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Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

| Beitrags-ID: 257953

Studie:
Risiko für Blutkrebs als Zweitkrebs steigt durch die Radioiodtherapie (RIT) beim gut-differenzierten Schilddrüsenkrebs (Moolenaar u. Sidana 2017)

Original Titel:

Autor*inen:
Remco J. Molenaar, et. al. Universität Amsterdam
und Surbhi Sidana, Mayo Clinic, Rochester, Minesota, USA.

in:
J Clin Oncol. 2017 Dec
doi: 10.1200/JCO.2017.75.0232. Abstract auf PubMed

In dieser Auswertung des US-amerikanischen Krebsregister SEER durch Wissenschaftler an der Universität Amsterdam, Niederlande, sowie Surbhi Sidana von der Mayo Clinic (Rochester, Minesota, USA) konnte gezeigt werden, dass die Radioiodtherapie beim differenzierten Schilddrüsenkrebs das Risiko für einen Zweitkrebs steigt.

Ob dieses absolute Risiko [0,53%] (Risiken verstehen), welches in dieser Studie festgestellt wurde, die derzeitige Empfehlung zur Früherkennung in der ATA-Leitlinie differenzierter Schilddrüsenkrebs 2015 ändern wird, ist abzuwarten (Die Autor*innen der Studie fordern dies; s.u.):
.

RECOMMENDATION 86
Although patients should be counseled on the risks of second primary malignancy with RAI treatment for DTC, the absolute increase in risk of developing a second primary malignancy attributable to RAI treatment is considered small and does not warrant specific screening to any extent greater than age-appropriate general population health screening.
(Weak recommendation, Low-quality evidence)

Übersetzung für uns Patient*innen von Harald:
Empfehlung 86
Obgleich die Patient*innen über das Risiko eines Zweitkrebs durch eine Radioiodtherapie (RIT) aufgeklärt werden müssen, so ist doch das absolute Risiko einen Zweitkrebs durch die RIT zu erhalten sehr klein, so dass eine spezielle Früherkennung, zusätzlich zu den alter-spezifischen Früherkennungsmaßnahmen für die allgemein Bevölkerung, nicht gerechtfertigt ist.
(Schwache Empfehlung, Geringe Qualität der Studien)

Sicherlich wird diese Studie jedoch zu besseren Abwägung von möglichem Nutzen und Risiken bei low-risk Patient*innen führen.

Hier nun die Ergebnisse dieser Studie im einzelnen:

Die niederländischen Wissenschaftler*innen konzentrierten sich einzig auf das Auftreten von Blutkrebs (hämatologische Karzinome) nach einer Radioiodtherapie (RIT).
Sie haben sich dazu Daten von 148.215 Patient*innen mit dem gut-differenzierten Schilddrüsenkrebs im US-amerikanischen Krebsregister SEER angeschaut:

  • 53% wurde nur die Schilddrüse chirurgisch entfernt,
  • 47% erhielten zusätzlich eine [oder mehrere?] Radioiodtherapien (RIT)

Von diesen 148.215 Schilddrüsenkrebspatient*innen haben 783 [0,53%] einen hämatologischen Zweitkrebs nach 3,4 bis 11,2 Jahren bekommen (im Mittel=Median nach 6,5 Jahren).

Im Vergleich zu den Betroffenen, die nur operiert wurden, hatten die Patient*innen mit einer RIT ein relativ höheres Risiko (Risiken verstehen):

  • Akute Myeloische Leukämie (AML) – [Hazard Ratio 1,79 – ist ein statistische Maß, welches das relative Risiko von zwei Gruppen vergleicht; beim Wert 1 besteht kein Unterschied)
  • chronische myeloische Leukämie (CML) – [Hazard Ratio 3,44]

Diese erhöhte Risiko für AML und CML wurde auch bei low-risk und intermediate-risk Patient*innen festgestellt.

Zu den Risikogruppen siehe:

Beim Auftreten von AML (nicht von CML) zeigte sich zu dem, dass das mittlere Überleben schlechter war wie bei anderen Schilddrüsenkrebspatient*innen (8 Jahre versus 31 Jahre).
Auch zeigte sich, dass Schilddrüsenkrebspatient*innen mit AML eine schlechteres Überleben hatten, wie Betroffene bei denen AML als Erstkrebs auftrat (1,2 Jahre versus 1,9 Jahre).

Die Autor*innen der Studie kommen zum Schluss, dass Patient*innen mit dem gut-differenzierten Schilddrüsenkrebs und einer Radioiodtherapie ein erhöhtes Risiko für AML und CML haben (jedoch nicht für andere Leukämie-Erkrnakungen). AML nach einer RIT habe eine schlechtere Prognose.
Der Einsatz einer RIT sollte beim Schilddrüsenkrebs auf Betroffene mit high-risk begrenzt werden. Betroffen die eine adjuvante RIT (nicht zur Therapie, sondern nur vorsorglich zur Verhinderung eines Rezidives) erhalten, sollten bezüglich einer Entwicklung einer AML und CML beobachtet werden. Dies solle Teil der Krebsnachsorge sein.

Anmerkung Harald Mir liegt leider nur das Abstrakt vor. Ich gehe jedoch davon aus, dass die Forscher auch untersucht haben, ob ein oder mehrere RIT durchgeführt wurden.

Problematisch ist ferner, dass es sich um eine retrospektive Auswertung von Registerdaten handelt (sowie auch andere Studien zu diesem Thema). Wobei im US-amerikanischen Gesundheitssystem die Entscheidung, wer welche Diagnostik und Therapie bekommt, weniger an medizinischer Notwendigkeit ausgemacht wird, als an der Versicherung, die die Betroffenen haben, und welche ökonomischen Ressourcen diese haben. Ähnlich wie bei uns Versicherte in den Privaten Krankenkassen, kann es so auch sein, dass Betroffene auch mehr Diagnostik z.B. CT-Untersuchungen erfahren als die anderen.

Das oftmals von Ärzt*innen benutzte Argument für die RIT bei low-risk Patient*innen – „Damit sind sie auf der sicheren Seite“ – dürfte jedoch mit dieser Studie hinfällig sein.

Auch dürfte das Risiko wie es in der DGN: Handlungsempfehlung zur RIT beim differenzierten SD-Krebs (2015) benannt wird, korrigiert werden müssen:

    • 3. Leukämie und Sekundärmalignome mit einer Latenz von 5 und mehr Jahren (

bei hohen kumulativen Therapie-Aktivitäten >22 GBq: Häufigkeit ca. 1%)

    • [Hervorhebung Harald]. Aus europäischen Sammelstatistiken

Rubino et al. 2003

    • lässt sich ableiten, dass das Risiko für strahleninduzierte Zweitkarzinome – wenn überhaupt – gering erhöht ist. In der amerikanischen Kohortenstudie aus dem amerikanischen Surveillance, Epidemiology and End Results Registry (SEER 2008) fand sich beim Vergleich der 8159 Radioiodbehandelten Patienten mit 9901 Kontrollfällen (Patienten mit Schilddrüsenkarzinom ohne I-131-Therapie) kein erhöhtes Risiko für Zweittumoren nach Radioiodtherapie, sofern alle Zweitmalignome – unabhängig von der Latenzzeit – gezählt wurden

Brown et al. 2008

    . Wurden aufgrund von strahlenbiologischen Überlegungen nur solche Zweitmalignome in die statistische Berechnung eingeschlossen, die später als 3 Jahre nach RIT auftraten, war das Risiko nach RIT etwas erhöht, wobei die Analyse keinen Bezug zu den eingesetzten I-131-Aktivitäten herstellte. Da die meisten Zweitkarzinome in kurzem zeitlichem Abstand zur RIT entdeckt wurden, ist der unvermeidbare Screeningbias solcher Kohortenstudien offenkundig. In der Konsequenz sollten alle Patienten mit einem Schilddrüsenkarzinom ermutigt werden, die altersbezogenen Vorsorgemaßnahmen wahrzunehmen; ein intensiveres Tumor-Screening wird nicht empfohlen.

Viele Grüße
Harald


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  • Dieses Thema wurde geändert vor 11 Monaten, 4 Wochen von Harald.
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Antwort auf: Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

| Beitrags-ID: 380456

Hallo,

habe obigen Beitrag vervollständigt.

Viele Grüße,
Harald

Maria2
Moderator
pap. Karzinom pT3 tall-cell-Variante

Antwort auf: Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

| Beitrags-ID: 380457

Hallo Harald,

gab`s da nicht vor ein oder zwei Jahren schon mal eine Studie, dass auch nach einer Normal-Dosis-RJT das Risiko schon leicht erhöht ist?

Viele Grüße von Maria

Antwort auf: Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

| Beitrags-ID: 380458

Hallo Maria,

alle Studien zu diesem Thema habe ich in der Gruppen-Beschreibung: Zweitkrebs: Leukämie, Brust- und andere Krebserkrankungen aufgeführt.

Viele Grüße
Harald

1 Nutzer*in hat sich für diesen Beitrag bedankt.
schlittenhund
papill-Sd-Karz.pT3, N1b,MO

Antwort auf: Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

| Beitrags-ID: 380459

Hallo zusammen,

mich würde interessieren, ob es hier im Forum jemanden gibt, der nach OP und RJT dann tatsächlich an Leukämie erkrankt ist und bitte um diesbezügliche Erfahrungsberichte.

Viele Grüße,
Schlittenhund

Antwort auf: Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

| Beitrags-ID: 380460

Hallo Schlittenhund,

also ich weiß von einem Forums-Mitglied, das an Leukämie verstorben ist.
Das hatte allerdings auch mehrere hoch dosierte Radioiodtherapien.

Bei insgesamt 8848 registrierten Nutzer*innen (nicht alle mit dem differenzierten Schilddrüsenkrebs; seit der Umstellung des Forums im Jahr 2003) müssten bei den 0,53% in der Studie, es etwas weniger wie 46 Betroffene mit einer Leukämie sein.

Wir erfahren allerdings auch nicht immer, ob und an was ein*e Nutzer*in verstorben ist.

Viele Grüße,
Harald

Antwort auf: Studie: Risiko Zweit-Blutkrebs höher bei RIT (Moolenaar 17)

| Beitrags-ID: 380455

Hallo,

habe die Frage: Wie kommt es eigentlich bei SD-Krebs zum Exitus? von diesem Thema abgetrennt.

Viele Grüße
Harald

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dkr
Anonym
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