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PDTC (jodrefr. mit Metastasen in Lunge, Leber, Pleura, LK)

Antwort auf: Betroffene die Sorafenib und Lenvatinib bekommen bzw. haben

| Beitrags-ID: 386254

Dieser Beitrag war urspünglich bei Erfahrungen mit Lenvima Teil 2

Nachdem ich Lenvantinib nun seit ungefähr 8 Wochen nehme, möchte ich hier einige Erfahrungen mit Euch teilen.

Meine Situation ist vielleicht etwas anders als die meisten, die zurzeit Lenvatinib nehmen und zwar, weil ich zuvor Sorafenib (Nexavar) genommen habe. Diese ungewöhnliche Reihenfolge erklärte sich einfach daraus, dass ich unbedingt in die ATLEP-Studie wollte. Als Überbrückung bis zu Beginn der Kombinationstherapie Lenvantinib + Pembrolizumab habe ich mich also für Sorafenib entschieden.

Weil ich die Nebenwirkungen von Sorafenib als deutlich heftiger als die von Lenvatinib empfunden habe, könnten meine Erfahrungen vielleicht als etwas zu positiv rüberkommen. Jede und jeder reagiert natürlich anders auf diese schwere Medikation. Auch will ich natürlich Sorafenib nicht schwarzmalen. Es hat schließlich bei mir eine Zeit lang gewirkt.

Zunächst ein Paar Kurzinfos zu mir: Ich bin noch relativ jung (jetzt 39, 37 bei Diagnose) und recht aktiv. Ich habe das Glück eine Arbeit zu haben, die ich während der TKI-Therapie (selbst unter Sorafenib) fortsetzen konnte. Nach eine RJT und zahlreichen Operationen (darunter zwei Thorakotomien) metastasierte mein gering-differenziertes (G3) Schilddrüsenkarzinom fleißig weiter. Die Metastasen nehmen kein Jod mehr auf und eine Redifferenzierungstherapie ist bei mir aufgrund des Mutationsprofils nicht indiziert.

Vor Beginn der Therapie mit Sorafenib habe ich einige Vorbereitungen getroffen und ich kann allen nur empfehlen, es auch bei Lenvatinib zu tun:

  • Ich habe ein ordentliches Blutdruckmessgerät besorgt, um eventuelle Anomalien rechtzeitig zu erkennen. Hinzu kamen dann natürlich die regemäßigen Kontrollen mit EKGs beim Arzt.
  • Da ich bereits nach den vielen Operationen sehr stark abgebaut hatte, hat meine Onkologin mir eine Ernährungsberatung mit onkologischem Schwerpunkt empfohlen. Das Halten eines einigermaßen ordentlichen BMI ist für mich einer der wichtigsten Voraussetzungen, um diese Therapie gut zu überstehen. Mit viel Selbstdisziplin und hochkalorischen Drinks (vom Arzt verschrieben), konnte ich sogar etwas zunehmen. Die manchmal hier im Forum empfohlenen Nahrungsergänzungsmitteln aus dem Supermarkt halte ich hingegen für keine gute Idee, nicht zuletzt, weil einige davon die Blutwerte verfälschen können.
  • Das Hand-Fuß-Syndrom hat mir sehr viel Angst gemacht. Daher habe ich vorher viel Urea-Creme und Baumwollhandschuhe besorgt. Beides erwies sich später als sinnvolle Anschaffung.
  • Vor Beginn der TKI-Therapie habe ich eine größere Reise gemacht, weil ich wusste, dass dies später nicht ohne Weiteres gehen würde. Das war eine gute Entscheidung, da eine Woche später das Corona-Lockdown startete und an Urlaub nicht mehr zu denken war.

Wie gesagt, empfand ich die Nebenwirkungen von Lenvatinib als viel erträglicher die von Sorafenib. Dies liegt vor allem darin, dass ich unter Sorafenib sehr starke kolikartige Bauchschmerzen bekam, die nur noch mit Opiaten zu lindern waren. Die Schmerzen verschwanden fast komplett nach Absetzung von Sorafenib und Beginn der Therapie mit Lenvatinib.

Dafür kamen einige Nebenwirkungen, die sehr wahrscheinlich dem Lenvatinib zuzuschreiben sind:

  • Nach ca. drei Wochen war das Hand-Fuß-Syndrom bei mir wieder stark ausgeprägt. Da es unter Sorafenib zwischenzeitlich deutlich schlimmer war, hatte ich bereits eine gewisse Routine im Umgang damit: gefühlt 20 Mal am Tag mit Urea eincremen, ab und an zusätzlich eine Panthenol-Salbe oder -Creme auftragen, Baumwollhandschuhe und Socken nach dem Eincremen (vor allem nachts) anziehen und Gummihandschuhe zum Duschen benutzen. Händewaschen wurde zur Qual, was in Corona-Zeiten etwas unpraktisch ist ;-) Hände desinfizieren ist hingegen kein größeres Problem. Zum Glück sind bei mir die Füße nur wenig vom Hand-Fuß-Syndrom betroffen. Ich kann weiterhin problemlos laufen und gar längere Wanderungen machen.
  • Vor allem am Anfang wurde Appetitlosigkeit zum Problem. Mit viel Selbstdisziplin, sehr gutes Essen und hochkalorischen Drinks konnte ich dies gut kompensieren. Bei Übelkeit half Ondansetron. Allerdings sollte man hier aufpassen, da das Medikament bei einer höheren Dosis und einer längeren Einnahme zur einer Verlängerung des QT-Intervalls führen kann (was ja auch eine Nebenwirkung von Lenvima sein kann).
  • Durchfall war und ist ebenfalls ein Problem. Im Gegensatz zum Loperamid-refraktären Durchfall unter Sorafenib, kam ich hier mit Loperamid (Imodium) gut zurecht. Notfalls werde ich wieder auf Opiumtinktur umstellen.
  • Fatigue: Zwischenzeitlich war diese die Nebenwirkung, die mich beim Sorafenib am meisten gestört hat. Ich musste teilweise mehrstündige Siestas machen und war trotzdem völlig erschöpft. Mit Lenvantinib spüre ich noch eine leichte Fatigue. Es ist aber wirklich kein Vergleich zu vorher. Hier muss man einfach seine Routine neuerfinden und Momente der sportlichen Betätigung in den Tagesablauf einbauen.

Und hier noch ein bisschen Optimismus :-)

  • Libido: Libido und Krebs passen nicht gut zusammen. Trotzdem ist ein gesundes Sexualleben sehr wichtig, um mit dieser Krankheit umzugehen. Während meine Libido mit Sorafenib am Anfang fast völlig verschwunden war, ging es danach wieder bergauf. Mit Lenvatinib habe ich keine größeren Einschränkungen festgestellt.
  • Alkohol: Mit Sorafenib ist selbst die kleinste Menge Alkohol relativ schwer zu vertragen, nicht zuletzt, weil die Leber sehr viel durchmachen muss. Sie noch zusätzlich zu belasten ist hier sicherlich keine gute Idee. Mit Lenvatinib kann ich hingegen ab und an ein Glas Rotwein oder ein Bier genießen, ohne einen explosionsartigen Anstieg meiner Leberwerte befürchten zu müssen. Auch das ist für mich ein Stückchen Lebensqualität, was ich zurückerhalten habe. Trotzdem ist hier natürlich Vorsicht geboten.
  • Herz und Blutdruck: Zum Glück hatte ich bis jetzt keine Probleme mit Herz und Blutdruck unter Lenvatinib. Die regelmäßigen Kontrollen sind aber nach wie vor äußerst wichtig.

Schließlich bleibt nur zu sagen, dass meine Metastasen scheinbar kleiner werden. Der nächste CT ist in einer anderthalb Wochen… es bleibt spannend.

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