Harald(Bundesgeschäftsführer Leitungsteam SHG Berlin) Anmeldung: 12.05.99 Beiträge: 16842fol. SD-CA 97 (oxyphil) 50+ |
Beitrag: (p128855)
Verfasst am: 16. Nov 2013, 00:27
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Broschüre:
Knoten der Schilddrüse und ihre Behandlung
Beobachten oder behandeln/operieren?
Inhaltsverzeichnis
vorangehendes Kapitel: 3.2. Schilddrüsenkrebs
siehe auch: Therapien zur Entfernung von gutartigen (benigne) Knoten der Schilddrüse - Überblick.
4. Beobachten und Medikamente
Wenn heiße Knoten eine Schilddrüsenüberfunktion auslösen, so kann man diese zunächst mit Medikamenten, so genannten Thyreostatika behandeln. Thyreostatika stoppen die Hormonproduktion der Schilddrüse und werden vor allem beim Morbus Basedow eingesetzt. Gelingt dies nicht, so stehen mit der Operation des gutartigen (=benignen) Knotens ( Kap.5) sowie der Radiojodtherapie bei gutartigen Erkrankungen ( Kap. 6.2.) zwei Behandlungsalternativen zur Verfügung.
Knoten der Schilddrüse, die keine Beschwerden verursachen, die im Ultraschall und in der Szintigraphie unauffällig sind bzw. deren Feinnadelpunktionsergebnis benigne war (siehe Kap. 3.1), kann man entweder weiter beobachten oder wenn man das weitere Wachstum der Knoten verhindern möchte, mit der Einnahme von Schilddrüsenhormonen in Kombination mit Jodid behandeln.
Werden Schilddrüsenhormone eingenommen, so ist eine Überprüfung der Blutwerte nach ca. 6 Wochen sinnvoll (siehe auch Kap. 7).
„Wenn ich mich gleich operieren lasse, dann ist das Problem erledigt.“
So denken sehr viele. Dies ist jedoch ein Trugschluss. Unabhängig davon, ob der oder die Knoten gut- oder bösartig ist bzw. sind, ist nach einer Operation in den meisten Fällen die Einnahme von Schilddrüsenhormonen ( Substitution; siehe auch Kap. 7) notwendig, die gleichfalls mindestens einmal jährlich kontrolliert werden muss. Zudem hat jede Operation Risiken (siehe Kap. 5.3.), Probleme können so durch die Operation erst beginnen. |
Bei Kontrolluntersuchungen sollten regelmäßig (erstmals nach etwa sechs Monaten, dann jährlich) die Blutwerte überprüft und eine Sonografie durchgeführt werden, um Veränderungen des Knotens rechtzeitig zu entdecken.
Knoten, die trotzdem weiter wachsen, sollten nochmals mittels Feinnadelpunktion untersucht werden.
[Ob diese Empfehlung in den Leitlinien noch sinnvoll ist wird durch
die Studie: Natürlicher Verlauf gutartiger Schilddrüsenknoten (Filetti 2015) in Frage gestellt.]
Auch im sehr seltenen Fall, dass sich zu einem späteren Zeitpunkt der Knoten dann doch als bösartig erweist, ist die Prognose meist immer noch sehr gut.
„Knoten könnte Krebs werden.“
„Zeitbombe - Knoten in der Schilddrüse“
Auch diesen beiden Aussagen begegnet man sehr oft. Der größte Teil der Schilddrüsenkarzinome dürfte von Anfang an ein Karzinom sein, nur in ganz wenigen Fällen dürfte sich aus einem unverdächtigen Knoten später ein Schilddrüsenkarzinom entwickeln. Genau weiß man dies noch nicht, allerdings ist diese Schlussfolgerung sehr nahe liegend, da Knoten der Schilddrüse sehr häufig sind (siehe Kasten Kap.1), Schilddrüsenkrebs jedoch sehr selten.
In einer italienischen Beobachtungsstudie ( Filetti 2015) waren nur 0,3 % der Knoten, die ursprünglich als gutartig diagnostiziert wurden, im Laufe von 5 Jahren als bösartig heraus. Größenwachstum als solches machte in dieser Studie den Knoten nicht krebsverdächtiger.
Hier noch ein paar weitere Zahlen, um das Risiko besser einschätzen zu können:
Im Jahr 2008 haben geschätzt 1.710 Männer und 4.160 Frauen, insgesamt ca. 5.870 Menschen die Diagnose Schilddrüsenkarzinom bekommen.
Im gleichen Jahr sind an Schilddrüsenkrebs 279 Männer und 429 Frauen an einem Schilddrüsenkarzinom gestorben (Quelle: Robert Koch-Institut (2012): Krebs in Deutschland 2007/2008 ).
Zeitbombe - Haushalt?
Zum Vergleich: "Im Jahr 2006 sind nach der Zählung des Statistischen Bundesamtes (destatis) 6455 Menschen bei häuslichen Unfällen ums Leben gekommen. Das sind mehr Menschen als im gleichen Zeitraum im Straßenverkehr (5174)." (Quelle: Süddeutsche Zeitung, 10.5.2010)
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Update (25.7.2014): Cochraine-Review: Minimalinvasive Therapien von gutartigen Knoten der Schilddrüse (Elizabeth Bandeira-Echtler et.al. 2014)
Dieser Cochraine-Review vergleicht folgende Therapien von gutartigen Schilddrüsenknoten: - Behandlung mit Schilddrüsenhormonen (L-Thyroxin = L-T4)
- Verödung mit Hilfe einer Ethanol Injektion (= percutaneous ethanol injection = PEI)
- Verödung mit Hilfe der laserinduzierten Thermotherapie (= laser photocoagulation = LP)
- Radiofrequenzablation (RFA) = radiofrequency (RF) ablation
- Ablation mit Hilfe von high-intensity focused ultrasound (HIFU)
siehe auch: Thermoablation - Alternative zur Schilddrüsenoperation?
nächstes Kapitel: 5. Schilddrüsenoperation - 5.1 Vor der Operation
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Zuletzt bearbeitet von Harald am 21. Okt 2020, 21:44, insgesamt 11-mal bearbeitet |
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miesekröte(aktives Vereinsmitglied)
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Beitrag:
Verfasst am: 31. Jan 2018, 23:36
Danke! sagt : dkr
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Heute fand ich diese aktuelle Übersichtsarbeit aus dem Deutschen Ärzteblatt, erstellt auf der Basis einer Literaturrecherche von über 600 Studien. Die namhaften Schilddrüsenspezialisten weisen auf die in Deutschland oft noch nicht leitliniengemäßen SD-Operationsindikationen hin:
So resultiere in Deutschland nur in 1 von 15 Operationen wegen eines „verdächtigen“ Schilddrüsenknotens auch wirklich ein malignes Ergebnis, während z. B. England und Skandinavien ein Verhältnis von 1:5 aufwiesen, Italien ein solches von 1:7.
Die AutorInnen führen dies unter anderem auf die zurückhaltende Durchführung von Feinnadelpunktionen zurück, betonen aber auch, dass „die verzögerte Therapie (> 12 Monate) eines auf die Schilddrüse begrenzten Malignoms die gleiche Prognose hat wie die sofortige Operation“ und daher „eine Verlaufsbeobachtung ohne Nachteil für den Patienten möglich“ ist.
Vielleicht kann dieser Artikel eine zusätzliche Entscheidungshilfe bieten gerade in Fällen, wo eine eindeutige OP-Indikation nicht besteht.
Hier der Link für alle Interessierten:
Übersichtsarbeit:
Liebe Grüße
miesekröte |
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