Medizinische Kurznachrichten der Deutschen Gesellschaft für Endokrinologie
(Prof. Helmut Schatz, Bochum)

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Fallstricke bei Behandlung des Vitamin D-Mangels mit aktiven Metaboliten


Bochum, 4. Januar 2013: Vitamin D-Mangel kommt insbesondere bei älteren Menschen häufig vor und stellt für das muskuloskelettale System ein Risiko dar (1). Die Aufmerksamkeit für die Bedeutung einer guten Vitamin D-Versorgung für die Gesundheit ist in den letzten Jahren deutlich angestiegen. Obwohl positive Resultate aus Interventionsstudien ausserhalb des muskuloskelettalen Systems noch fehlen, werden heute im allgemeinmedizinischen Bereich Vitamin D-Spiegel viel häufiger als früher gemessen und bei niedrigen Messwerten wird häufig Vitamin D gegeben. Für viele Krankheitsbilder wurden nämlich Assoziationen mit tiefem Vitamin D beobachtet (1).

In letzter Zeit wurden konkrete Fälle berichtet, dass Personen mit niedrigen Vitamin D-Spiegeln mit gefährlichen Folgen falsch behandelt wurden: Bei ihnen wurde der aktive Metabolit Alfacalcidol (1-a-Hydroxyvitamin D) in steigender Dosierung eingesetzt, worauf es zu klinisch relevanten Hyperkalzämien kam.

Was ist der Hintergrund? Vitamin D (=Colecalciferol) wird im Körper in der Leber zu 25-Hydroxyvitamin D, der Speicherform, umgewandelt. 25-Hydroxyvitamin D selbst ist biologisch noch wenig aktiv und wird in der Labordiagnostik gemessen, um die Versorgung mit Vitamin D festzustellen. Die Umwandlung in das hormonell aktive 1,25-Dihydroxyvitamin D (Calcitriol = „Vitamin D3-Hormon“) in der Niere erfolgt in kontrollierter Weise den Stoffwechselbedürfnissen entsprechend. Bei Behandlung eines Vitamin D-Mangels mit Vitamin D-Präparaten in üblicher Dosierung (z.B. Vigantoletten®, 800-2000 IE/Tag) ist deshalb mit keinen Nebenwirkungen zu rechnen, weil die körpereigene Regulation wirksam ist (2)
.
Anders dagegen bei Einsatz von schon an Position 1-a hydroxylierten Metaboliten (Alfacalcidol, z.B. EinsAlpha®, Bondiol®, Doss®, oder auch von Calcitriol, z.B. Rocaltrol®): Hier wird die Regulation in der Niere umgangen. Sowohl Alfacalcidol als auch Calcitriol führen dosisabhängig zu einer Hyperkalzämie und Hyperkalzurie. Die Therapieüberwachung muss hier durch regelmäßige Messungen des Calciumspiegels erfolgen, und nicht durch Bestimmung des 25-Hydroxyvitamin D. Dies wurde bei den in letzter Zeit berichteten Fällen falsch gemacht. Alfacalcidol und Calcitriol werden nämlich im Körper nicht mehr zu 25-Hydroxyvitamin D rückgewandelt.

Facit

Vitamin D-Mangel sollte man auch mit Vitamin D (= Colecalciferol im Arzneimittelverzeichnis) behandeln. Aktive Vitamin D-Metabolite sind rezeptpflichtige, spezifische Medikamente und der Behandlung von Osteopathien wie der Osteomalazie und des Hypoparathyreoidismus vorbehalten (3,4). Ihr Einsatz und die Therapieüberwachung erfordern spezielle Kenntnisse der Wirkungsweise und der Nebenwirkungen und sollten durch Endokrinologen erfolgen.

Literatur:

(1) Wirkung einer Vitamin D-Gabe nur bei bestimmten Personengruppen und Patienten gesichert.
Pressemitteilung der DEG vom 25. Januar 2012
(2) Scharla S: Basistherapie der Osteoporose mit Calcium und Vitamin D.
In: Fassbender WJ, Hrsg.: Evidenzbasierte Therapie der Osteoporose, 3. Auflage; UNI-MED Verlag: Bremen-London-Boston; 2010. S. 37-49
(3) Scharla SH. Osteomalazie und sonstige Formen der Mineralisationsstörung. In: Deutsche Gesellschaft für Endokrinologie, Hrsg.: Rationelle Diagnostik und Therapie in Endokrinologie, Diabetologie und Stoffwechsel; 3. Auflage Thieme Verlag Stuttgart; 2010. S. 127-133
(4) Scharla S. Diagnosis of Disorders of Vitamin D-Metabolism and Osteomalacia.
Clin Lab 2008; 54:451-459

Publiziert am von PD Dr. Stephan Scharla
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