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PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 247226

Presseinformation: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

Hallo,

wir haben heute eine Presseinformation zum Off-Label-Use von Sorafenib beim fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom herausgegeben.

Hier als PDF

Presseinformation

Rationierung von Medikamenten in Deutschland

MDK besteht auf veralteter Behandlung zum Nachteil der Patienten

Empfehlungen von Experten in Leitlinien werden ignoriert

Sorafenib (= ein Tyrosinkinase-Inhibitor) im Off-Label-Use beim fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom

Der nicht-mehr-jod-speichernde Schilddrüsenkrebs ist eine sehr seltene Krebserkrankung. Für dieses fortgeschrittene Schilddrüsen­karzinom gibt es bislang keine Standardtherapie.

Es gibt zwar eine Zulassung der Behandlung mit Doxorubicin (einem Chemotherapeutikum), die Aussichten, durch die Behandlung den Krebs aufzuhalten, sind jedoch sehr gering und stehen in keinem guten Verhältnis zu den auftretenden Nebenwirkungen.

Die Einschätzungen und Empfehlungen von ausgewiesenen Experten zum fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom sind daher in der vorangehenden Version (2006) und in der aktuellen Version (2009) der maßgeblichen Leitlinien der interdisiziplinären American Thyroid Association (ATA) eindeutig und unmissverständlich:

Patienten sollen möglichst in Studien mit Tyrosinkinase-Inhibitoren untergebracht werden. Die Empfehlung geht in der aktuellen Version sogar weiter und empfiehlt die Behandlung mit Tyrosinkinase-Inhibitoren immer auch dann, wenn Patienten nicht in Studien untergebracht werden können.

Im Original:
Revised American Thyroid Association Management Guidelines for Patients with Thyroid Nodules and Differentiated Thyroid Cancer
The American Thyroid Association (ATA) Guidelines Taskforce on Thyroid Nodules and Differentiated Thyroid Cancer
in: THYROID, Volume 19, Number 11, 2009

„RECOMMENDATION 59
(b) Referral for participation in clinical trials should be considered for patients with progressive or symptomatic metastatic disease. For those patients who do not participate in clinical trials, treatment with tyrosinekinase inhibitors should be considered. Recommendation rating: B“

Diese Empfehlung beruht nicht allein auf Expertenmeinungen (Empfehlungsgrad C), sondern auf der Abwägung der Studienlage zu Chemotherapien mit Doxorubicin und den Phase-II-Studien zu den Tyrosinkinase-Inhibitoren. Daher hat diese Empfehlung den Empfehlungsgrad B.

(Der höchste Empfehlungsgrad A wird gegeben, wenn mehrere gut durchgeführte Studien mit hoher Evidenz vorliegen.)

Die Studienlage, die seinerzeit zur Zulassung von Doxorubicin führte, wird also von den Experten schlechter beurteilt als die Datenlage der vorliegenden Phase-II-Studien zu den Tyrosinkinase-Inhibitoren. Die Nebenwirkungen der Doxrubizin-Behandlung werden in keinem gutem Verhältnis zu einer äußerst geringen Wahrscheinlichkeit, dass der Verlauf der Krankheit positiv beeinflusst wird, gesehen.

In Deutschland findet nun erstmals auch eine größere internationale Studie (Phase-III) mit einem Tyrosinkinase-Inhibitor (Sorafenib) beim wenig-differenzierten Schilddrüsenkarzinom statt.

Nicht alle Patienten können jedoch in diese Studie aufgenommen werden, weil sie zuvor z.B. bereits an einem Mammakarzinom erkrankt waren. Für diese Patienten kommt dann nur der Off-Label-Use in Betracht.

(Off-Label-Use bedeutet, dass ein Medikament eine Zulassung für eine bestimmte Erkrankung hat und nun bei einer anderen Krankheit eingesetzt wird. Die Kostenübernahme muss durch die Krankenkassen bewilligt werden.)

Dieser Off-Label-Use sollte nach unserer Ansicht, dann möglichst auch an bzw. im Kontakt zu einer Klinik durchgeführt werden, an der auch die Studie durchgeführt wird, also einem ausgewiesenen Zentrum, damit Patienten die bestmögliche Behandlung erhalten.

Alle Voraussetzungen für einen Off-Label-Use nach dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts (6.12.2005) sind erfüllt:

  1. Es handelt sich um eine lebensbedrohende Erkrankung und es geht darum, möglichst lange die Lebensqualität zu erhalten.
  2. Es steht keine allgemein anerkannte, dem derzeitigen medizinischen Standard entsprechende Therapie zur Verfügung (Qualität der Studienlage zu Doxorubizin ist geringer als die zu den Phase-II-Studien der Tyrosinkinase-Inhibitoren).
  3. Es besteht eine auf Indizien (Phase-II-Studien der Tyrosinkinase-Inhibitoren) beruhende Aussicht, den Krankheitsverlauf positiv zu beeinflussen.

Der MDK und seine Gutachten:

Der MDK soll den Krankenkassen mit Expertenwissen helfen, damit die Patienten die bestmögliche Therapie nach dem derzeitigen Wissenstand bekommen und eine preiswerte Versorgung, um die Kosten für die Gemeinschaft der Versicherten gering zu halten.

All die oben genannten medizinischen Fakten werden durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Niedersachsen und im Lande Bremen in einem aktuellen Fall bei einer Schildrüsenkrebspatientin ignoriert. Die beiden vorliegenden Gutachten des MDK beinhalten zum Teil gravierende Fehler, die für jedermann ersichtlich offenlegen, dass keinerlei Expertenwissen zur Behandlung des Schilddrüsenkarzinoms beim MDK vorliegt. (Z.B. werden vom MDK Antikörpertherapien erwähnt, welche beim Schilddrüsenkarzinom keine Rolle spielen).

Obgleich eine Behandlung mit Doxorubizin die Lebensqualität dieser schwerkranken Krebspatientin unnötig beeinträchtigt, besteht der MDK darauf, dass vor einem Off-Label-Use zuerst eine Behandlung mit Doxorubizin erfolgt, weil hierfür eine alte Zulassung existiert.
Um diesen Standpunkt medizinisch zu begründen werden die ATA-Leitlinien in einer sehr eigenwilligen Weise vom MDK zitiert: Erörterungen über die Doxorubizin-Therapien in den Leitlinien, die zur obigen Empfehlung der ATA-Experten für die Therapie mit Tyrosinkinase-Inhibitoren führten, werden zur Empfehlung vom MDK umgedeutet.

Da Sorafenib sehr teuer in der Behandlung ist, lässt dies für uns nur den Schluss zu, dass hier vor allem Kosten für die Krankenkassen vermieden werden sollen, das Wohl der Patientin jedoch von untergeordneter Bedeutung ist.

(Sorafenib hat eine Zulassung für die Behandlung des fortgeschrittenen Nierenzellkarzinoms und ist sehr teuer, da für patentgeschützte Medikamente die pharmazeutische Industrie in Deutschland die Preise frei bestimmen darf.)

Wir fordern:

  1. die BARMER GEK und den MDK Niedersachsen auf, dass sie den Empfehlungen von ausgewiesenen Experten zur Behandlung des Schilddrüsen­karzinoms folgen.
    (Auf ein Protestschreiben unseres Vereins an die BARMER GEK vom 7.5.2010 mit Bitte um Antwort haben wir bis heute keine Reaktion erhalten.)
  2. die Bundesregierung auf, dass die freie Preisbildung für Medikamente durch die pharmazeutische Industrie eingeschränkt wird und es europaweit zu einer Angleichung der Preise kommt, damit in Zukunft solche Rationierungen von Medikamenten zu Lasten der Patienten vermieden werden.
    (siehe dazu auch die Initiative des Europaparlaments und die Äußerung des Vizechefs der CDU/CSU-Gruppe im Europaparlament Dr. Peter Liesen im Tagesspiegel vom 23.5.2010)

Zu unserer Selbsthilfe-Vereinigung:

Unsere bundesweite Selbsthilfeorganisation verfolgt sehr genau die internationale und interdisziplinäre Diskussion zur Behandlung des fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinoms.

Wir werden von der Deutschen Krebshilfe gefördert und nehmen keinerlei finanzielle Mittel von Pharmaunternehmen an.

Wir unterstützen die Leitsätze der Bundesarbeitsgemeinschaft BAG SELBSTHILFE für die Zusammenarbeit mit Wirtschaftsunternehmen im Gesundheitswesen, insbesondere mit Unternehmen der pharmazeutischen Industrie.

Unser Verein setzt sich seit mehreren Jahren dafür ein, dass die Therapie des nicht-jod-speichernden Schilddrüsenkarzinoms in Zentren geschieht. Wir verbinden damit die Hoffnung, dass sich durch diese Zentren und mit Hilfe von größer angelegten Studien die Therapien verbessern.

Da es sich beim nicht-jod-speichernden Schilddrüsenkrebs um eine sehr seltene Erkrankung handelt, gibt es nur wenige Unikliniken in Deutschland, die man als Zentrum für diese Erkrankung bezeichnen kann: Die Unikliniken Essen und Würzburg sind hier für uns an erster Stelle zu nennen, da sie sich seit Jahren mit einer Vielzahl von kleineren Studien für die Therapie des fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinoms engagieren.

Unsere Selbsthilfegruppe hat erst vor kurzem wieder ein Mitglied verloren, dem gleichfalls zunächst Sorafenib verweigert wurde, und an dem erst eine wenig erfolgversprechende Chemotherapie mit Doxorubizin durchgeführt wurde.

Hier noch weitere Links zum Thema bei uns im Selbsthilfe-Forum:

Viele Grüße
Harald

Antwort auf: PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 330980

Hallo,

auf ein Schreiben von uns an den Patientenbeauftragten, haben wir eine nicht sehr befriedigende Antwort bekommen.

Die Patientin wird auf den Klageweg verwiesen:
Antwort des Patientenbeauftragten Wolfgang Zöller vom 14. Juni 2010

Viele Grüße
Harald

Maria2
Moderator
pap. Karzinom pT3 tall-cell-Variante

Antwort auf: PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 330981

Hallo Harald,

ich würde aus dem Schreiben rauslesen: Er würde gern, will sich da aber nicht einmischen.
Aber vielleicht fragen die ja trotzdem mal (unter der Hand) bei der Kasse nach, wer weiß?
Denn das Schreiben ist recht ausführlich, also befasst haben die sich damit scheinbar immerhin schon.

Gruß
Maria

GeriVerstorben 2008: follikulärer Schilddrüsenkrebs T3 †1.12.11

Antwort auf: PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 330982

Hallo,

na super, wenn’s bei mir mal soweit ist brauch ich den Klageweg gar nicht in Betracht zu ziehen. Diese Zeit hat doch meistens keiner mehr…….

Gruß
Geri

AlbaLeitungsteam SHG Magdeburg pap. SD-Ca., foll. Variante, pT2, 2002

Antwort auf: PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 330983

Eben, Geri,
deshalb finde ich das Ganze auch eher zynisch.

Grüße von Alba

Antwort auf: PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 330984

Hallo,

ein kleiner Zwischenbericht:

Auf Vermittlung von der BAG Selbsthilfe (der ich auch unsere Presseinformaiton zu kommen lies), prüfen die Referentin der Patietenvertreter im Gemeinsamen Bundesausschuss nun, ob es Sinn macht, dieses Problem in Expertengruppen Off-Label – beim BfArM zu bringen.

Für Patienten, die jetzt das Medikamnt brauchen, drüfte dies jedoch auch wieder zu spät kommen.

Es gibt übrigens die Möglichkeit eines Eilverfahrens (=einstweiliges Rechtsschutzverfahren),
siehe RichterRechtsanwälte: Off-Labe Use von Medikamenten.

Es brauche hierzu allerdings auch ein in diesen Fragen erfahrenen Rechtsanwalt.

Viele Grüße
Harald

PS: Wir wollten übrigens Mitglied in der BAG Selbsthilfe werden, so bald wir 250 Vereins-Mitglieder haben.
Zur Zeit haben wir 226 Vereins-Mitglieder

(siehe Projekt: 250 Vereinsmitglieder. )

Maria2
Moderator
pap. Karzinom pT3 tall-cell-Variante

Antwort auf: PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 330985

Hallo Harald,

226? Stockt zur Zeit wieder ein bisschen, hm?
Ist halt auch manchmal ein Problem, als kleiner Verein was zu erreichen, vor allem im Vergleich zu den Mitgliederzahlen, die beispielsweise Brustkrebs-Selbsthilfegruppen haben.
BAG-Selbsthilfe, waren das die, wo wir gesagt haben: erst mal abwarten, weil der Beitrag recht hoch ist (verglichen mit unserer Größe)?
Trotzdem wieder mal ein Fortschritt, immerhin beschäftigen die sich jetzt damit.

Gruß
Maria

Als Fördermitglied kannst du schon mit 5 € im Jahr unserem Verein sehr helfen!
Gemeinsam sind wir stärker!!!

Antwort auf: PM: Sorafenib im Off-Label-Use beim Schilddrüsenkarzinom

| Beitrags-ID: 330986

Hallo,

für die : Sorafenib – Phase-III-Studie beim wenig-differenzierten Schilddrüsenkrebs liegt nun ein von Bayer und der Ethikkommission genehmigter Ankündigungstext vor:
Schreiben für die Rekrutierung (8.7.2010)

In diesem Zusammenhang, mit dem Problem des Off-Label-Use ist die Begrüdnung von großem Interesse, warum die Studie eine Placebokontrollierte ist:

Da sich bekannte Chemotherapien als wenig wirksam erwiesen haben, gibt es z. Zt. keine anerkannte Behandlung für diese Erkrankung.
….
Da es keine anerkannte wirksame Behandlung gibt, werden Patienten, die mit Sorafenib
behandelt werden, mit Patienten verglichen, die ein Placebo (Tabletten ohne Wirkstoff)
erhalten.

Werde nochmals an MDK und Barmer schreiben und an deren Gewissen appellieren.

Viele Grüße
Harald

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