Achtung

Ratschläge auf der Website können keinen Arztbesuch ersetzen
Okay
InSeNSU
Moderator
Basedow, Hypoparathyreoidismus

Antwort auf: Forschungsschiff Polarstern zurück

| Beitrags-ID: 389600

Hallo Hector,

wie Recht du hast, damit, dass jeder Einzelne mitmachen muss, wenn wir etwas erreichen wollen!

Von 1980-1995 habe ich bei der Bremer Verbraucherzentrale gearbeitet, die meiste Zeit als Umweltberaterin. Dann fiel meine Stelle Mittelkürzungen zum Opfer.

Wir haben schon damals viele Themen beackert, z. B. Müllvermeidung (der Grüne Punkt wurde eingeführt), Luftverschmutzung (Asbest, Auto, Ozon, FCKW- Ersatz, etc.) und Chemie im Haushalt (Wasch- und Putzmittel, Formaldehyd, PCP in Leder, u.v.a.). Aber der Fehler war: Nur mit Informationen motiviert man Verbraucher kaum. Der Alltagsbezug muss deutlich und erlebbar gemacht werden. Eine meiner Ideen, die damals an den immer viel zu knappen verfügbaren Geldmitteln scheiterte, war eine Ausstellung mit einem „Kaufhaus“, in dem man zu jedem gekauften Gegenstand ein Zusatzgewicht für Resourcenverbrauch und Umweltbelastung mit in den Einkaufswagen packen muss. Inzwischen haben Umweltverbände diese Idee in diversen Varianten umgesetzt. Aber es bewegte sich schon damals alles viel zu langsam in die richtige Richtung, zumal wie gesagt die entsprechenden Institutionen wie Verbraucher- und Umweltverbände zu wenig öffentliche Unterstützung bekamen.

Übrigens: Als nun – geweckt durch Greta mit FFF und Klimaerwärmungsfolgen, die man schon am eigenen Leib erleben kann, endlich wieder Bewegung in das ganze Thema kam (vielleicht auch, weil man mit Umwelttechnik inzwischen viel Geld verdienen kann…), bin ich zur ersten Bremerhavener Freitagsdemo dabeigewesen, zusammen mit den AWI-Kollegen (Scientists for Future entstand). -Und es war ebenfalls ein besonderes Erlebnis.

Als ich sah, wie die Kiddies da mit ihren Pappschildern in Bewegung waren und ihren Protest laut herausriefen, dass sich also endlich wieder mehr bewegt, da kriegte ich plötzlich Tränen in den Augen. Später habe ich von anderen „alten Hasen“ gehört, dass es ihnen ähnlich ging.

Ich weiß inzwischen, dass Menschen zu notwendigen Veränderungen nicht nur über die rationalen Kanäle, Informationen oder Verbote zu bewegen sind. Vorbilder, praktische Beispiele, positives Erleben mit allen Sinnen und emotionale Betroffenheit sind das, was Leute in Bewegung bringt. Die Werbebranche weiß das seit langem, die IT-Konzerne haben das in Form von Touch-Screen-Geräten und entsprechenden Apps umgesetzt. Alle wollen den „Daumen hoch“, und Spielehersteller und Influencer machen gute Geschäfte. Nur die Politik hinkt mit der Umsetzung ihrer (natürlich auch erheblich komplexeren) Ziele irgendwie immer hinterher.

Inzwischen wissen auch immer mehr Politiker Menschen auf emotionaler Basis in Bewegung zu bringen. Leider hauptsächlich die undemokratischen. Um mehr Umweltschutz, Demokratie und soziale Gerechtigkeit mit entsprechend wirksamen Strategien zu verbreiten braucht es wohl noch viel Kreativität und Ausdauer.

Viele Grüße
Frauke

P.S. Antje ist nicht Leiterin der Expedition, das war Markus Rex, aber Antje ist Chefin des AWI und in der Tat auch in Sachen Wissenstransfer an die allgemeine Bevölkerung ausgezeichnet.