle zitiert:

    In der Begründung zur Empfehlung R31, dass man bei Schwangeren in der Regel, die Geburt abwarten kann, weil eine Verzögerung der Schilddrüsenoperation von unter einem Jahr keinen Einfluss auf die Sterberate des Schilddrüsenkarzinoms habe, wird auf diese Studie verwiesen

Die Empfehlungen der ATA-Leitlinie (2015) zum Nutzen der RIT, und zur Entscheidung für oder gegen eine RIT basieren auf neueren Studien.

Die europäische Vereinigung der NuklearmedizinerEuropean Association of Nuclear Medicine (EANM) lehnt jedoch die ATA-Leitlinie 2015 ab, u.a. mit dem Verweis auf diese Studie von Mazzaferri.
siehe EANM kritisiert ATA-Leitlinie 2015 zum dif. SD-Krebs

Ich möchte daher eine kleinen Einblick in diese Studie von Mazzaferri geben:

Es wurden 1.355 Patienten mit papillären und follikulärem Schilddrüsenkrebs untersucht, die entweder in der U.S. Air Force oder im Ohio State University hospitals in den letzten 40 Jahren behandelt wurden.

Die Patienten wurde prospektiv nachverfolgt entweder durch Befragung oder medizinischer Untersuchung.

Die erste Behandlung der Patienten geschah in den Jahren 1950 bis 1993.
Die Nachbeobachtung lag zwischen 6 Monaten und 47 Jahren (Median 15,7 Jahre).

Die kummulative Rezidivrate (sichtbar in der Bildgebung) lag nach 30 Jahren bei 30%, wobei die Hälfte (ca. 14%) bereits nach 5 Jahren auftrat, und 25% bereits nach ca. 20 Jahren.
Die kummulative Rezidivrate war bei den papillären Schilddrüsenkarzinomen mit 31% höher als bei den follikulären (24%).

Die höchste Todesrate im Beobachtungszeitraum 30 Jahre gab es bei den Patienten mit follikulärem Schilddrüsenkarzinom, die auch eher prognostisch ungünstige Faktoren hatten wie höheres Alter, größere Tumore, und mediastinale und Fernmetastasen zum Zeitpunkt der Erstdiagnose.

Wenn man Patienten mit Fernmetastasen zum Zeitpunkt der Diagnose ausschloss, so war die Sterberate von follikulären (10%) und papillären (6%) Schilddrüsenkarzinompatienten ähnlich, und hatte keinen signifikanten Unterschied.

Von den 185 Patienten mit einer Beobachtungszeit von mehr als 30 Jahren, lebten nur noch 76% Prozent. Lediglich 8% (6 Patienten) waren am Schilddrüsenkrebs gestorben. Die Rezidivrate [es wurde nur das erste Auftreten eines Rezidivs erfasst] lag bei 30%, wobei Rezidive vor allem bei Patienten, die jünger als 20 Jahre oder älter als 65 Jahre zum Zeitpunkt der Diagnose waren, auftraten. Die Todesfälle traten bei Patienten auf, die älter als 40 Jahre waren, und stieg mit jeder Dekade.

In der weiteren Analyse wurden u.a. Patienten ausgeschlossen, die bereits Fernmetastasen zum Zeitpunkt der Diagnose hatten. In dieser Subgruppen-Analyse (Cox-Regressions-Modell) zeigte sich:

  • Zeitpunkt der Diagnose älter als 40 Jahre
  • Tumor >= 1,5 cm
  • Lokale Tumorinvasion
  • Regionale Lymphknotenmetastasen
  • verzögerter Therapie beginn

  • Die Wahrscheinlichkeit nicht an diesem Krebs zu sterben wurde reduziert durch
    • weibliches Geschlecht
    • Operation, die mehr als eine Lobektomie umfasste
    • RJT und Schilddrüsenhormontherapie

  • kein Effekt konnte bezüglich der Tumor Histologie festgestellt werden.
    Die ablative Radioiodtherapie reduzierte das Rezidiv-Rate um ein Drittel, und die Sterberate, um die Hälfte.

    Mazzaferri und Jhiang schlussfolgerten damals:

    • Eie radikalere Therapie mit totale Entfernung der Schilddrüse gefolgt mit einer RIT kann empfohlen werden bei
    • Tumore die größer gleich 1,5 cm sind
      oder
    • Tumore, die invasiv sind
      oder
    • Metastase haben.

      ferner:

    • Lymphknotenmetastasen können auch das Überleben beeinflussen.
    • Eine Verzögerung der Therapie , um mehr als ein Jahr, geht mit einer höheren Sterberate einher; Knoten der Schilddrüse sollen daher sofort punktiert werden.

      Weiter Ergebnisse (aus der Diskussion)

    • es gibt eine höhere Rate von Brustkrebs, diese ist jedoch unabhängig davon, ob eine RIT gegeben wurde oder nicht.
    • Tumore unter 1,5cm, die man per Ultraschall oder anderer Bildgebung findet , und keine Anzeichen von Lymphknotenmetastasen haben, solle man ignorieren.

    Diese Studie wird u.a. zitiert durch:

    Viele Grüße
    Harald

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