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Review: Kombinationstherapie L-T4 und L-T3 (Taylor 2019)

Review: Kombinationstherapie L-T4 und L-T3 (Taylor 2019)

| Beitrags-ID: 259202

Review: Kombinationstherapie L-T4 und L-T3 bei der Schilddrüsenhormonsubstitution: Bekanntes und offene Fragen (Taylor 2019)

Hallo,

diese Überblicksarbeit (Review) von der Schilddrüsen Forschungsgruppe der Universität Cardif, Großbritannien, betrachtet die Kombinationstherapie von L-T4 mit L-T3 und versucht aktuelles Wissen sowie offene Fragen dazu zusammenzufassen.

Für wen ist dieser Beitrag von Interesse?

    Betroffene, die mit der reinen L-T4 Substitution Probleme haben, und sich über die Studienlage informieren möchten.

Einfach erklärt:

Weiterführende Informationen:

Original Titel:

    Combination Thyroid Hormone Replacement; Knowns and Unknowns

    Autor*innen:
    Peter N Taylor, Vinay Eligar, Ilaria Muller, Anna Scholz, Colin Dayan, Onyebuchi Okosieme
    von der
    Thyroid Research Group, Cardiff University School of Medicine, Systems Immunity Research Institute, Cardiff, United Kingdom.

    in:
    Frontiers in Endocrinology, 22 October 2019
    doi: 10.3389/fendo.2019.00706 (Artikel ist frei zugänglich)

In der Einleitung wird kurz die Geschichte der Schilddrüsenhormonsubstitution nachgezeichnet:

  • bis in die 70er Jahre war die Substitution mit dem Schilddrüsenhormon L-T3 sowie mit getrockneten tierischen Schilddrüsen (= Desiccated thyroid extract (DTE)) üblich.
  • Die Entdeckung, dass das meiste T3 außerhalb der Schilddrüse über T4 aktiviert wird, und das Problem, dass keine gleichmäßige fT3-Spiegel im Blut hergestellt werden kann, führte dazu, dass eine reine L-T4-Substitution zum Standard in den letzten 50 Jahren wurde.
  • Mit der Ausrichtung am TSH-Wert schien die Schilddrüsenhormonsubstitution, die einfachste Substitutionsrtherapie.
  • Heute herrscht jedoch Konsens, dass nicht nur die Blutwerte sondern auch die Beschwerden der Betroffenen berücksichtigt werden müssen.
    Mehrere Faktoren habe hier zu dieser Änderung beigetragen:
    • Generell die Beschwerden der Betroffenen, die sich mit einer reinen L-T4-Substitution nicht zufrieden sind (ca. 10-15 %)
    • Viele Betroffene fühlen sich mit niedrigeren TSH-Werten wohler (ungefähr 20%); obgleich dies mit höheren Risiken für Herz-Kreislauf-Erkrankungen verbunden ist.
    • Eine reine L-T4 Therapie führt zu höheren fT4-Werten und zu niedrigen fT3-Werten im Blut; auch wenn nicht klar ist, ob dieser klinischer Bedeutung ist.
    • Ein spezifisch britisches Problem ist/war: L-T3-Präparate waren extrem teuer in UK und es gab dadurch eine erhöhte mediale Aufmerksamkeit; diese Aufmerksamkeit führte dazu, dass noch mehr Patient*innen den Wunsch hatten nach einer Kombinationstherapie; ähnlich wie in Dänemark und den USA.

    Die Autor*innen betonen jedoch, dass Studien zur Kombinationstherapie zu keinem klaren Ergebnis kommen, was verschiedene Ursachen hat, dass die Studie nicht gut designend waren, es z.B. auch keine langsam freisetzendes L-T3-Präparat gab.

    Ferner gibt es neuere Erkenntnisse, dass T4 die Dejodase zu T3 in den Zielzellen verhindert, so dass es innerhalb der Zellen zu niedrigen T3-Werten kommt, wenn es zu hohen T4/T3-Verhältnissen im Blut kommt.
    (Verweis auf die Studie:

      Werneck de Castro JP, Fonseca TL, Ueta CB, McAninch EA, Abdalla S, Wittmann G, et al. Differences in hypothalamic type 2 deiodinase ubiquitination explain localized sensitivity to thyroxine. J Clin Invest.(2015)125:769–81. doi: 10.1172/JCI77588 [Frage Harald: Anfluten?]
  • Dies führte dazu, dass mehrere Leitlinien die reine L-T4-Substitution zwar weiterhin empfehlen, bei bestimmten Problemem jedoch auf experimenteller Ebene eine Kombinationstherapie L-T4 + L-T3 gemacht werden kann, wenn den Patient*innen die Risiken dieser Therapie erklärt wird.
    Die Substitution mit tierischen Schilddrüsenhormonextrakten wurde durch keine Leitlinie empfohlen.
    Folgende Leitlinien werden angeführt:

    Die Autor*innen fordern wegen der Risiken ein besseres Verständnis, bessere Schilddrüsenhormonpräparate (Langsam frei setzende L-T3-Präparate [Harald: und eigentlich auch L-T4-Präparate]) sowie bessere Studien.

    In dieser Überblickarbeit stellen sie daher zusammen, was man weiß und wo offene Fragen sind.


Was man weiß.

  • T4 im Blut, und nicht T3 im Blut ist Hauptquelle für T3 in den Zellen.

    Allerdings zeigen die Schilddrüsenwerte im Blut nicht im ganzen den Schilddrüsenhormonstatuts in den Zielzellen an.
    Deutlich ist dies beim Allan-Herndon-Dudley-Syndrom (AHDS) zu sehen, wo die Ursache ein Defekt des MTC8-Trangsporters der Schilddrüsenhormone in die Zelle ist.

    Wie sich weniger drastische Abweichungen bei den Schilddrüsenhormontransportmoleküelen auswirken ist wenig bekannt.

  • Es gibt eine Unzufriedenheit von Individuen mit einer Schilddrüsenunterfunktion, die nur eine L-T4 Monotherapie bekommen.

    Es wird u.a. angeführt, dass bereits in den frühen 1970er Jahren das Problem bekannt war, dass Patient*innen nach L-T3 verlangten, weil sie mit der Monotherapie nicht zufrieden waren.

      Taylor S, Kapur M, Adie R. Combined thyroxine and triiodothyroninefor thyroid replacement therapy. Br Med J.(1970) 2:270–1. doi: 10.1136/bmj.2.5704.270

    Es wird daher gefordert, dass in Studien Standardfragebögen verwendet werden:

    • General Health Questionnaire
    • Hospital Anxiety and Depression Score
      und einen speziellen Schilddrüsenfragebogen wie
    • THYPRO
        Watt T, Cramon P, Hegedus L, Bjorner JB, Bonnema SJ, Rasmussen AK, et al. The thyroid-related quality of life measure ThyPRO has good responsivenessand ability to detect relevant treatment effects. J Clin Endocrinol Metab.(2014)99:3708–17. doi: 10.1210/jc.2014-1322
  • Patient*innen die ihre Schilddrüsenwerte im Blut bestimmen lassen, sind nicht representativ zu allgemein Bevälkerung.

    Es sind vor allem Frauen, Älter wie 60 Jahre,und habe mehr psychische Probleme.
    In UK sind die häufigsten Beschwerden, die zur Bestimmung der Schilddrüsenwerte im Blut führen:

    Dies müsse in den Kohorenten-Studien berücksichtigt werden.

  • Charakteristika der Patient*innen beeinflussen, das derzeitige Verschreibungsverhalten und Behandlung.

    In Kohorten-Studien muss in UK berücksichtigt werden, dass in armen Regionen weniger L-T3 verschrieben wird, wegen der hohe Kosten von L-T3 in UK. Ein klassen-spezifischer Bias müsse daher in Kohortenstudien berücksichtigt werden.
    Es werden weitere Probleme von Kohortenstudien angeführt.

  • Patient*innen unter L-T4-Substitution haben keinen „normalen“ Schilddrüsenwerte im Blut

    Hohe fT4-Werte werden benötigt, um fT3-Werte und TSH-Werte wie vor einer Operation zu erreichen.

    Eine hohes T4/T3-Verhältnis führt zu einer Reduzierung der Deiodase in den Zielzellen.

Viele Grüße
Harald

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