Achtung

Ratschläge auf der Website können keinen Arztbesuch ersetzen
Okay

Antwort auf: Kosten-Nutzen-Bewertung von Arzneimitteln

| Beitrags-ID: 310550

NICE: Sorafenib für die Behandlung des Leberkrebs zu teuer.

Hallo,

das NICE (National Institute for Health and Clinical Excellence) hat nun Endgültig eine Kostenübernahme von
Sorafenib (Nexavar® von Bayer) zur Behandlung des Lebekrebs abgelehnt.

Das NICE kam in seinem Guidance (Sorafenib for the treatment
of advanced hepatocellular carcinoma
, Mai 2010) zu dem Schluss:

  • Die normale Lebenserwartung dieser Krebspatienten ist weniger als 24 Monate
  • Sorafenib verlängert das Leben dieser Patienten um 2,8 Monate
  • Die Kosten für diese Behandlung betragen 27.000 £ (ca. 31.900 Euro)
  • Bei der Hälfte der Patienten, deren Leben durch Sorafenib verlängert wurde, betrug jedoch die Verlängerung des Lebens weniger als 2,8 Monate.

Das NICE arbeitet hier mit dem QALY[, in dem die erwartetenden Kosten der Behandlung pro gewonnener Lebensqualität berechnet werden.
Das NICE befand hier den Preis für die Behandlung mit Sorafenib zu hoch. Die Behandlung mit Sporafenib kostet im unteren Bereich 52.600 £ und im oberen Bereich noch wesentlich mehr.
NICE empfiehlt die Kostenübernahme normalerweise bei 20-30.000 £ pro QALY,und in Ausnahmen, wenn das Leben mehr als 3 Monate verlängert werden kann bei 40-50.000 £.
(siehe auch Pressemitteilung des NICE vom 26.5.2010)

BAYER hatte im Gegenzug daher vorgeschlagen Sorafenib nicht in Rechnung zu stellen, wenn das Medikament weniger als 3 Monate angewandt wird, dieses nicht in Rechnung zu stellen.

Diesen Kompromiss lehnte das NICE nun endgültig ab.

Mein Kommentar:

Die freie Preisgestaltung der Pharmaindustrie für neue zugelassen Medikamente wie in Deutschland praktiziert führt dazu, dass die Firmen eine möglichst hohen Preis für ihre Medikamente weltweit durchzusetzen versuchen.

Das NICE versucht hier zu einem „gerechten“ Kosten-Nutzenbewertung zu kommen, in dem es den QALY (erwartetenden Kosten der Behandlung pro gewonnener Lebensqualität) benutzt. Dieser QALY berücksichtigt jedoch nicht die Entwicklungskosten eines Medikaments. Bei sehr seltenen Erkrankungen dürften in der Regel die Entwicklungskosten höher wie bei Volkskrankheiten sein.

Der QALY führt so zu einer Benachteiligung von Kranken mit seltenen Erkrankungen

Das Gesundheitswesen muss staatlich reguliert sein, wenn Behandlungen jedem Kranken zugänglich sein sollen, und nicht nur denen die es sich leiten können.

Dies bedeutet dann auf der anderen Seite auch, dass Preise für Medikamente ebenso durch die Politik reguliert werden müssen, wie die anderen Kosten im Gesundheitswesen.

In Großbritannien gibt es eine offene Rationierung von Medikamenten. In Deutschland findet derweil eine versteckte Rationierung von Medikamenten statt.
(Siehe die ausstehenden Beschlüsse zur PET. Und aktuell auch die Weigerung des Off-Label-Use von Sorafenib beim wenig-differenzierten Schilddrüsenkrebs zu bezahlen, wenn nicht zuvor eine wenig erfolgversprechende Chemotherapie durchgeführt wurde.)

Die Politik ist hier gefordert, endlich zu handeln.

Noch eine Anmerkung zu Großbritannien und Bayer:

Der Vorschlag von Bayer, das Medikament nicht in Rechnung zu stellen, wenn es weniger als 3 Monate angewandt wird, war Öffentlichkeitswirksam sicherlich geschickt. Wobei diese 3 Monate ja nicht bereits die Lebensverlängerung durch Sorafenib sind, da viele Patienten auch so länger wie 3 Monate nach der Diagnose leben.
Das NICE tat hier zumindest gut daran, nicht auf solche populistischen Vorschläge einzugehen.

Bayer wird mit dem Preis herunter gehen müssen oder gegenüber den Behörden mit Fakten (Entwicklungs- und Herstellungskosten) darlegen müssen, warum das Medikament so teuer sein muss.

Auch wird Bayer noch mehr forschen müssen, warum nur die Hälfte der Patienten wesentlich von der Behandlung profitiert, während die andere Hälfte kaum von der Behandlung profitiert, aber womöglich unter den Nebenwirkungen leidet.

Viele Grüße
Harald

Zu Sorafenib läuft derzeit auch eine Phase-III-Studie beim wenig-differenzierten Schilddrsüenkrebs