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Juergen62
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Schilddrüsencarcinom mit Lymphdrüsenbefall

Antwort auf: FAQ: Erfahrungsberichte von Schilddrüsenoperationen

| Beitrags-ID: 271477

Hallo, da ich wirklich viel Hilfe und Informationen durch dieses Forum bekommen habe, möchte ich doch gerne etwas von meinen eigenen Erfahrungen berichten in der Hoffnung, dass auch andere davon profitieren können.
Kurz vor Ostern 2011 ertastete ich einen Knoten auf meiner linken Halsseite. Da mein Hausarzt mit einer Ultraschalluntersuchung diesen Knoten nicht genauer bestimmen konnte verwies er mich an das Schilddrüsenzentrum im Klinikum Neuperlach (welches auch ganz in der Nähe meines Wohnortes war). Dort wurde mit einer Ultraschall- und anschließender MRT Untesuchung festgestellt, dass der Knoten teils flüssigkeitsgefüllt, teils fest und der Schilddrüse zugehörig war.
Mir wurde erklärt, dass eine Operation unumgänglich war wobei der linke Teil der Schilddüse entnommen werden sollte. Auch das Thema Schnellschnitt zur Feststellung ob gut- oder bösartig mit den Konsequenzen wurde mir gut erklärt. Leider zeigte dieser Schnellschnitt, dass der Knoten bösartig war, so wurde mir die gesammte Schilddrüse sowie 8 in der Nähe liegende Lymphknoten in einer 6 stündigen Operation entnommen.
Mir ging es nach der Op relativ schnell wieder einigermassen gut, ausser dass ich am nächsten Tag in der Früh kollikartige Bauchschmerzen hatte, dagegen half mir aber eine Novalgintablette sehr gut. Die Schmerzen im Halsbereich waren erträglich ausser wenn ich Husten musste, dies bedeutete noch ein paar Tage Schmerzen, wobei ich selbst keine weiteren Schmerzmittel einnehmen wollte.
Grössere Probleme bekam ich mit meinem Calciumhaushalt. Gleich vom ersten Tag an bekam ich 3 Brausetabletten a 1000 mg täglich, welche aber alleine nicht ausreichten. Ich hatte davon Kreislaufprobleme, ein fibrieren in Beinen Händen und auch im Gesicht. Am dritten Tag wurde die Dosis sogar auf 6000mg pro Tag erhöht, Rocaltrol 25mycrogr. erhielt ich auch ab diesem Tag.
Ein kleineres Problem war dass ich nicht viel schlafen konnte, ich war einfach nicht müde konnte aber die Zeit mit Fernsehschauen in der Nacht überbrücken, ansonsten störte es mich wenig, da ich auch tagsüber nicht müde war, es brachte mir aber etwas Unverständnis der Schwestern ein, vor allem weil ich Schlaftabletten ablehnte.

Am Donnerstag Abend gegen 18:30 kam dann ein Arzt auf mein Zimmer und sagte er hätte eine gute und eine schlechte Nachricht für mich.
Die gute Nachricht war, dass ich für die Radiojodtherapie Thyrogen bekommen kann, so dass ich nicht erst lange in die Unterfunktion mit all seinen Nachteilen fahren muss.
Die schlechte Nachricht war, dass ich zwar am nächsten Morgen dass Khs Neuperlach verlassen kann, leider aber nicht nach Hause, sondern ins Klinikum Maria Theresia musste wo ich um 8:30 in der Früh erneut operiert werden sollte. Von den 8 herausgenommenen Lymphknoten waren ebenfalls 3 bösartig. Etwas eigenartig war die Frage warum ich so betroffen schaue. Als sehr positiv sah ich die Begründung für die Verlegung, als mir erleutert wurde, dass sie in dieser kleinen Klinik auf solche Operationen spezialisiert seien und so die Operation dort viel sicherer ist.
Bezeichnung war übrigens Papilläres Schilddrüsencarzinom pT3, pN1a (3/8), G1, R0

Am nächsten Tag wurde mir dann weitere Lymphknoten links und rechts des Halses entnommen.
Hier kam heraus, das ein tumorfreier Lymphknoten von fibroadipösen Weichgewebe umgeben war mit fokal chronisch granulierender Entzündung, ein weiterer nur mit fibroadipösem Weichgewebe umlagert war. Eine kleine Lymphknotenmetastase eines papillären Schilddrüsencarcinoms wurde entdeckt. 6 tumorfreie Lymphknoten mit ausgeprägter resorptiv histiozytärer Reaktion und Siderose und weitere 4 tumorfreie Lymphknoten mit ausgeprägter Siderose davon einer nekrotisch mit granulozytärer Abräumentzündung. Diese Werte entnehme ich nur dem Histologiebericht und weiss ehrlich gesagt nicht viel damit anzufangen. Von dieser Op hatte ich anfangs ordendliche Nackenschmerzen, die aber am nächsten Tag wieder weg waren. Ansonsten ging meine Schlaflosigkeit mit ansonsten relativ Beschwerdenfrei weiter
Die Behandlung von den Pflegern und Ärzten beider Krankenhäuser empfand ich übrigens als gut.
Mittwochs wurde ich dann aus dem Krankenhaus auf eigenen Wunsch entlassen.
Meine Frau fragte mich da noch im Khs was eigendlich mit rechten Auge los sei, es sähe aus als ob ich einen Schlag daraufbekommen hätte. Ich betrachtete es daraufhin im Spiegel und stellte eine kleine Pupillendifferenz fest. Als ich den Arzt daraufhin befragte, erhielt ich zur Antwort, das hätte nichts zu bedeuten, ob ich mir überhaupt sicher sei, dass ich diese kleine Pupillendifferenz nicht schon länger hätte. Er trug es aber immerhin in den Bericht noch mit hinein.
Da mein Calciumhaushalt übrigens immer noch nicht im Griff war, mittlerweile nahm ich jetzt 4000mg Ca pro Tag ein, meldete ich mich Freitags bei meinem Hausarzt der auch meinte es könne schon sein dass ich diese kleine Differenz schon länger hätte. Was mich später sehr verwunderte, worauf ich aber zu diesem Zeitpunkt auch noch nicht achtete, war dass keiner der beiden Ärzte die Pupillenreaktion beurteilten. Auf Empfehlung des Hausarztes machte ich aber doch einen Termin für ein MRT des Kopfes aus.
Am Wochenende war es dann schwülwarm und da stellte ich dann mit einiger Verwunderung fest, das ich vor allem am Kopf nur noch halbseitig schwitzte. Wie mit einem Lineal war mein Kopf halbiert und die rechte Seite komplett trocken.

Im Internet kam ich dann auf das Hornersyndrom, was mir auch durch Selbstests der Pupillenreaktion bestätigt wurde. Nun kam ein Bereich wo ich mit mehreren Ärzten nicht mehr einverstanden war. Mir ging es nie darum Ärzte anzuklagen auf eventuelle Fehler bei der OP, sondern nur darum was ich am besten selbst tun kann. Zuerst ging ich ins Schilddrüsenzentrum vom Khs Neuperlach, nur um ein paar Fragen zu stellen. Ich bekam dort eine ziemlich barsche Antwort einer Ärztin, dass so ein Thema nicht zwischen Tür und Angel behandelt werden kann und ich gefälligst einen Termin auszumachen hätte. Daraufhin machte ich aber einen Termin im Khs Maria Theresia mit meinem Operateur aus. Dessen Antwort war so ungefähr wie wolle ich denn behaupten , dass ich ein Hornersyndrom hätte als Laie, er hätte so etwas noch nie erlebt. Sich Informationen aus dem Internet herauszuholen würde oft zur zu falschen Eigendiagnosen führen. Ich sagte ihm dann dass ich schon einen Termin bei einem Neurologen ausgemacht habe worauf er mich nur bat falls es sich bestätigen sollte, ihm doch Informationen zukommen zu lassen. Für dieses Gespräch habe ich übrigens auch eine saftige Rechnung erhalten. Den MRT Termin habe ich übrigens abgesagt und bin zum Neurologen gegangen, der mit ein paar Untersuchungen auch auf das Ergebniss Hornersyndrom kam für das es aber leider keine Heilungsmöglichkeiten von aussen gibt. Mann kann nur hoffen, dass sich die Nerven selbst wieder erholen. Im übrigen war mir die ganze Zeit klar, dass vor allem durch zwei solcher Operationen im Halsbereich die Schädigung eines Nervens ziemlich gross ist. Bin ja schon froh, dass mein Stimmbandnerv nicht geschädigt wurde, was für mich als Disponent in der Rettungsleitstelle von München zu grösseren Problemen geführt hätte. Übrigens hat sich am Hornersyndrom leider bis heute nicht viel verändert. Das einseitige Schwitzen bzw nichtschwitzen hat fortbestand und das mit dem Auge wurde auch nur leicht besser.

Der nächste Termin der anstand war die Radiojodtherapie, die für mich im Khs Rechts der Isar in München durchgeführt werden sollte. Es war zu diesem Zeitpunkt auch die einzige Klinik die noch Thyrogen zur Verfügung hatte.
Durch Informationen aus diesem Forum hier war ich auch auf Themen wie Behindertenausweiss sowie Anschlussheilbehandlung vorinformiert.
Da ich wusste, dass ich in der Zeit der Behandlung isoliert sein würde rief ich 2 Tage zuvor beim Sozialbüro dieses Krankenhauses an wobei ich den Hinweis erhielt, ich solle dies mit der Stationsärztin besprechen, diese bestelle dann einen Mitarbeiter des Sozialbüros auf die Station, das wäre der übliche Weg.

Am 15.Juni meldete ich mich auf der Station 8/0 , da ich dann sowieso auf die Stationsärztin hätte warten müssen konnte ich gleich zur Anmeldung gehen und mich für den stationären Aufenthalt ab dem nächsten Tag anmelden. Es ist sehr empfehlenswert, dies so zu machen, da ich für die Formalitäten erst mal fast eine Stunde Wartezeit hatte bis ich drankam. Da man aber eine Wartenummer zieht konnte ich diese Zeit bequem in der Cafeteria absitzen. Anschließend ging es auch auf der Station recht schnell. Ein kurzes Gespräch mit der Ärztin , dann die Thyrogenspritze in den Oberarmmuskel und schon konnte ich nach Hause.
Am nächsten Morgen war ich um 9:00Uhr in der früh wieder da und wurde ruhig und freundlich empfangen. Ich erhielt recht bald die zweite Thyrogenspritze in den anderen Oberarm und hatte dann mein ausführliches Gespräch mit der Stationsärztin. Hier kam jetzt aber ein wichtiger Punkt, sie meinte dass mir aufgrund der Thyrogenspritze und da ich ja deshalb wieder gesund aus der Klinik herausgehen würde mir weder ein Behindertenausweiss noch eine Anschlussheilbehandlung zustehen würden. Ich hatte da keine Lust mit ihr zu diskuttieren und da ich wusste, dass ich noch Zeit nach dem Klinikaufenthalt habe dies anzufordern lies ich es erst einmal dabei.
Um 16:30 schluckte ich dann meine erste Testkapsel. Sie befand sich in einem Röhrchen und durfte nicht berührt werden sondern musste über das Röhrchen geschluckt werden. Ein Schluck Wasser war hinterher genehmigt, ansonsten sollte man aber noch eine Stunde nüchtern bleiben.
Zum Glück bereitete mir diese Kapsel relativ geringe Probleme. Am nächsten Morgen fanden dann ein paar Untersuchungen wie z. B. Ein Ganzkörperszintigramm statt. Mittags gegen 14:45 bekam ich dann 3 Radiojodampullen zu schlucken (5657MBq I-131). Zuvor war mir noch einmal erklärt worden, dass ich meine Situation durch regelmäßige Spülungen mit reinem Zitronensaft, einnahme von sauren Bonbons und viel Trinken meine Situation wesentlich verbessern kann, das ganze sollte auch beginnen eine halbe Stunde nach Einnehmen der Kapseln. Der Zitronensaft sollte übrigens nicht geschluckt werden um den Magen zu schonen. Die Klinik stellte mir Salbeibonbons zur Verfügung, ich war aber froh, dass ich eigene sauere Drops mitgenommen zu hatte. Zusätzlich bekam ich Kühlpäckchen um eine Schwellung des Halses zu vermeiden. Auch diese Kapseln habe ich recht gut verkraftet ohne nennenswerte Beschwerden zu bekommen.
Um hier einmal positives zu vermerken, die Behandlung vom Klinikpersonal war nicht zu beanstanden, das Essen war gut, man hatte immer die Wahl zwischen verschiedenen Gerichten und auch die Menge konnte man selbst bestimmen, Fernseher wurde zur Verfügung gestellt, wie auch eine Wireless lan Verbindung die gut funktionierte.
Erster negativer Punkt war, hat eigendlich nichts direkt mit der Behandlung zu tun, dass ich mir am 4. Tag im Krankenhaus einen Norovirus eingefangen hatte. Auf die Bemerkung dass ich den ja auch mitgebracht haben könnte, fiel mir erst mal nichts mehr ein. Aber auch den hatte ich in 2 Tagen durchgestanden. Nicht so schön war mein Entlassungstag. Es wurden morgens noch einmal Strahlenmessungen gemacht, die zu diesem Zeitpunkt nach Aussagen noch grenzwertig waren. Das Pflegepersonal wurde schon ungeduldig, wann mein Zimmer für den nächsten Patienten frei wird, aber Informationen bekam ich ansonsten keine. Erst um 15:30 bekam ich zu hören, dass ich auf jeden Fall noch an diesem Tag entlassen werde (der Norovirus hat sich erst am Morgen nach meiner Entlassung bestätigt) aber noch eine Ganzkörperscintigraphie gemacht werden muss. Diese dauerte diesmal 1,5 Stunden und ich empfand sie (obwohl man eigendlich nur ruhig in der Röhre liegt) als ganz schön anstrengend. Gegen 17:45 konnte ich dann nach Hause gehen.

Ich informierte mich erst mal in diesem Forum über meine Rechte in Bezug auf Anschlussheilbehandlung und Behindertenausweiss, zog mir dann noch eine Zweite Meinung hinzu von der Krebshilfe und mit deren Hilfe konnte ich dann über den Sozialdienst des Krankenhauses alles nötige dazu in die Wege leiten. Lustig fand ich später nur die Aussage des Sozialdienstes, dass sie sich wundert, warum eigendlich so wenige die Anschlussheilbehandlung beantragen. Wenn mann die Zeit aufwendet und mit Hilfe des guten sd-krebs forums auf die Möglichkeiten aufmerksam gemacht wird, aber vom Arzt die Aussage bekommt, dass einem dies eigendlich nicht zusteht, dann braucht man sich nicht wundern, wenn nur wenige den Weiterweg bestreiten.
Ansonsten gab es hier keine Schwierigkeiten mehr, ganz im Gegenteil, mir wurde sehr gut mit den nötigen Formularen geholfen, Ich bekam die ASH in Isny im Allgäu (wurde dann sogar auf 4 Wochen verlängert) und auch das mit dem Schwerbehindertenausweis funktionierte problemlos.

Von der Anschlussheilbehandlung kann ich eigendlich fast nur positives berichten. Mir taten diese 4 Wochen sehr gut. Ich bekam ein Rahmenprogramm, dass ich aber stark durch zusätzliche verschiedene Gymnastikarten und andere Aktivitäten ergänzen konnte. Auch die Reduktionskost bekam mir sehr gut. Einzig der Punkt dass es eben eine Krebsklinik war und es doch einem grossen Teil der Patienten wesentlich schlechter ging als mir war nicht so schön. Es gab einige Patienten die ich für ihren Tatdrang und ihren Mut bewundert habe, aber leider auch ein paar, die durch ihre Situation in ein ganz schön tiefes Loch gerissen wurden. Mann darf sich da auf keinen Fall mitreissen lassen.
Mein grösstes Problem war immer noch der Calciumhaushalt. Ich nahm immer noch 3000mg Ca pro Tag zu mir, was mir zu hoch erschien. Auf meine Anfrage bei einem Arzt wollte mir dieser Erklären, dass meine Befürchtung über eine mögliche Schädigung der Niere auf Dauer sei völlig unbegründet, da ja mein Blut offensichtlich das Ca nicht aufnehmen kann und folglich das überzählige Calcium über den Darm ausgeschieden wird. Ich konnte über diese Erklärung nur den Kopf schütteln.

Dieses Problem scheine ich erst jetzt Ende Oktober in den Griff zu bekommen, nachdem ich die Rocaltrolmenge bis auf 75myg am Tag erhöht habe. Bei der letzten Blutuntersuchung waren endlich einmal alle meine Blutwerte im Normbereich.

Frustierend könnte hierbei höchstens sein, jetzt wo es endlich so weit ist das ich normale Werte habe muss ich ab 7. November das Thyoxin absetzen, da ich für meine zweite RJ Diagnostik kein Thyrogen erhalten kann. Ich hoffe aber dass ich auch diese Schilddrüsenunterfunktion relativ gut verkrafte und bei der Diagnostik Anfang Dezember im Krankenhaus Rechts der Isar in München nichts negatives mehr herauskommt.

Mir wurde übrigens zur Vorbbereitung empfohlen ab 7. November Thyroxin abzusetzen, dann von 14. 11. bis 20. 11. Tybon 20mycrogramm 2 mal täglich und dann weiter keine Schilddrüsenmedikamente zu nehmen.