Achtung

Ratschläge auf der Website können keinen Arztbesuch ersetzen
Okay

Studie zum Nutzen der RiT bei low-risk Patienten

| Beitrags-ID: 254906

Studie zum Nutzen der Radioiodtherapien (RiT) bei low-risk Patienten

Radioiodtherapien (RiT) werden seit mehreren Jahrzehnten in der Therapie des differenzierten (papillär, follikulär,…) Schilddrüsenkrebses angewandt.

Mit der Radioiodtherapie verfolgt man dabei drei Ziele:

  1. Entfernung von gesundem Schilddrüsenrestgewebe nach der Schilddrüsenoperation, um die Stadienbestimmung zum Beginn der Erkrankung (=initiale Staging) zu verbessern und um in der Nachsorge, das Wiederauftreten des Krebs (=Rezidive), leichter über die Radio-iod-Diagnostik (RiD) und/oder Tg-Wert erkennen zu können (einfachere Nachsorge).
  2. Als adjuvante Therapie, um das Risiko für ein Rezidiv zu verringern und um das Gesamtüberleben zu verbessern, in dem vermutete, aber nicht nachgewiesene Metastasen zerstört werden.
  3. therapeutische Radioiodtherapie um (nachgewiesene) Metastasen Mithilfe des radioaktiven Iods zu entdecken und zu zerstören bzw. sie einer weiteren Therapie (Operation; äußere Bestrahlung) zuzuführen.

Mit Ausnahme der therapeutischen RiT wird der mögliche Nutzen der RiT nach einer Operation zur Entfernung des Schilddrüsenrestgewebes seit einigen Jahren jedoch vermehrt angezweifelt. Da die erste RiT vor allem zur Entfernung des gesunden Schilddrüsenrestgewebes dient, wird sie auch als Ablation (=Entfernung eines Organs) bezeichnet, um sie von der therapeutischen RiT zu unterscheiden.

Die Zweifel an der ablativen RiT beruhen zum einen darauf, dass der Nutzen „Verhinderung von Rezidiven“ bislang nur durch retrospektive Auswertungen von Registern und nur bei Zeiträumen über 10 Jahre nachgewiesen werden konnte. Bei solchen retrospektiven Auswertungen von Registern besteht jedoch immer die Gefahr, dass zum Beispiel hier bei der Entscheidung RiT ja oder nein, noch eine Vielzahl anderer Faktoren Einfluss hatten, so dass ein Vergleich dieser Patientengruppen mit großer Vorsicht zu betrachten ist. Solche Einflüsse kann man nur ausschließen, wenn man Patienten zufällig einer Gruppe zu ordnet (Randomisierung).

Diesem fraglichen Nutzen der RiT steht ein tatsächlicher Schaden für die Patienten sowie höhere Risiken für einen Zweit-Krebs durch die höhere Strahlenbelastung gegenüber:

Die amerikanischen Schilddrüsenärzte Organisation American Thyroid Association (ATA) empfiehlt daher bereits in ihrer Leitlinie im Jahr 2009 uneingeschränkt die RiT nur noch bei Patienten mit Fernmetastasen oder bei Patienten mit einem großen Primärtumor (T3 und T4) (siehe FAQ: Sinn und Nutzen einer RiT nach OP (ATA 2009)).

Mit dieser Studie an den Universitätskliniken Würzburg und Essen versucht man nun prospektiv mit einer Interventionsstudie, den möglichen Nutzen einer RiT bei Schilddrüsenkrebspatienten zu untersuchen.

Hierzu werden Patienten, bei denen die Diagnose papilläres bzw. follikuläres (inklusive Hürthle-Zell)) Schilddrüsenkarzinom neu gestellt wird und die bereits eine totale Schilddrüsenoperation hinter sich haben, per Zufall in zwei Gruppen/zwei Studienarme zugeordnet. (siehe Diagramm).

Die Vergleichsstudienarm (Studienarm 2) erhält eine RiT mit Iod-131 und einer Standardaktivität von 3,7 GBq, sowie es bislang in Deutschland entsprechend der Verfahrensanweisung der Deutschen Gesellschaft für Nuklearmedizin gehandhabt wird (siehe DGN-Verfahrensanweisung 2007) . Die Vorbereitung zur RiT erfolgt entweder mit zwei Spitzen rhTSH (0,9 mg) oder durch Weglassen der Schilddrüsenhormone über 4-5 Wochen (Schilddrüsenunterfunktion mit dem Ziel einen TSH-Wert von > 30 mU/l zu erreichen).

Im eigentlichen Studienarm (Studienarm 1) erhalten zunächst alle Patienten eine Iod-124-PET-Bildgebung und Dosimetrie.

Mit der I-124-PET-Bildegebung und Dosimetrie können Metastasen des Schilddrüsenkarzinoms entdeckt werden. Nur wenn außerhalb des Schilddrüsenbettes eine I-124-Speicherung gesehen wird (Metastasen), erfolgt eine Radioiodtherapie. Wenn nur im Schilddrüsenbett eine I-124-Speicherung zu sehen ist, erfolgt bei den Low-Risk-Patienten keine Radioiod-Restschilddrüsenablation (entsprechend der ATA-Leitlinie 2009).

Patienten im ersten Studienarm wird dadurch also keine Therapie vorenthalten, wo der Nutzen sicher nachgewiesen ist (therapeutische Radiojobtherapie), zu dem erhalten sie dann eine I-131 RiT, deren Aktivität (Dosis) entweder eine Standartaktivität ist oder mit Hilfe der I-124 PET berechnet wurde.

Beim ersten primären Studienziel werden die Patientengruppen bezüglich der Strahlenbelastung nach ca. 18 Monaten nach der Schilddrüsenoperation miteinander verglichen.

Weitere so genannte sekundäre Studienziele sind Morbidität (u.a. Auftreten von Rezidiven) und Mortalität sowie die Lebensqualität.

Die Lebensqualität wird mit dem standardisierten Fragebogen SF-36 erhoben, zum Zeitpunkt der Diagnose, und alle 4-6 Monate bis ca. 18 Monate nach der Schilddrüsenoperation.

Es wird u.a. festgestellt, wie viele Patienten im Studienarm mit I-124 keine RiT benötigen (Die Schätzungen reichen von 30 % bis zu 89 %).

Ferner wird der TG-Wert betrachtet bezüglich seiner prognostischen Bedeutung in der Nachsorge untersucht.

Bei den sekundären Studienendpunkten werden zu dem Daten nach 3 und nach 10 (!!) Jahren erhoben. Insgesamt müssen 352 Patienten in die Studie aufgenommen werden, damit man sicher die Daten von 316 Patienten statistisch auswerten kann (Statistische Power 80% für die Nicht-Unterlegenheit eines Studienarms bei diesem sekundären Endpunkt.)

Die einzelnen Endpunkte werden durch Ärzte ausgewertet, die nicht wissen in welchem Studienarm der jeweilige Patient war (verblindete Endpunktanalyse; PROBE-Design = prospective, randomized, open-label, blinded endpoint).

Eine I-124-PET kann in Deutschland nur an den beiden Universitätskliniken Essen und Würzburg durchgeführt werden, da diese über ein Zyklotron zur Herstellung von I-124 verfügen. Die Rekrutierung von Patienten begann im Mai 2015.

Die Studie ist auf clinicaltrials.gov unter NCT01704586 registriert.

Sie wird von der Universität Würzburg und von der Deutschen Krebshilfe finanziell unterstützt.

Leiter der Studie ist Prof. Dr. Peter Schneider von der Nuklearmedizinischen Klinik der Universität Würzburg.
Ansprechpartner in Essen ist Prof. Dr. Rainer Görges und PD Dr. Sandra Rosenbaum-Krumme von der Klinik für Nuklearmedizin des Universitätsklinikums Essen.

Die Studie hat den Namen „Clinical Evaluation of 124I-PET/CT Based Remnant Radioiodine Ablation Decision Concept in Differentiated Thyroid Cancer using PROBE Design“, Kürzel CLERAD-PROBE ( CLERAD PROBE )


zurück zu:
1 Nutzer*in hat sich für diesen Beitrag bedankt.