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Antwort auf: Radiojodtherapie (RJT) – Erfahrungsberichte aus den Kliniken

| Beitrags-ID: 261293

Radiojodtherapie auf der Isolierstation der Nuklearmedizin im Virchow-Klinikum Berlin

Im Virchow-Klinikum hatte ich 1998 zwei Radiojodtherapien zur Behandlung meines follikulären Schilddrüsenkrebses. Im Virchow-Klinikum hat man Einzelzimmer mit Toilette und Waschbecken, der Blick aus dem Fenster, geht ins Grüne oder über Dächer hinweg. Menschen sieht man kaum, damals wurde das Dach des Nachbargebäudes gemacht, so dass ich wenigsten ein paar Dachdeckern bei der Arbeit zu schauen konnte. Die Zimmer haben alle ein Telefon und einen Fernseher mit reichlich Programmen (habe damals zum ersten Mal den Musiksender Viva gesehen, da mir Filme wegen der Handlung in der Unterfunktion einfach zu anstrengend waren).
Wenn man auf die Station kommt, wird man von der Schwester auf das Zimmer geführt. Auf den Gängen sieht man niemanden, da man die Zimmer nicht verlassen darf, ich habe auch nie einen anderen Patienten gesehen. Dann muss man alles, was man an Kleidung nach der Entlassung sofort wieder mitnehmen will, in einen Schrank einschließen. Man kommt von der Klinik ein Nachthemd und Unterwäsche mit einer Einlage, die auch die Männer gefälligst zu benutzen haben. (In der Unterfunktion sind die letzten Tropfen die normaler weise in der Unterhose landen ein paar mehr als sonst. Dies sagt einem aber auch niemand so direkt). Man kann dann noch einige persönliche Dinge mit ans Bett nehmen: Bücher, Uhr, Telefonnummern, meine Tageszeitung hatte ich umbestellt und kam in die Klinik. Von sauren Drops wusste ich damals noch nichts, hatte nur etwas Schokolade für den Notfall mit, falls das Essen sehr schlecht sein sollte.
Man braucht also nicht viel mitnehmen: alte Hausschuhe, halbleere Kosmetika (Zahnpasta, Duschgel, Rasierzeug), da man die Dinge, wenn sie am Tag der Entlassung noch strahlen nicht mitnehmen darf. Man kann sie dann einfach dort lassen und muss nicht noch mal hin.
Morgens wird einem noch mal Blutabgenommen, dann bekommt man die Kapsel. Eine spezielle Schwester kommt mit der Bleikapsel, man muss sich zum Schutz der Schwester hinter eine bewegliche Bleiwand stellen, die Kapsel wird, dann aus einem Röhrchen von der Schwester direkt in den Mund gegeben. Man soll dann viel trinken. Wasser wird durch die Klinik zur Verfügung gestellt. Man kann sagen wie viel stilles und sprudelndes Wasser man möchte (Ich hatte meist 3 bis 4 Flaschen).
Nach der Einnahme ist man allein im Zimmer. Wenn jemand ins Zimmer kommt, muss man Abstand zu dieser Person halten. Das Essen war erträglich, nur einmal gab es lauwarmen Seefisch (was ich reichlich merkwürdig fand, da man zuvor ja keinen essen sollte), der nicht besonders war – glücklicherweise hatte ich noch etwas Schokolade.
Ich habe mich bemüht möglichst viel zu trinken, um die Radioaktivität wieder schnell rauszubekommen. In Folge musste ich natürlich öfters pinkeln. Am Abend kam dann die Beschwerde der Schwester, ich möge doch nicht soviel spülen, ich würde zu viel Wasser verbrauchen, das hatte schon was von Big Borther is watching you, war ich doch den ganzen Tag ganz allein auf meinem Zimmer. Im Virchow-Klinikum wird das Abwasser aufgefangen bis es abgeklungen ist. Man wird daher angehalten ganz wenig Wasser zu verbrauchen. Duschen ist erst am Tag, wenn das Ganzkörperszintigramm gemacht wird erlaubt und erwünscht. Auch bei der sonstigen Körperhygiene soll man nicht so viel Wasser verbrauchen.
Jeden Morgen wird dann die restliche Radioaktivität an der Schilddrüse gemessen, ist ein bestimmter Wert unterschritten kann man entlassen werden. Dann muss man duschen und frische Klinik-Kleidung anziehen für das Ganzkörperszintigramm. Danach kann man sich anziehen, und die Bücher etc. werden nach Reststrahlung kontrolliert, ob man sie wieder mitnehmen kann.
Das war’s, jedenfalls soweit meine Erinnerung.
Harald