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Antwort auf: Vandetanib (=Handelsname: Caprelsa®) – Übersichtsartikel

| Beitrags-ID: 339732

IQWiG: Kein Beleg für Zusatznutzen (Dossier unvollständig)

Hallo,

das IQWiG = Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen hat so eben, den Bericht zur Nutzenbewertung von Vandetanib (=Caprelsa®) im Rahmen der frühen Nutzenbewertung des Gemeinsamen Bundesausschusses (G-BA) (AMNOG-Verfahren = § 35a SGB V) online gestellt.

Hauptschlussfolgerung: Der Nutzen von Vandetanib ist anhand der durch den Hersteller vorgelegten Studien nicht belegt. Das IQWiG bewertet das Dossier als „inhaltlich unvollständig„.

Im Rahmen der „frühen Nutzenbewertung“ hat das IQWiG im Auftrag des Gemeinsamen Bundesausschusses das vorgelegte Dossier des Pharmaunternehmens als „unvollständig“ am 13.6.2012 zurückgewiesen, da keine Daten von Patienten vorgelegt wurden, bei denen das Tumorstadium aggressiv und symptomatisch war. Da diese Daten nicht vorgelegt wurden, gilt nach IQWiG ein zusätzlicher Nutzen als nicht belegt.

Ob diese Daten durch das Unternehmen noch vorgelegt werden können – kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht beurteilt werden. Das Unternehmen sieht in den Begriffen „aggressiv“ und „symptomatisch“, ebenso wie „nicht respektabel“ einen großen individuellen Interpretationsspielraum durch die Spezialisten

Diese Beurteilung bedeutet nicht, dass Vandetanib keinen Nutzen hat, sondern nur dass das vorgelegte Dossier des Pharmaunternehmens es nicht erlaubt einen Zusatznutzen eindeutig aufzeigen.

Es gibt eine sehr einfache und kurz gehaltene Patienteninformation auf www.gesundheitsinformation.de.
Betroffenen Patienten, die vor der Frage stehen, welche Therapie-Optionen sie wählen sollen, dürfte diese Information nicht wirklich weiterhelfen bzw. gar in die Irre führen (Die Studienlage zu anderen Therapien wie Strahlentherapie ist noch viel dürftiger).
Hinweise auf die Selbsthilfe als auch auf Zentren für den nicht-jod speichernden Schilddrüsenkrebs
fehlen leider auch.

Das offizielle Dokument ist die Dossierbewertung: Vandetanib – Nutzenbewertung nach §35a SGB V (PDF; 45 Seiten) und daraus die zwei-seitige Kruzfassung des Berichts als PDF (2 Seiten).

Zentraler Kritik des IQWiG am Dossier des Pharmaunternehmens ist, dass die European Medicines Agency (EMA) ausdrücklich die Zulassung nur auf eine begrenzte Patienengruppe („mit aggressivem und symptomatischem medullärem Schilddrüsenkarzinom (MTC) mit nicht resektabler, lokal fortgeschrittener oder metastasierter Erkrankung„) in der Zulassungsstudie akzeptiert hat.
(siehe auch Studie Vandetanib (ZD6474) bei medullärem SD-Krebs von kasey 12.3.2006)

In der Zulassungsstudie waren jedoch auch zur Hälfte Patienten eingeschlossen, die nicht dem obigen Kriterium genügten, sondern auch Patienten, deren Krebs nicht notwendigerweise aggressiv und symptomatisch waren.

Das IQWiG bemängelte am Dossier des Pharmaunternehmen AstraZeneca, dass eine getrennte Auswertung der Patienten, mit aggressiv und symptomatisch medullären Schilddrüsenkarzinom nicht vorgelegt wurde, obwohl diese nach Ansicht des IQWiG gut durchführbar gewesen wäre. Im Zulassungsverfahren soll der Anteil mit 56% beschrieben worden sein; diese Teilpopulation sei jedoch gesondert ausgewertet und im Dossier vorgelegt werden müssen, um eine Nutzenbewertung durchführen zu können.

    Die IQWiG Bewertung arbeitet sich dann noch an den Begriffen „porgressiv oder symptomatisch“ durch die FDA und „aggressiv und symptomatisch“ durch die EMA ab.

    Das eigentliche und uns sehr wichtige Problem, dass es bislang keine unstrittige Definition gibt, wann ein MTC progressiv bzw. aggressiv ist, wird dabei nicht thematisiert: Ab welchem Calcitonin-Wert und in welchem Zeitraum muss sich der Calcition-Wert verdoppeln, damit man von progredient sprechen kann?…

    Stattdessen thematisiert das IQWiG die Kombination „aggressiv und symptomatisch“ durch die EMA und kommt da zum Schluss, dass „progredient und symptomatisch“ als gleichwertig betrachtet werden können. Dass sich beim fortgeschrittenen MTC immer Symptome finden lassen, wenn man will, wird hingegen nicht thematisiert bzw. gesehen.

Welche Konsequenzen diese Bewertung durch das IQWiG für die Behandlung der Patienten hat, ist für mich noch nicht absehbar, da im Vergleich zu anderen Bewertungen des IQWiG, hier ja der Sonderfall vorliegt, dass es keine Vergleichstherapie gibt.

Die Zulassung durch EMA und FDA erfolgten ja auch unter dem besonderen Umstand, dass es für den fortgeschritten, inoparablen MTC, es bislang keine Therapieoptionen gibt.

Die abschließende Bewertung von Vandetanib geschieht im G-BA, in dem unser Verein (in der Patientenvertretung) auch eingebunden ist.

Alle Dokumente (Dossier und Nutzenwertung) findet man auf der Seite des G-BA zu Vandetanib.

Viele Grüße
Harald


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