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Stellungnahme zum Zweitmeinungsverfahren

Stellungnahme zum Zweitmeinungsverfahren

| Beitrags-ID: 243825

Hallo,

die ACHSE hat eine Stellungnahme zum Zweitmeinungsverfahren gemacht und bittet die Mitlgiedsvereine um ihre Meinung.

STELLUNGNAHME ZUM ZWEITMEINUNGSVERFAHREN

(§ 73 d SGB V und dem Entwurf für Abschnitt Q der Arzneimittelrichtlinie)

Die Verbesserung der Qualität der Medikamentenanwendung ist erstrebenswert. Das Anliegen, mit einer Verbesserung der Anwendungsqualität eine Kostenersparnis in bedeutendem Umfang zu erzielen, ist legitim. Ein kosteneffizientes Gesundheitssystem ist im Interesse aller Patienten. Etwaige Fehlallokationen werden im Ergebnis von der Solidargemeinschaft bezahlt und sind deshalb zu verhindern.
Zurzeit ist der Zugang zu zugelassenen Medikamenten für Betroffene einer Seltenen Erkrankung nicht das vordringlichste Problem und das sollte so bleiben. Für die Betroffenen ist viel problematischer, dass es häufig keine Medikamente gibt oder nur solche, die außerhalb ihres Zulassungsbereichs (off-label) angewandt werden. Dies ist bedingt durch die Tatsache, dass Seltene Erkrankungen aus der Natur der Sache oft nur ein geringeres Marktpotenzial haben.
Die ACHSE unterstützt ein Zweitmeinungsverfahren, wenn es den Zugang zu Medikamenten nicht behindert und die Qualität der Versorgung dadurch gebessert wird. Ob eine nicht-optimale Anwendung von Medikamenten und/oder eine Fehlallokation von Mitteln durch ein Zweitmeinungsverfahren tatsächlich verhindert werden kann und dabei nicht unerwünschte Nebenwirkungen auftreten, wird durch die praktische Ausgestaltung bestimmt.
In diesem Zusammenhang stellen sich für Betroffene einer Seltenen Erkrankung insbesondere folgende Fragen:

  1. Da es schon so schwer ist, Spezialisten für Seltene Erkrankungen zu finden, wie wird zu diesen Erkrankungen dann noch ein zweiter mindestens gleich kompetenter Arzt gefunden?
  2. Wer bestimmt bei diesen Erkrankungen, die viele Ärzte gar nicht kennen, wer kompetent ist und aufgrund welcher Kriterien?
  3. Regelmäßig sind Klinikärzte die Spezialisten für bestimmte Seltene Erkrankungen.
    Können sie, insbesondere die, die in einer § 116b-Ambulanz arbeiten, Ärzte für besondere Arzneimitteltherapie werden?
  4. Brauchen die Ärzte für besondere Arzneimitteltherapie auch eine Zweitmeinung eines Kollegen? Wird eine gegenseitige Vergabe von Zweitmeinungen die Qualität der Anwendung verbessern?
  5. Wie werden die Ärzte für besondere Arzneimitteltherapie bezahlt?
  6. Nach welchen Kriterien werden die Medikamente ausgewählt und wie schnell werden genügend Medikamente unter die Regelung fallen, damit die Überprüfung angemessen und nicht willkürlich gegenüber allen Beteiligten ist?
  7. Ist sichergestellt, dass eine Verschreibung nach X Tagen automatisch genehmigt ist, wenn der Arzt für besondere Arzneimitteltherapie nicht reagiert? Oder werden der verschreibende Arzt und der Patient im Ungewissen gelassen, ob eine angefangene Therapie fortgeführt werden kann?

VORLÄUFIGES FAZIT

Das Zweitmeinungsverfahren ist gesetzlich verankert. Die Umsetzung wird aber nicht direkt für alle denkbaren Medikamente verlangt. Die Seltenen Erkrankungen sind als Versuchsmodell ungeeignet. Das Auswahlverfahren, die Dokumentation, die notwendige Abstimmung zwischen Kassenärztlichen Vereinigungen, Krankenkassen, Patienten, Klinik-Ärzten bieten die richtigen Rahmenbedingungen für einen neuen Hemmschuh in der Versorgung. Häufigere Erkrankungen bieten bessere Rahmenbedingungen, diesen Gefahren zu begegnen und größere Chancen, dass das Verfahren gelingen könnte. Für diese Erkrankungen gibt es aus der Natur der Sache mehr kompetente Ärzte pro Erkrankung und mehr Evidenz über die richtige Anwendung der Medikamente. Erst wenn sich das Verfahren dort bewährt hat, sollte die Anwendung für Seltene Erkrankungen erwogen werden.

15. September 2008
Mirjam Mann
Geschäftsführerin, ACHSE e.V.

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Hier nun meine Einschätzung:

Das Problem von Schilddrüsenkrebspatienten, deren Krebs kein bzw. nicht-mehr Jod speichert, ist, ein richtiges „Zentrum“ für die Behandlung zu finden.
Die zentrale Frage stellt sich mir, wann ist ein ‚Zentrum‘ wirklich ein Zentrum.

Augenblicklich verweisen wir in der FAQ-Hilfe auf Kliniken, in denen größere Forschungsstudien stattfinden.
(FAQ-Hilfe: Zentren für den nichtjodspeichernden Schilddrüsenkrebs)

Dies sind recht wenige für Deutschland, und viele Patienten landen daher bei ortsnahen Onkologen, die in der Regel jedoch meist nur sehr wenige Schilddrüsenkrebspatienten haben und sich damit kaum auskennen.

Gegenwärtig werden wenig-differenzierte Schilddrüsenkrebspatienten oftmals mit einer Chemotherapie behandelt, deren Wirksamkeit sehr begrenzt ist und erhebliche Nebenwirkungen verursacht. Da es sich um ältere Therapeutika handelt, sind die Kosten zu den neueren Medikamenten recht gering.

Das Zweitmeinungsverfahren birgt hier Risiken und Chancen.

Risiko: Das günstige alte Chemotherapeutika ist nicht im Zweitmeinungsverfahren. Onkologen behandeln daher weiter mit der alten ‚Standardtherapie‘ und müssen sich keinem Zweitmeinungsverfahren aussetzen. Patienten werden daher weiter schlecht behandelt.

Chance: Die Wahrscheinlichkeit, dass es in absehbarer Zeit eine Zulassung für die neuen teureren Medikamente zur Behandlung des nichtjodspeichernden Schilddrüsenkrebs gibt, halte ich für relativ groß, auch wenn augenblicklich die meisten Studien nur im Ausland durchgeführt werden.
Durch den Orphan-Drug-Status ist die Zulassung erleichtert. Da die neuen Medikamente aber auch keine Wundermittel sind, scheint es mir notwendig, dass die Behandlung weiterhin in Zentren bzw. im Kontakt mit Zentren (Zweitmeinung) geschieht, um Wirkung und Nebenwirkungen besser kontrollieren und einschätzen zu können.

Hier meine Schlussfolgerung:
Das Zweitmeinungsverfahren ist vor allem ein Gesetz zur Kostenreduzierung, mit dem Risiko, dass bei selten Erkrankungen Patienten weiterhin mit veralteten günstigen Medikamenten behandelt werden, weil Ärzte das Zweitmeinungsverfahren scheuen.

Unser Interesse/Ziel die Verbesserung der Versorgung durch die Herausbildung von Zentren und die Zusammenarbeit von ortsnahen Ärzten mit diesen Zentren, dürfte jedoch damit nicht zu erreichen sein.
Hier scheint mir die Herstellung von Öffentlichkeit und Problembewusstsein bei Patienten ein größerer und besserer Einflussfaktor zu sein, so dass Patienten selbstbewusst einfordern können, dass sie in einem Zentrum behandelt werden möchten bzw. dass ihr ortsnaher Arzt/Klinik mit einem Zentrum und Netzwerk zusammenarbeitet.

Wie ist eure Meinung/Einschätzung?

Viele Grüße
Harald

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