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BeateMitglieder-Beirat SD-Krebs 2000 (pap. + foll.)

Antwort auf: Einführung der geänderten Formel von Euthyrox® zum 2. Q 2019

| Beitrags-ID: 384395

Hallo,

ich habe schon lange nichts mehr zu diesem Thema geschrieben (das in Frankreich nach wie vor sehr aktuell ist… vor allem, weil Merck angekündigt hat, das seit Ende 2017 für die wirklich stark betroffenen Patienten nach wie vor gelieferte Euthyrox in der alten Zusammensetzung (zunächst Bestânde für den deutschen Markt, inzwischen auch welche für den russischen) ab Anfang 2020 nicht mehr zu liefern, weil dann praktisch alle europäischen Länder auf die neue Formel umgestiegen sein werden…

Im August haben die französischen Forscher, die im April 2019 einen aufsehenerregenden Artikel zum Thema (unzureichende) Bioäquivalenz veröffentlicht hatten, noch einen 2. Artikel zum Thema veröffentlicht.

Und sie haben nicht nur festgestellt, dass die Ergebnisse von Mercks Studie lange nicht so „perfekt“ sind, wie man versucht hat, uns glauben zu machen… die individuelle Variabilität ist, bei genauer Analyse der Kurven, extrem hoch, es ist also total „normal“, dass ein vorher gut eingestellter Patient durch die Änderung in die Über- oder in die Unterfunktion rutscht…

Im August haben sie dann noch darüber geschrieben, dass die Tatsache, dass Merck mehr als 200 „gesunde Probanden“ genommen hat, statt nicht – wie vorgeschrieben – nur die üblichen 24-32, die Studie nicht „genauer“ gemacht hat, wie man eigentlich denken könnte… sondern „verwäscht“ diese Ergebnisse…

Die Artikel sind im April und August in einer englischen Fachzeitschrift erschienen und haben relativ viel Wirbel gemacht. Aber geändert haben sie bisher leider nichts… immerhin sind jetzt ja schon 2,5 Jahre ins Land gegangen…

Links (auf englisch):
“Levothyrox® New and Old Formulations: Are they Switchable for Millions of Patients?” (April 19)
https://link.springer.com/content/pdf/10.1007%2Fs40262-019-00747-3.pdf

“Why Were More Than 200 Subjects Required to Demonstrate the Bioequivalence of a New Formulation of Levothyroxine with an Old One?” (August 19)
https://link.springer.com/article/10.1007/s40262-019-00812-x

Aus Belgien und den Niederlanden habe ich einige Berichte über Probleme mit der neuen Formel gehört (wurde dort seit 1. Juni eingeführt).

Aber immerhin wissen die Patienten Bescheid (roter Aufdruck auf der Schachtel), und es gibt ein paar Alternativen (wenn auch, in Belgien, nur eine einzige… und die, L-Thyroxine Christiaens von Takeda, war ja gerade erst 2015 geändert worden, damals waren viele Patienten auf Merck umgestiegen, und jetzt müssen sie sich schon wieder an eine neue Formel gewöhnen…

Es laufen immer noch ein paar Gerichtsverfahren… im Januar 2020 z.B. die Berufung in der Zivilklage von mehr als 4000 Klägern gegen Merck wegen „unzureichender Information. Die Untersuchung im Strafprozess (etwa 8000 Kläger) geht ebenfalls weiter, wird aber sicher noch mehrere Jahre dauern…

Nach wie vor nehmen in Frankreich mehrere zig-tausend Patienten die alte Zusammensetzung, entweder auf Rezept direkt aus französischen Apotheken (mit starken Lieferschwierigkeiten, die immer schlimmer werden), oder aber sie besorgen es sich im Ausland (in Marokko ist es hierdurch diesen Sommer sogar zu einer Medikamenteknappheit gekommen) – aber das wird dann ab Anfang 2020 fast unmöglich werden, denn – laut Merck – werden dann, bis auf Italien, so gut wie alle europäischen Länder auf die neue Formel umstellen…

Es ist ziemlich frustrierend, so wenig ausrichten zu können… viele Patienten vertragen die neue Formel GUT, aber nicht ALLE. Und dass es nicht möglich ist, diesen Patienten, die das alte Präparat oft schon 10, 20 oder 30 Jahre lang ohne jedes Problem genommen haben, weiterhin ihr gewohntes Medikament zur Verfügung zu stellen, und dass man sie zum Wechsel zwingt, den viele sehr schlecht vertragen (manche haben es auch nach 2 Jahren noch nicht geschafft, wieder eine korrekte Einstellung zu finden), ist wirklich ungerecht…

Diese „Krise“ in Frankreich (die nicht nur Levothyrox betrifft, sondern viele andere Medikamente und Gesundheitsskandale, und die das Vertrauen in die Gesundheitsbehörden tief erschüttert hat) wird sicher noch für viele Jahre Spuren hinterlassen…

Beate