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Julian
Moderator

Antwort auf: Gibt es Studien zu Narben und Lebensqualität?

| Beitrags-ID: 449252

Hallo Sally,

und Willkommen im Forum.

Es gibt sehr viele Studien, die die Folgen und mögliche Komplikationen einer Schilddrüsenoperation untersuchen. Im Fokus stehen hier beispielsweise Schluckbeschwerden, die Folgen einer Minderaktivität der Nebenschilddrüsen oder auch Verletzungen von nahestehenden Strukturen wie dem Nerven der den Öffner der Stimmritze versorgt (N. laryngeus recurrens).

Bezüglich der traditionell chinesischen Medizin habe ich auf die schnelle keine Studie zur Folge von Schilddrüsenoperationen gefunden. Das Problem ist auch, dass solche Studien häufig qualitative Mängel aufweisen, beispielsweise kleine Patientengruppen, keine Doppelverblindung möglich, kein adäquater Therapievergleich zum „Gold-Standard“ etc.

Dass Sie positive Erfahrungen mit der TCM gemacht haben, freut mich und würde ich niemals absprechen wollen. Aber Sätze wie „das Trauma das den Krebs erst entstehen ließ“ halte ich für sehr gefährlich. Zum einen weil wir bereits ein recht gutes Verständnis für die Entwicklung von Krebserkrankungen haben (z.B. Aktivierung von unregulierter Zellteilung, Hemmung vor dem programmierten Zelltod, etc) und hieraus sich ja bereits wirksame Therapieoptionen ableiten lassen. Zum anderen weil Sie hier die Entwicklung der Krebserkrankung externalisieren, sprich auf andere Erlebnisse oder Erfahrungen übertragen. Das kann beispielsweise auch in Schuldzuweisung auf andere Personen oder Selbstzweifel münden.

Ich kenne Ihre genaue Krebsdiagnose nicht nicht, aber es gibt keine Konstellation in der ein Tumor, der später inklusive Lymphknoten am Hals totaloperiert wurde, alternativ mit Akupunktur hätte behandelt werden sollen und dürfen. Akupunktur hat in wenigen Fällen Evidenz, beispielsweise bei diversen Schmerzformen oder Übelkeit nach Operationen. Hier zeigt sich oft auch, dass Laien (ohne Anwendung von TCM, die also die Nadeln frei setzen) einen ähnlichen Wirkungsgrad haben – eine sogenannte Sham-Akupunktur. Eine Theorie ist, dass durch die Nadeln in der Unterhaut Botenstoffe aktiviert werden, die beispielsweise Muskelfaszien entspannen können. Die Theorie der Meridiane ist vor diesem Hintergrund aus meiner Sicht nicht haltbar.

Die Komplementärmedizin generell kann neben der schulmedizinischen Behandlung eine wichtige Säule sein. Auch weil hier Systemfehler wie Zeitmangel und Stress ausgeglichen werden können (häufig durch eine nicht unterhebliche eigene, private finanzielle Aufwendung). Eine leitliniengerechte Betreuung, die auf hunderten von Studien beruht, sollte das jedoch nicht ersetzen.

Sollten Sie weiterhin Beschwerden im Operationsbereich haben, gibt es auch hier im Forum Betroffene, beispielsweise in der Gruppe Schluckstörungen nach einer Schilddrüsenoperation. Häufig hinterlassen die Belastungen der Diagnose und Behandlung einer Krebserkrankungen auch Ihre seelischen Narben. Vielleicht sprechen Sie hierüber mit Ihrem Hausarzt, ob beispielsweise eine Gesprächstherapie helfen kann?

Weiterhin gute Besserung und alles Gute

Julian