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Antwort auf: Phase-III-Studie: Lenvatinib -wenig-differenzierten SD-Krebs

| Beitrags-ID: 341760

Hallo,

die Zulassung von Lenvatinib durch die EMA ist ja am 30.5.2015 erfolgt (siehe Beitrag darüber).

Nun gibt es auch erste Daten vom amerikanischen Krebskongress ASCO (29.5. – 2.6.2015), dass bei Lenvatinib erstmals bei einem Tyrosinkinase-Inhibitor (TKI) beim wenig-differenzierten Schilddrüsenkrebs auch eine Verlängerung des Gesamtüberlebens gezeigt werden konnte.

Die bisherigen Zulassungsstudien von TKIs beim medullären Schilddrüsenkrebs (Vandetanib und Cabozantinib) und wenig-differenzierten Schilddrüsenkrebs (Sorafenib) konnten bisher nur zeigen, dass das „Progressions freie Überleben“ (Progression free survival = PFS) durch den jeweiligen TKI verlängert wurde.
Ob diese Messung der Größe und des Wachstums der Tumore (PFS) jedoch für die Lebensqualität und für ein längeres Leben der Patienten auch wirklich von Bedeutung ist, ist in der modernen Evindez-basierten Medizin sehr umstritten.
Es werden vielmehr direkte Patientenrelevante Endpunkte in den Studien gefordert, wie die Verlängerung des Gesamtüberleben oder der schmerzfreien Zeit (siehe: FAQ-Hilfe: EBM – Was sind patientenrelevante Endpunkte?).

Beim Gesamtüberleben („overall survival“ = OS) konnte dieser Nachweis in den oben aufgeführten Studien statistisch noch nicht erbracht werden, weil u.a. die Patienten im Placebo-Arm nach Progress den jeweiligen TKI bekommen haben („Cross-Over“ Studiendesign) oder mehr als die Hälfte der Patienten noch am Leben ist. (Bei Cabozantinib war keine Cross-Over möglich; da die Patienten jedoch bei weiterem Progress aus der Studie ausscheiden, und andere TKI-Therapien erhalten (sogenannte Salvage-Therapie), ist auch hier bislang kein Nachweis gelungen).

Das PFS sollte daher immer mit Endpunkten einhergehen, die für die Patienten von Bedeutung sind (z.B. Gesamtüberleben oder wie z.B. der schmerzfreien Zeit bei Vandetanib).

    Anmerkung: Da die Patienten in den Studien genauso lange leben, wenn sie zu einem späteren Zeitpunkt den TKI bekommen, stellt sich für uns immer auch die Frage, wann ist der ideale Zeitpunkt mit einer TKI-Therapie zu beginnen, da mit der TKI-Therapie zugleich immer eine Einschränkung der Lebensqualität stattfindet, durch die Nebenwirkungen der TKI (siehe Links über die Forums-Gruppe: Tyrosinkinase-Inhibitoren (TKI)).

In der Zulassungsstudie von Lenvatinib konnte nun erstmals in einer Subgruppe gezeigt werden, dass die Verlängerung des PFS auch zu einer Verlängerung des OS führt.

Im einzelnen:

Ausgangspunkt ist, dass eine Verlängerung des PFS für alle Patientengruppe in der Zulassungsstudie von Lenvatinib („SELECT“) gezeigt werden konnte. Statistisch ließ sich jedoch kein OS nachweisen, u.a. weil 83 % in der Placebogruppe nach einem Progress auch Lenvatinib bekam und über die Hälfte der Patienten der Studie glücklicherweise noch leben. Lediglich bei den älteren Patienten im Placebo-Arm ist mehr als die Hälfte der Studienteilnehmer am Schilddrüsenkrebs verstorben.

In der nun vorgestellten Analyse wurde folgende Subgruppen untersucht:

  • Region
  • Vorbehandlung mit einem TKI, der auch VEGF zum Ziel hat (Lenvatinib ist auch ein VEGF-Inibitor)
  • Alter der Patienten ( ≤ 65 vs >65)

Das PFS wurde bei jüngeren Patienten im Lenvatinib-Arm von 20,2 Monate vs. 3,2 Monate verlängert. Bei älteren Patienten war im Lenvatinib-Arm des PFS bei 16,7 Monate vs. 3,7 Monate im Placebo-Arm.

Es konnte festgestellt werden, dass ältere Patienten im Placebo-Arm ein schlechteres Gesamtüberleben als jüngere Patienten im Placebo-Arm haben.
Bei älteren Patienten im Lenvatinib-Arm hingegen war das Gesamtüberleben gleich wie bei jüngeren Patienten.
Weitere Co-Einflussfaktoren konnten nicht festgestellt werden.
Die Ärzte um Marcia S. Brose ziehen daher den Schluss, dass bei älteren Patienten mit einer Lenvatinib-Therapie das Leben verlängert wird, und diese Zeit dann gleich ist wie bei jüngeren Patienten.
Aufgrund dieser Daten hält Brose den Einwand, dass Lenvatinib bei gebrechlichen, älteren Patienten nicht eingesetzt werden soll, für nicht gerechtfertigt, vielmehr sollten sie mit Lenvatinib behandelt werden, weil sie bereits gebrechlich sind.

Weitere Ergebnisse waren, dass bei älteren Patienten, wenn sie Lenvatinib bekamen, früher wie bei jüngere Patienten die Dosis von Lenvatinib reduziert werden musste aufgrund der Nebenwirkungen (Bluthochdruck, Proteinurie, verminderter Appetit, Durchfall, Schwäche und Müdigkeit). Wobei bei Patienten, die ursprünglich Placebo bekamen, statistisch signifikant häufiger ältere Patienten gegenüber jüngeren die Behandlung ganz abbrachen.

    Anmerkung:
    Mit dem Nachweis, dass das Gesamtüberleben bei älteren Patienten durch die Behandlung mit TKI verlängert werden kann, ist ein wichtiger Schritt in Richtung patientenrelevanter Endpunkt in dieser Studie aufgezeigt worden.
    Angesichts der Nebenwirkungen, der Reduzierung der Dosis und des Abbruchs der Behandlung Aufgrund der Nebenwirkungen, muss es unser Ziel als Patienten sein, dass in diesen Studien gleichermaßen auch immer patientenrelevante Endpunkte erfasst werden.

Quellen:

Viele Grüße
Harald


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