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Antwort auf: Selen nach pappilärem SD- Krebs?

| Beitrags-ID: 277998

Hallo Charly,

wir sind hier alle keine Experten, um so wichtiger ist, dass wir uns die richtigen Experten suchen.
Studie ist nicht gleich Studie, und Nachweis nicht gleich Nachweis oder wie du es formulierst „wissenschaftliche Evidenz“.

Ein Dr-Titel macht noch keinen Experte und bei einem selbst ernannten ‚Expertenforum“ wie es auf dem Dir eingefügten Link die Rede ist , sollte man äußerst kritisch sein, ob man diesem wirklich vertrauen möchte.

In dem FAQ-Beitrag Wie finde ich seriöse Gesundheits-Informationen? sind Kriterien aufgeführt, um Informationen beurteilen zu können.

Schon beim ersten Kriterium 1. Wer ist der Anbieter? Mit wem arbeitet er zusammen? kommt man bei obigen Link von Dir ins Stocken.

Ein Impressum sucht man vergeblich, stattdessen gibt es diverse Partner und ein Shop bei dem man die angepriesenen Produkte gleich kaufen kann.

Ferne fühlt sich diese Seite der ‚Orthomolekularen Medizin‘ verbunden.
Über diese heißt es im Band der Stiftung Warentest: Die Andere Medizin 2005, S.244:

Die orthomolekulare Medizin verwendet gesichertes medizinisches Wissen in einer Weise, die wissenschaftlich nicht haltbar ist.

Orthomolekulare Mittel bekommt man auch als so genannte ‚individuelle Gesundheitsleitungen“ (IGeL) in manchen Arzt-Praxen, die man selber zahlen kann, und wo mit sich der Arzt ein Zubrot verdient.

Zu Selen heißt es im Band der Stiftung-Warentest unter der Rubrik Risiken und unerwünschte Wirkungen, dass man bis zu 0,45 Milligramm Selen täglich nehmen kann, ohne Gefahr. Eine Überdosierung macht sich an Haaren und Nägeln bemerkbar und wirkt auf das Nervensystem.

Die Behauptung der ‚Orthomolekularen Medizin‘, dass unsere Nahrung von geringer Qualtiät sei – wie es auch auf den Seiten von Deinem Link zu finden ist – und man sich heute gar nicht mehr gesund ernähren kann, entspricht auch nicht den Tatsachen. Wer dem Supermarkt nicht traut, kann ja auf Bio-Läden und Produkte ausweichen. Das Geld dürfte sicherlich besser angelegt sein, als im Shop der Orthomolekularen Medizin und in den Werbe-Kampagnen eines Dr. R.

Der von mir im ersten Beitrag zitierte Band von Unger/Weis: OnokolgieUnkoventionelle und supportive Therapiestrategien – ist von Autoren der Klinik für Tumorbiologie Freiburg herausgegeben.

An anderer Stelle (S.132-134) wird dort nochmals ausführlich auf Selen eingegangen, eine zusätzliche Selen-Gabe wird dort vor allem empfohlen, wenn zu wenig Selen aufgenommen wird (Kruzdarmsysdrom, Muskoviszidose) und ein Mangel besteht. Deutschland zählt geographisch ähnlich wie beim Jod zu einem Selen-Mangelgebiet.
Als gute Selen-Nahrungsquellen werden Fisch, Fleisch, Eier, Weizenkeime, Linsen und Spargel genannt.

In einer Studie (prospektiv, randomisiert, doppelblind und placebokontrolliert) bei denen es um die so genannte ’sekundär Prävention‘ geht, also dass bei einer vorliegenden Krebserkrankung (hier Basaliom) kein Rezidiv mehr auftaucht, brachte keinen Nachweis. Allerdings reduzierte sich das Vorkommen anderer Krebsarten (Zeitraum 4,5, bis 6,4 Jahre) (Clark 1996), dieser Effekt verschwand allerdings wiederum teilweise nach 3 Jahren (Reid 2001).

Beim Männern zeigte sich, dass bei einer Substitution mit 200µg Selen, dass bei denjenigen die den niedrigsten und mittleren Selen-Spiegel hatten (>106,4ng/ml und <121,2ng/ml), das Prostatkarzinom seltener auftrat, während bei denen, die einen Selen-Spiegel größer 121,2ng/ml hatten, dieser Effekt wieder verschwand. (Clark und Marshall 2001; Klein et.al. 2001)
(Wobei mir hier sofort, die neuste Studie einfällt, dass der PSA-Test nicht zwischen dem relativ harmlosen ‚Haustierkrebs‘ und dem aggressiven Prostatakarzinom unterscheidet, siehe Ärzteblatt 10.1.06)

Aufgrund dieser Studie laufen derzeit diverse Studien zu Selen in den USA.

Viele Grüße
Harald

PS: Selen wird übrigens nicht so gut vom Körper aufgenommen, wenn man gleichzeitig auch Zink zu sich nimmt, von dem auch behauptet wird, dass es den Immunstatus verbessere. Zink bei Krebspatienten wurde allerdings noch nie in Studien untersucht. (Unger/Weis 2005 S.135) – also lieber sich gut ernähren :eat: als auf gerate wohl diverse Mittel zu sich zu nehmen.