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Julian
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Antwort auf: Gibt es Studien zu Narben und Lebensqualität?

| Beitrags-ID: 449274

Hallo Sally,

mein Beitrag war keineswegs böse gemeint, aber ich halte eine Einordnung in diesem Zusammenhang für sehr wichtig.

Narben können generell in verschiedenen Scores beurteilt werden, beispielsweise dem PSAQ. Hier gibt es 5 Unterpunkte: Aussehen, Beschwerden, Bewusstsein, Zufriedenheit mit Aussehen und Zufriedenheit mit den Beschwerden.

Dieser ist auch für Schilddrüsenoperationen anwendbar (https://doi.org/10.1089/thy.2011.0265) und valide.

Linos et al untersuchte bei Schilddrüsenoperationen, ob eine kleinere Narbe im Rahmen einer anderen Operationstechnik auch mit besserer Zufriedenheit (im Rahmen des PSAQ) zusammenhing (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/22980435/). Das zeigte sich interessanterweise nicht. Die Zufriedenheit war generell häufig gut, stieg aber mit dem zeitlichen Verlauf nach der Operation zusätzlich an.

Es gibt eine Übersichtsarbeit zum Thema Scores für Narben, allerdings leider auf Englisch (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC10037630/). Hier werden potentiell negative Aspekte einer Narbe beleuchtet, beispielsweise negatives Selbstbild, Selbstzweifel, Einschränkungen im alltäglichen Leben oder auch Sexualleben, höheres Risiko für Depressionen oder auch eine Posttraumatische Belastungsstörung. Häufig liegen bei diesen Studien allerdings eine Verbrennung im Gesichtsbereich, Akne oder Kelloidbildung (wulstige Abheilung) vor – sprich die Studien sind nicht auf die Schilddrüse beschränkt.

Natürlich ist neben der Narbe aber auch die Operation direkt ein Risikofaktor für oben genannte Folgen, beispielsweise im Rahmen eines Hypoparathyreoidismus. Hier haben wir einige Betroffene im Forum, die sich sehr gut mit der Thematik und auch Behandlung auskennen (Gruppe Nebenschilddrüsenunterfunktion).

Je nach Ausmaß der Operation werden ja Lymphknoten im Halsbereich, bei einer radikalen OP (Neck-Dissection) auch teils Muskel und Nerven entfernt. Das macht sicherlich auch lokale Einschränkungen wahrscheinlicher und den Umgang damit nicht leichter.

Wenn nach einer solchen Operation die Schilddrüsen- und Nebenschilddrüsenfunktion gut eingestellt ist und dennoch ein gestörtes Selbstbild, Depression oder sonstige, auch seelische Einschränkung besteht, kann das natürlich mit der Narbe im Zusammenhang stehen. Hier gibt es teilweise Möglichkeiten die Narbe günstig zu beeinflussen (Narbenmassage, Cortisonunterspritzung, etc) oder aber damit leben zu lernen, was je nach Grundproblem auch eine Behandlung brauchen kann (Gesprächstherapie, Autogenes Training etc).

Ich hoffe das hilft etwas.

Gute Besserung und einen schönen Start in die Woche

Julian

 

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