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BeateMitglieder-Beirat SD-Krebs 2000 (pap. + foll.)

Antwort auf: Merck ändert die Zusammensetzung von Levothyrox (Frankreich)

| Beitrags-ID: 378556

Hallo,

ich wollte schon lange eine kurze Zusammenfassung der Situation in Frankreich schreiben – aber wir haben im frz Forum und Verein so viel um die Ohren mit diesem „Levothyrox-Skandal“, dass ich bisher nicht dazu gekommen bin!

Für alle, die französisch beherrschen, hier der Link zur letzten „Presse-Übersicht“ : Levothyrox NF : Revue de presse

Hier eine Übersicht aller Briefe, Pressemitteilungen usw unseres Vereins:
Levothyrox NF : les actions et courriers de VST

Es ist (wie Hansjörg schrieb) wirklich so, dass Merck normalerweise beabsichtigt, nach der Einführung in Frankreich in naher Zukunft die neue Formel (unter dem Namen Euthyrox bzw Eutirox) auch in den anderen Ländern auf den Markt zu bringen. Ursprünglich wollten sie damit Ende 2017 beginnen, und bis Ende 2018 überall umgestellt haben.

Aber durch die entstandene Unruhe in Frankreich, mit den vielen Presseberichten, scheinen sie jetzt erstmal abzuwarten, ob sich die Lage beruhigt (zumal die anderen Länder ja auch von den Problemen gehört haben, und nicht besonders erpicht darauf sind, umzustellen, auch wenn die neue Formel offiziell dermassen viel „besser“ und „stabiler“ sein soll …)

Im Moment gibt Merck kein Datum für die Einführung in den anderen Ländern an. Aber man kann davon ausgehen, dass sie sicher im Laufe von 2018 damit zumindestens beginnen werden?

Es bleiben aber noch einige Fragen zu klären, denn die Probleme in Frankreich werfen eine Menge Fragen auf. Da es seit Anfang des Jahres ein spezielles Portal des Gesundheitsministeriums gibt, wo Patienten selber ihre Nebenwirkungen melden können, sind für die neue Formel viele Meldungen eingegangen (Mitte September waren es bereits 16.000, von denen erst 5000 ausgewertet wurden), und die Auswertung der ersten Fälle zeigt, dass es nicht nur Patienten gibt, die durch die Formeländerung in Überfunktion geraten (was bei einer „stabileren“ Formel ja durchaus der Fall sein kann), sondern etwa genauso viele, die dadurch unterdosiert sind (vermutlich absorbieren sie aufgrund der anderen Zusammensetzung das Hormon nicht genauso gut?) – in beiden Fällen hilft meist eine leichte Anpassung der Dosis.

Aber was bisher KEINE Erklärung findet, ist die Tatsache, dass bei den bereits ausgewerteten Meldungen immerhin 44% einen vollkommen NORMALEN TSH-WERT behalten haben – aber trotzdem jede Menge, teils starke, Symptome aufweisen? Und bei diesen Patienten hilft ja keine Dosis-Anpassung … bisher hatten sie keine Alternativen, seit Oktober gibt es (wenn auch sehr schwierig zu bekommen) entweder die alte Formel oder aber L-Thyroxin Henning von Sanofi (was aber eventuell auch eine Dosis-Anpassung erfordert). In den kommenden Wochen soll auch noch ein Generikum kommen (aus Griechenland).

Aber da es sehr schwierig oder unmôglich ist, diese Alternativen zu bekommen, bestellen viele Patienten per Post bei Apotheken in Deutschland, oder fahren über die Grenze nach Spanien oder Italien … wirklich eine unmögliche Situation.

Mehrere Hundert Patienten haben Anzeige erstattet, gegen Merck, und/oder gegen die Arzneimittelbehörde – dies wird zwar nicht unbedingt Erfolg haben und eine Verurteilung erzielen, bringt aber zumindest eine Menge Medien-Aufmerksamkeit.

Die Behörden setzen vor allem auf den Faktor Zeit … und hoffen, dass sich die Patienten an das neue Medikament gewöhnen, dass die Vereine irgendwann durch die viele Polemik und die nur schleppend erfolgenden Antworten so erschöpft sind, dass sie aufhören, sich zu beschweren … offiziell werden sie ja auch vorgeladen, dürfen an Kommissionen im Ministerium und Anhörungen im Parlament teilnehmen, aber das dient eher als „Alibi“, damit sie sagen können, „wir haben die Patienten befragt“ (aber ohne auf unsere Anfragen und Anmerkungen zu reagieren …)

Es ist alles sehr anstrengend und vor allem sehr frustrierend.

In anderen Ländern, insbesondere in Deutschland, wird eine eventuelle zukünftige Formeländerung sicher weniger Auswirkungen haben, schon, weil viel weniger Patienten betroffen sind (und weil es Alternativen gibt) – in Frankreich gab es zum Zeitpunkt der Umstellung NUR Levothyrox (99% des Marktes, 3 Millionen Patienten), in Deutschland gibt es insgesamt 12 verschiedene Präparate, Euthyrox hat hier nur ca. 15%, L-Thyroxin Henning hat 32%, der Rest verteilt sich auf 10 Generika. Und auch in den anderen europäischen Ländern gibt es mehrere Präparate, wenn auch nicht ganz so viele.

So, das war der neueste Bericht zur Lage in Frankreich …

Im französischen Forum haben wir extra ein Unterforum „Crise du Levothyrox“ einrichten müssen, so viele Diskussionen und Fragen gibt es zu diesem Thema : https://www.forum-thyroide.net/phpBB/viewforum.php?f=86

Viele Grüsse,

Beate
www.forum-thyroide.net

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