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BeateMitglieder-Beirat SD-Krebs 2000 (pap. + foll.)

Internationale Zusammenarbeit: Schmetterlinge ohne Grenzen

| Beitrags-ID: 258848

Internationale Zusammenarbeit

Schmetterlinge ohne Grenzen: Extrem bereichernd!
[Dieser Beitrag erschien auch in gekürzter Form in unserem www.sd-krebs.de – OFFLINE, Nr. 21, Dezember 2018]

Ich stamme aus Hamburg, bin aber schon 1978 meinem späteren (und immer-noch) Mann nach Südfrankreich gefolgt und habe dort weiter studiert. Seither arbeite ich halbtags als Übersetzerin. Wir haben drei Töchter.

Als 1999 bei einer Routine-Ultraschalluntersuchung Knoten gefunden wurden, hatte ich noch keine Ahnung von der Schilddrüse und wozu sie gut ist. Im französischen Internet gab es damals noch keinerlei für Patient*innen verständliche Informationen, Gesundheitsportale usw. Als ich mich auf meine Zweisprachigkeit besann und auf Deutsch nach „Schilddrüse + Knoten“ suchte, fand ich das wenige Monate zuvor von Harald Rimmele gegründete Forum „Ohne Schilddrüse leben?!“ (Zur Entstehungsgeschichte von ‚Ohne Schilddrüse leben?!‘), las mir die etwa 445 bereits vorhandenen Beiträge durch, und stellte rasch meine erste Frage: „Neuling (Frankreich), Schilddrüsenknoten – was nun?“ ich wurde sehr nett aufgenommen, und die Möglichkeit, mich mit anderen Betroffenen direkt austauschen zu können, die mir von ihren Erfahrungen mit Operation, Radiojod usw. berichteten und vor allem auch viel Mut machten, hat mir enorm geholfen, mich auf die bevorstehende Operation vorzubereiten und die wenige Tage später überbrachte Diagnose „Krebs“ relativ gelassen aufzunehmen … denn ich war ja bereits seelisch vorbereitet, und vor allem (extrem wichtig!) kannte ich bereits andere Betroffene, die dieses bereits überstanden hatten und denen es wieder gut ging!

Während der einige Wochen später durchgeführten Radiojodtherapie (damals, im Jahr 2000, in tiefer Unterfunktion, mit 8 Tagen Krankenhausaufenthalt und 5 Tagen Isolierung – all dies hat sich ja im Laufe der letzten Jahre enorm verbessert) reifte dann die Idee (auch im Gespräch mit meinen Ärzt*innen, die überrascht waren, wie gut ich mich – dank Forum – auskannte und wie gut ich mit der Diagnose klar kam), ein ähnliches Forum für französische Patient*innen auf die Beine zu stellen. Mit Haralds technischer Unterstützung passte ich die Texte an, und am 12. Oktober 2000 ging das Forum „Vivre sans Thyroïde“ online.

    Da es in Frankreich damals keine anderen Seiten zum Thema Schilddrüse gab, fanden sich hier neben Patient*innen mit Knoten oder Krebs, die eine OP vor oder bereits hinter sich hatten, rasch auch andere Krankheitsbilder wieder: Über- oder Unterfunktion, Kinder ohne Schilddrüse … Ziel des Forums war und ist, verständliche, verlässliche und möglichst aktuelle Informationen zum Thema Schilddrüse zu liefern sowie Patienten den Erfahrungsaustausch mit anderen Betroffenen zu ermöglichen. 2007 wurde der Verein „Vivre sans Thyroïde“ gegründet.

    Hauptaktivität ist nach wie vor die Betreuung des Online-Forums, mit mehr als 20.000 registrierten Benutzer*innen. Vivre sans Thyroïde hat auch eine Facebook-Seite und eine Facebook-Gruppe, einen YouTube-Account mit z. B. Videos von Vorträgen für Patient*innen, Interviews usw., und einen Twitter-Account.

Da mich internationale Zusammenarbeit und Austausch schon immer sehr interessiert haben, ist der französische Verein 2003 dem internationalen Dachverband Thyroid Federation International (TFI) beigetreten: 1x jährlich treffen sich die Vertreter von Patientenvereinigungen aus aller Welt, tauschen Erfahrungen aus, nehmen am europäischen Schilddrüsenkongress der European Thyroid Association (ETA) teil und kommunizieren mit Ärzt*innen. Den Rest des Jahres tauschen wir uns per Mail und Telefonkonferenzen aus. Es ist extrem interessant, zu sehen, welche unterschiedlichen Probleme Patient*innen in verschiedenen Ländern haben, was ähnlich läuft und was komplett anders ist – dieser Austausch gibt viele Anregungen und ist sehr bereichernd.

Mein Krebs ist schon lange geheilt, ich bin mit meinen Medikamenten gut eingestellt, und es geht mir gut – hierbei hilft mir unter anderem der Sport (zunächst ziemlich unsportlich, habe ich begonnen, mit Vereinslogo und Schmetterlingsflügeln bei diversen Benefiz-Läufen mitzulaufen, und inzwischen richtig Spaß daran bekommen!).


Beate auf dem Ohne Schilddrüse lauf 2014 in Travemünde

Ohne Forum und Vereinsarbeit würde ich – bis auf die morgendliche Tabletteneinnahme – sicher überhaupt nicht mehr an meine verflossene Schilddrüse denken! Aber der Austausch mit anderen, die vielen nicht nur virtuellen, sondern auch sehr reellen Freundschaften, das Wissen, mit meiner Erfahrung anderen Betroffenen helfen und sie ermutigen zu können, sind extrem bereichernd … so hat sich im Endeffekt die negative Erfahrung „Krankheit/Krebs“ in etwas Positives verwandelt.