Tyrosinkinaseinhibitoren (TKI)
Die krankheitsauslösende Mutation im RET Proto-Onkogen, die sowohl bei der erblichen Form in allen Körperzellen als auch bei der sporadischen Form nur in den Tumorzellen das C-Zell-Karzinoms nachweisbar sein kann, eröffnet neue Therapiemöglichkeiten, die derzeit bei Patienten im fortgeschrittenen Stadium des medullären Schilddrüsenkarzinoms bereits eingesetzt werden. Das RET-Gen codiert für einen Tyrosinkinase (TK)-Rezeptor. Der TK-Rezeptor ist eine Bindungsstelle für einen Wachstumsfaktor an der Zelloberfläche. Durch eine Mutation wird ein veränderter TK-Rezeptor gebildet, der dauernd aktiviert ist und damit ständiges unkontrolliertes Wachstum auslöst. Unter der Vorstellung, dass die Mutation in RET Gen für das Tumorwachstum zumindest zum Teil verantwortlich ist, sind Substanzen, die diesen Rezeptor und weitere in die Tumorentstehung involvierte Rezeptoren hemmen (Multi-Tyrosinkinase-Inhibitoren) ein vielversprechender neuer Therapieansatz.
Verschiedene Studien mit diesen Substanzen zeigen erste hoffungsvolle Teilerfolge und haben zur Zulassung des TKI Vandetanib (Caprelsa®) geführt. Für eine weitere Substanz, Cabozantinib (Cometriq®) wurde die Zulassung zur Behandlung des progressiven metastasierten medullären Schilddrüsenkarzinoms im März 2014 erteilt (Cometriq®). Unter Therapie ist eine Hemmung des Tumorwachstums bzw. bei einem Teil der Patienten eine Verkleinerung von Metastasen zu erreichen, die erhöhten Tumormarker Calcitonin (Ct) und CEA gehen zurück. Unter Vandetanib und Cabozantinib kommt es zu einer Verlängerung des progressionsfreien Überlebens. Die Wirkung auf den Tumor hält meist nur solange an, solange die Tabletten eingenommen werden. Die Nebenwirkungen sind individuell sehr verschieden, oft tolerabel, z.T. erheblich, sind z.T. durch Dosisreduktion beherrschbar, führen manchmal aber auch zum Therapieabbruch. Häufige Nebenwirkungen sind Durchfälle, Hautausschlag, Übelkeit, Bluthochdruck oder die Verschlechterung eines bestehenden Bluthochdruckes sowie EKG-Veränderungen.
Das Medikament wird bei fortgeschrittener Erkrankung mit wachsenden, Beschwerden verursachenden Metastasen, die nicht mehr operabel sind eingesetzt. Da der Nachweis eines Nutzens im Frühstadium der Erkrankung eindeutig fehlt, wird derzeit die Indikation zur Therapie mit TKI bei hoher Tumorlast und progredienter sowie ausgeprägt symptomatischer Erkrankung gesehen, wenn lokale Therapiemaßnahmen ausgeschöpft sind. Da ein Großteil der Patienten auch im Stadium der fortgeschrittenen Metastasierung nur langsam progredient ist und eine kaum eingeschränkte Lebensqualität aufweisen, ist der alleinige Nachweis der Metastasierung keine Therapie-Indikation, ebenso wenig der alleinige Nachweis erhöhter Tumormarker Ct/CEA. Kommt es jedoch zu einem raschen Anstieg von Ct/CEA (Verdopplungszeit < 1 Jahr ) und deutliches Wachstum von Metastasen (> als 20% Progress nach RECIST-Kriterien) oder Auftreten von neuen Metastasen, so ist die Indikation gegeben; auch konservativ nicht zu beherrschende Schmerzen und therapieresistente Durchfälle können die Indikation zur TKI-Therapie unterstützen.
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