Achtung

Ratschläge auf der Website können keinen Arztbesuch ersetzen
Okay

Phase-III-Studie: Apatinib beim Radioiod-refraktären Schilddrüsenkrebs (REALITY) (Yansong Lin 2021)

Phase-III-Studie

Diese Studie ist nur für Patient*innen von Interesse, deren zuvor iod-speichernder differenzierter Schilddrüsenkrebs (DTC) nicht mehr auf eine Radioiodtherapie (RIT) anspricht, dem radioiod-refraktären differenzierten Schilddrüsenkrebs (RR-DTC).

siehe auch: Welcher Schilddrüsenkrebs? Welche Therapie?

Publikation

Apatinib vs Placebo in Patients With Locally Advanced or Metastatic, Radioactive Iodine–Refractory Differentiated Thyroid Cancer
The REALITY Randomized Clinical Trial
Autor*innen: Yansong Lin, et. al.
JAMA Oncology, Online 16. Dezember 16, 2021
doi:10.1001/jamaoncol.2021.6268

Studiendesign

Diese Studie wurde in Peking und Nanjing, Jiangsu, China an 21 Standorten durchgeführt und auf ClinicalTrial.gov registriert: NCT03048877
Es handelt sich um eine randomisierte, doppelt-verblindete, placebo-controllierte Phase-III-Studie.
In der Zeit von 2017 bis 2. März 2020 wurden 92 Patient*innen in die Studie eingeschlossen. Geplant waren nach ClinicalTrial.gov der Einschluss von 118 Patient*innen.

Der Datenschnitt für diese Publikation wurde am 25. März 2020 gemacht.
Die Patient*innen wurden je zur Hälfte per Zufall einem Studienarm zugeordnet. Die einen bekamen 500 mg pro Tag Apatinib und die anderen ein Placebo.

Die Patient*innen durften zuvor einen anderen TKI erhalten haben, jedoch nicht einen Monat vor dem Einschluss in die Studien.

Primäres Studienziel war wie bei den anderen Phase-III-Studien beim radioiod-refraktären Schilddrüsenkrebs das Progressionsfreie Überleben (Progression free survival = PFS), also die Zeit zwischen Studienaufnahme bis zu jenem Zeitpunkt, wann ein weiterer Progress/Wachstum der Metastasen diagnostiziert wurde.

Ergebnisse

Die mittlere Beobachtungszeit zum Datenschnitt am 25. März 2020 war 18,1 (12,7-22,2) Monate.

Es zeigte sich, dass das Progressionsfreie Überleben (PFS) im Vergleich zu Placebo deutlich verlängert war:

  • Apatinib: PFS = 22,2 Monate (die Spanne reicht von 10,91 Monaten, und das Ende ist noch nicht erreicht, da eine Reihe von Patient*innen unter Apatinib weithin eine stabile Erkrankung haben); Zum Vergleich bei Lenvatinib wares es 18,3 Monate; siehe Forenthema: Phase-III-Studie: Lenvatinib -wenig-differenzierten SD-Krebs)
  • Placebo: PFS = 4,5 (die Spanne reichte von 1,94 bis 9,17 Monaten); Zum Vergleich in der Phase-III-Studie zu Lenvatinib waren es 3,6 Monate (hier zeigt sich, dass die Patient*innen in der Lenvatinib Studie ein etwas fortgeschrittenere Erkrankung zu Studienbeginn hatten).
  • 12 Monate PFS hatten 60,3% der Patient*innen mit Apatinib und 12,4% mit Placebo
  • 24 Monate PFS hatten 37,2% der Patient*innen mit Apatinib und 4,1% mit Placebo

Bislang konnte keine Phase-III-Studie beim RR-DTC zeigen, dass das Progressions-freie Überleben (PFS) auch zu einer Verlängerung des Gesamtüberlebens (overall suvival =OS) führt, da durch das Studiendesign (Cross-over) oder durch weitere Therapien mit anderen TKI nach Studienende keine Aussage möglich war. Auch in dieser Studie war es den Patient*innen mit Placebo möglich, wenn eine Progress eintrat (erstes Studienziel), dann open-label Apatinib zu bekommen (Cross-over).

  • Apatinib: OS; Der mittlere Wert konnte nicht ermittelt werden, da mehr als die Hälfte der Patient*innen noch am Leben ist. Die untere Wert bei der Spanne beginnt bei 26,25 Monaten (dies ist der Zeitpunkt als der erste Patient*in in diesem Studienarm verstorben ist).
  • Placebo: OS = der mittlere Wert beträgt hier bei 29,9 Monaten; der untere Wert liegt bei 18,96 Monaten; der obere Wert ist hier auch noch nicht erreicht, da auch hier noch ein paar Patient*innen am Leben sind.

Die Hazard Ratio beim OS beträgt 0,42; Die Hazard Ratio ist nur ein deskriptive Beschreibung und gibt ein relatives Risiko wieder. Das bedeutet, die Patient*innen, die Apatanib bekamen, haben ein um den Faktor 0,42 geringeres Sterberisiko, als die Patient*innen, welche nur ein Placebo bekamen. Allerdings ist anzumerken, dass dieser Unterschied noch nicht statistisch signifikant ist (es kann also auch Zufall sein).

Die Nebenwirkungen von Apatinib (Grad 3 und schwerer) sind wie bei den anderen TKI (mit Ausnahme der selektiven Inhibitoren bei RET-Fusionen und NTRK-Fusionen):

Bei zu starken Nebenwirkungen wurde die Dosis von Apatinib reduziert auf 250 mg täglich. Während bei den Patient*innen, welche von Beginn an Apatinib bekamen, keine Dosisreduktion vorgenommen wurde, und keiner die Therapie abgebrochen hat, haben Patient*innen, die zuerst Placebo bekommen haben, und dann nach Progress Apatinib bei 13 von 35 (37,1%) die Dosis reduziert wurde, und 2 (5,7%) Patient*innen die Behandlung mit Apatinib abrachen.
Kein Patient starb durch die Therapie mit Apatinib.

Diskussion

In der Diskussion vergleichen die Autor*innen der Studie, die Ergebnisse mit den Phase-III-Studien von Sorafenib und Lenvatinib

Die Verlängerung des progressionsfreien Überlebens (im Vergleich zur Placebo-Gruppe):

Wobei in einer Studie an chinesischen Patient*innen zu Lenvatinib das PFS um 20,2 Monate verlängert wurde (Gao M 2020; doi:10.1016/j.annonc.2020.10.413)

Dass die Studie nur in China durchgeführt wurde, wird von den Autor*innen ebenso als Limitation angesehen, als auch dass nur mit Placebo verglichen wurde, da zum Zeitpunkt der Durchführung der Studie Sorafenib und Lenvatinib in China nicht zur Verfügung standen. Auch wurden keine Biomarker und genetische Veränderung in der Studie erhoben.

Schlussfolgerung

Für die Klinik sehen die Autor*innen in Apatinib ein neue Therapieoption.

Kommentar / Einschätzung

Es bleibt abzuwarten, wann Apatinib in der EU zugelassen wird und auf den Markt kommt. In der Nutzenbewertung werden dann diese Ergebnisse noch genauer betrachtet werden.


Autor: | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Zentren | Letzte Aktualisierung: 29.12.2021 von Harald W-Nummer: 409371

Einfach erklärt

Für wen ist dieser Beitrag von Interesse?

Diese Beitrag ist nur für Schilddrüsenkrebspatient*innen von Bedeutung, die einen fortgeschrittenen nicht-jod-speichernden differenzierten Schilddrüsenkrebs haben, und deren Zellen kein Jod mehr in der Radiojodtherapie (RJT) speichern, und darum auch radioiod-refraktärer differenzierter Schilddrüsenkrebs (RR-DTC) genannt wird.

Einfach erklärt:

Kap. 3.2. Schilddrüsenkrebs unserer Broschüre:
Knoten der Schilddrüse und ihre Behandlung
Beobachten oder behandeln/operieren?


Autor: | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Zentren | Letzte Aktualisierung: 29.12.2021 von Harald W-Nummer: 409371

Übersichten


Autor: | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Zentren | Letzte Aktualisierung: 29.12.2021 von Harald W-Nummer: 409371