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Antwort auf: Gegen Senkung der Festbeträge für Schilddrüsenhormone

| Beitrags-ID: 360303

Hallo,

hier nun unsere Pressemitteilung gegen die Senkung der Festbeträge bei Schilddrüsenhormonen:

Pressemitteilung

Berlin, 06.05.2014

Gegen die Senkung der Festbeträge bei Schilddrüsenhormonen

Die Festbeträge für Schilddrüsenhormone (Levothyroxin-Natrium) wurden zum 1. April auf das Preisniveau von Herstellern gesenkt, die im vergangenen Jahr keine zuverlässige Lieferung ihrer Schilddrüsenhormonpräparate gewährleisten konnten.

Diese Ausfälle hatten zum Teil erhebliche Auswirkungen auf die Lebensqualität von Schilddrüsenpatienten und dürften sicherlich auch zu erheblichen Mehrkosten für die Krankenkassen geführt haben, welche beim Blick allein auf die Arzneimittelkosten für Schilddrüsenhormonpräparate nicht berücksichtigt werden.

Wir fordern den GKV-Spitzenverband auf, bei der Festlegung der Festbeträge nur die Hersteller zu berücksichtigen, die die sichere Lieferung der Schilddrüsenhormone in der Vergangenheit auch gewährleisten konnten.

Mit freundlichen Grüßen

Jan de Vries
(Bundesvorsitzender)

Ansprechpartner für Rückfragen:
Harald Rimmele
(Bundesgeschäftsführer)

Anlage:

  • Hintergrund – Informationen
  • TFI Resolution: Thyroid replacement hormones need to be available in small dosages. The quality, stability and availability of the medication must be guaranteed (Leiden, September 2013) PDF

Hintergrund – Informationen:

Krankheitsbild

Schilddrüsenerkrankungen sind aufgrund jodarmer Böden in Deutschland eine Volkskrankheit. Schilddrüsenkrebs ist jedoch eine seltene Erkrankung. In Deutschland fanden 2010 ca. 90.000 Schilddrüsenoperationen statt. Ein Großteil dieser Operationen erfolgte, u. a. um Knoten in der Schilddrüse bezüglich eines Krebsverdachtes abzuklären. Vielfach leider auch mit unzureichender Diagnostik vor einer Schilddrüsenoperation. Lediglich 5.870 der Operationen wurden letztlich wegen eines Schilddrüsenkarzinoms durchgeführt. In Deutschland kommt eine Schilddrüsenoperation auf 750 Einwohner, in den USA liegt das Verhältnis bei einer Schilddrüsenoperation zu 4.900 Einwohnern .

Schilddrüsenkrebs hat ein breites Altersspektrum vom Kind bis zum Greis. Er ist in den meisten Fällen gut therapierbar. Die Therapie geschieht in der Regel durch die Entfernung der Schilddrüse durch eine Operation und durch eine anschließende Radiojodtherapie (RJT) in einer isolierten nuklearmedizinischen Station (Ablation).

Eine lebenslange Einnahme von Schilddrüsenhormonen ist bei allen Total-Operierten notwendig. Wie viel Schilddrüsenhormone der einzelne Patient braucht, hängt von vielen Faktoren ab. Die Blutwerte müssen dabei je nach Grunderkrankung entsprechend in den Referenzwerten liegen.

Innerhalb dieser Referenzwerte gibt es dann noch die je individuelle Wohlfühldosis, schon kleinste Veränderungen in der Dosis, können hier die Lebensqualität erhöhen bzw. verschlechtern. Die Einstellung mit Schilddrüsenhormonen ist zum Teil recht langwierig, da eine Kontrolle der Blutwerte nach einer Dosisänderung bzw. Präparatwechsel frühestens nach 6-8 Wochen sinnvoll ist. Bis sich die Lebensqualität verbessert, braucht es oftmals noch viel mehr Zeit und vor allem Geduld der Patienten.

Probleme einer falschen Dosierung sind vielfältig und nicht immer eindeutig zuzuordnen. Die schwerwiegendsten Probleme sind u. a.: Herzrasen, Bluthochdruck, Abgeschlagenheit, Antriebsarmut, Kraftlosigkeit, Konzentrationsprobleme, Nervosität und innere Unruhe, Gewichtszunahme, …

Levothyroxin-Natrium (Schilddrüsenhormon) Präparate und Lebensqualität

Präparate von Levothyroxin-Natrium besitzen zum Teil erhebliche Unterschiede in der Bioverfügbarkeit. Ein Präparatwechsel muss daher 6-8 Wochen danach mit Blutuntersuchungen kontrolliert werden (die wesentlich teurer sind, als die eingesparten Summen) .

Außerdem kann es bei gut eingestellten Patienten durch den Präparatwechsel zu einer schleichenden Verschlechterung der Lebensqualität führen, die – wenn dies nicht mit dem Präparatwechsel in Verbindung gebracht wird, weil dies zum Teil erst Wochen später auftritt – zu weiteren Arztbesuchen führt.

Aus diesem Grund sollten mit Schilddrüsenhormonen gut eingestellte Patienten keinen Präparat-wechsel vollziehen.

Im vergangen Jahr gab es vielfach Engpässe bei den Schilddrüsenhormonpräparaten von Hexal und Merck . Schilddrüsenpatienten waren daher genötigt auf ein anderes Präparat zu wechseln, und damit zu weiteren Arztbesuchen, verbunden mit eventueller Anpassung der Schilddrüsenhormondosis.

Abgesehen davon, dass mit der Lebensqualität von Schilddrüsenpatienten hier willkürlich verfahren wird, entstehen durch diese Lieferschwierigkeiten erhebliche Zusatzkosten für die Krankenkassen.

Unser Bundesverband hat daher zusammen mit anderen internationalen Selbsthilfeorganisationen im September 2013 eine Resolution beschlossen, welche u. a. die Krankenkassen auffordert, in der Preisfindung vor allem auch die Lieferverlässlichkeit der Hersteller von Schilddrüsenhormonen zu berücksichtigen . Ein Anreiz zur Sicherstellung der Lieferfähigkeit wären z. B. auch entsprechend höhere Vertragsstrafen bei Lieferschwierigkeiten.

Diese Resolution wurde im März 2013 auch durch unsere Mitgliederversammlung fast einstimmig unterstützt.

Mit der Absenkung der Festbeträge wird die Liefersicherheit für Levothyroxin-Präparate aber eher noch mehr als bisher gefährdet.

Die Firma Sanofi-Henning hat nun angekündigt, dass sie die Senkung des Festbetrages auf die Preise des Herstellers Hexal (Hexal und Merck hatten letztes Jahr die Lieferschwierigkeiten) nicht mitmachen und einen entsprechend höheren Preis fordern wird.

Auf Patienten, die mit dem Schilddrüsenhormonpräparat von Henning eingestellt sind, kommen so pro Packung Mehrkosten in Höhe zwischen 0,14 Euro und 0,62 Euro zu. Diese Beträge mögen für die meisten Patienten nicht weiter problematisch sein, zu befürchten ist jedoch, dass manche Patienten dennoch dann zu einem Präparat wechseln, ohne jedoch die Blutwerte nach 6-8 Wochen erneut durch den Arzt kontrollieren zu lassen, weil sie sich der möglichen Konsequenzen eines Präparatewechsels nicht bewusst sind.

Zu befürchten ist zudem, dass der weitere Preisdruck auf die Schilddrüsenhormone zu weiteren Einsparungen im Produktionsprozess führt, so dass auch in Zukunft mit vermehrten Lieferausfällen zu rechnen ist.

Bundesverband Schilddrüsenkrebs – Ohne Schilddrüse leben e.V.

Unser Bundesverband Schilddrüsenkrebs – Ohne Schilddrüse leben e.V. setzt sich für die Informationsbedürfnisse und Interessen von Schilddrüsenpatienten, insbesondere von Schilddrüsenkrebspatienten ein.

Wir sind 1999 aus einer Patienteninitiative im Internet entstanden und werden seit 2007 durch die Deutsche Krebshilfe großzügig unterstützt. Seit 2007 nehmen wir auch keine Spenden von Unternehmen der pharmazeutischen Industrie mehr entgegen.

Wir unterstützen die Leitsätze zur Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen der BAG SELBSTHILFE – für die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen im Gesundheitswesen insbesondere mit Unternehmen der pharmazeutischen Industrie. Wir haben die Selbstverpflichtungserklärung der Initiative Transparente Zivilgesellschaft unterzeichnet.

Pressemitteilung 6.5.2014 als PDF

Die Pressemitteilung wurde an den Bundesgesundheitsminister, an den Patientenbeauftragen, an die Vorsitzende des GKV-Spitzenverbandes, an die Vorsitzenden des G-BA, an die Mitglieder des Fachausschusses „Verträge und Versorgung“ der GKV (dieses Gremium ist Zuständig für die Festlegung der Festbeträge), an die zuständigen Referate im Bundesgesundheitsministerium, an die Mitglieder des Ausschusses für Gesundheit im Bundestag sowie einschlägige Medien versandt.

Viele Grüße
Harald