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Antwort auf: ATA-Leitlinie differenzierter SD-Krebs 2015: Übersicht…..

| Beitrags-ID: 368267

Hallo,

hier mein Kommentar zur Leitlinie:

Kommentar:

Neue amerikanische Leitlinie für Patienten mit Knoten in der Schilddrüse und differenziertem Schilddrüsenkrebs:
Lebensqualität und Risikomanagement im Mittelpunkt als Antwort auf Überdiagnostik und Übertherapie

Die Leitlinie der Ärzteorganisation American Thyroid Association (ATA) ist für Ärzte und Patienten von großer Bedeutung, da sie mit Abstand die umfangreichste ist, und ihre über 100 Empfehlungen mit einer umfangreichen Literatur (1078 Quellen) begründet.

Die Überarbeitung der vorangehenden Version aus dem Jahr 2009 hat mehrere Jahre in Anspruch genommen. Im Sommer 2014 war ein erster Entwurf für kurze Zeit online, und eine Vielzahl von Ärzten, aber auch die beiden nordamerikanischen Schilddrüsenkrebspatientenorganisationen, konnten Kommentare abgegeben. Auch wenn die ATA federführend ist und vor allem auf die Versorgungssituation in Nordamerika eingegangen wird, so haben auch Ärzte aus Europa an dieser Leitlinie mitgewirkt.

Zahlreiche Empfehlungen wurden nicht nur leicht überarbeitet, viele enthalten fundamentale Änderungen: So wird z.B. die Feinnadelpunktion von Schilddrüsenknoten nur noch empfohlen, wenn bestimmte Kriterien im Ultraschall zusehen sind, damit versucht man die Überdiagnostik von für die Patienten harmlosen papillären Mikrokarzinomen zu verringern.
Viele Therapien werden bezüglich ihres jeweiligen Nutzens sowie ihrer Risiken neu beurteilt. Dies betrifft sowohl die Operation, die adjuvante Radiojodtherapie danach als auch die TSH-Unterdrückung, um von der Übertherapie vieler Patienten wegzukommen. Für die Risikoeinschätzung eines Rezidivs werden nicht mehr nur drei Gruppen gebildet, sondern ein Kontinuum von über 20 Untergruppen vom unifokalen papillären Mikrokarzinom (1-2% Rezidivrisiko) bis hin zum follikulären Schilddrüsenkarzinom mit Gefäßinvasion (30-50%).
Die Lebensqualität der Patienten rückt mit dieser Leitlinie stärker in den Vordergrund, anstelle einer Bekämpfung von Krebszellen um jeden Preis. So findet sich nun für das Schilddrüsenkarzinom mit Metastasen auch eine Empfehlung, wann die TSH-Unterdrückung und Beobachten die beste Therapie ist (R92). Schilddrüsenkrebs wird so nicht mehr allein aus der Pathologie einer Krebszelle verstanden, stattdessen rückten die möglichen Folgen für das Leben und die Lebensqualität in den Mittelpunkt. An einer Stelle gibt es einen kleinen Wehrmutstropfen: Patienten, die nach einer RIT in der Bilddiagnostik keinen Nachweis eines Tumors, jedoch einen stimulierten Tg-Wert von > 1,0 ng/ml haben, werden als „biochemical persistence of disease“ (Biochemisch fortbestehende Krankheit) bezeichnet. Diese Patienten haben jedoch lediglich ein etwas höheres Risiko für ein Rezidiv. Ein Risiko für ein Rezidiv sollte nicht als Krankheit bezeichnet werden, um Übertherapie zu vermeiden.

Viele Grüße
Harald