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Hallo,

Prof. Derwahl hat auf dem Wiesbadener Schilddrüsen-Symposium 2008 (Sponsor MERCK – Texte als PDF) auf zwei Studien hingewiesen, die die Selen-Substitution kritisch bewerten und eine Selen-Substitution nicht empfehlen:

Joachim Bleys, MD, Ana Navas-Acien, MD, and Eliseo Guallar, MD:
Serum Selenium and Diabetes in U.S. Adults
Diabetes Care 30:829-834, 2007 (Abstract)

Saverio Stranges, MD, PhD; James R. Marshall, PhD; Raj Natarajan, MS; Richard P. Donahue, PhD; Maurizio Trevisan, MD; Gerald F. Combs, PhD; Francesco P. Cappuccio, MD; Antonio Ceriello, MD; and Mary E. Reid, PhD:
Effects of Long-Term Selenium Supplementation on the Incidence of Type 2 Diabetes
A Randomized Trial

Annals of Internal Medicine 2007;147:217-223. (Abstract and Full Text)

In der Studie von Bleys et.a.l. wurde das Selen im Blut von 8876 Personen untersucht. Es wurde dabei festgestellt, dass ein höherer Selen-Spiegel im Blut mit einem höheren Vorkommen von Diabetes einhergeht. Die Zunahme war allerdings nicht linear. Bleys und seine Kollegen empfehlen aus diesem Grund in den Ländern wie der USA, die eine ausreichende Selen Zufuhr über Nahrungsmittel haben, keine zusätzliche Selen-Gabe, um Diabetes vorzubeugen.

Stranges und seine Kollegen haben hingegen eine Secundäranalyse (=erneute Auswertung von Daten, nach anderen Gesichtspunkten) einer vorhandenen randomisierten, doppelblinden und Placebo-Kontrollierten Studie gemacht.

Diese erste Studie wurde an 1312 nonmelanoma Hautkrebspatienten (Diese Form des Hautkrebs kann in der Regel leicht entfernt werden und ist selten tödlich) durchgeführt. Das ursprüngliche Untersuchungsziel war mögliche Effekte einer Selengabe auf den nonmelanoma Hautkrebs zu untersuchen. (Clark et.al.: Effects of selenium supplementation for cancer prevention in patients with carcinoma of the skin. JAMA. 276:1957-63. December 25, 1996.- Full Text)
In dieser Studie wurden der einen Gruppe 200µg Selen gegeben. Eine Auswirkung der Selen-Substitution auf das Vorkommen des Hautkrebs konnte nicht festgestellt werden. Lediglich bei anderen Krebsarten konnte man Unterschiede feststellen, da diese jedoch nicht ursprünglich als Studienziel definiert waren, bewerten die Forscher dieses Ergebnis sehr kritisch und forderten damals neue Studien zur Untersuchung eines Effektes von Selen auf andere Krebsarten.

In der nun erneuten Auswertung dieser Studie wurden nur die Patienten genauer betrachtet, die zu Beginn der Studie keine Diabetes hatten. Und hier kommen nun Stranges und seine Kollegen zum Ergebnis, dass eine Selen-Gabe das Risiko für eine Diabetes erhöht. Eingeschränkt wird dieses Ergebnis durch die Forscher wiederum, dass die Diabetes durch die Patienten selbst berichtet wurde, und die meisten Patienten älter und weiß waren.

In den Referat-Texten des Wiesbadener Schilddrüsen-Symposium schließt sich Prof. Derwahl trotz der Einschränkungen durch die Studien den Schlussfolgerungen an:

Trotz methodischer Einwände, besonders gegen die zuletzt zitierte Studie, bleibt der Verdacht eines erhöhten Diabetesrisikos unter Selenbehandlung, so dass diese Zusatztherapie zur Zeit nicht empfohlen werden kann.

Laut der Ärzte-Zeitung vom 14.3.08 schwächte Derwahl diese Warnung auf dem Symposium jedoch ab und gibt keine Empfehlung für die Behandlung von Hashimoto-Patienten:

In Deutschland könnte eine Selen-Substitution durchaus Sinn machen. Die ungünstigen Daten in Zusammenhang mit zusätzlicher Selenzufuhr rührten hauptsächlich von US-amerikanischen Verhältnissen her, bei denen man ohnehin schon von einer Selen-Überversorgung ausgehen müsse. Dort, so mutmaßte der Endokrinologe, könnten die positiven antioxidativen Wirkungen von Selen bei zusätzlicher Zufuhr in prooxidative Effekte umschlagen.

Anmerkung Harald: Die 1996-Studie von Clark et.al. wurde seiner Zeit allerdings in Gegenden im Osten der USA durchgeführt, die ähnlich wie Deutschland auch eine niedrige Selenzufuhr über die Nahrung hatten. (Stranges, 2007, S.218)

Viele Grüße
Harald

PS: Bei Selen gibt es wie bei vielen Nahrungserägnzungsmittel sehr viel Werbung dafür. Gast-Beiträge ohne Quellenangaben werden daher kommentarlos gelöscht.

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