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Antwort auf: Homöopathie – Wunderpillen Globuli? Mein (Nicht-)Kommentar

| Beitrags-ID: 302495

Hallo,
um es gleich am Anfang vorwegzuschicken und Missverständnissen vorzubeugen: Ich bin kein Anhänger der Homöopathie und halte sie im großen und Ganzen für wirkungslos aber ungefährlich.

Aus naturwissenschaftlicher Sicht sind homöopathische Medikamente, insbesondere die Hochpotenzen, völliger Humbug, weil spätestens ab einer D30 die Wahrscheinlichkeit, dass sich noch irgendein Teilchen der Ursubstanz im Medikament befindet, gegen Null geht. Erst recht ist bei den C-Potenzen definitv kein Wirkstoff mehr drin.

Die These der Homöopathie, dass beim Potenzierungvorgang Information auf den Medikametenträger übertragen wird, ist, zumindest mit heutigen naturwissenschaftlichen Mitteln, weder beweis- noch widerlegbar in jedem Falle aber höchst unwahrscheinlich. Schon die Tatsache, dass diese Übertragung bei so völlig unterschiedlichen Trägern wie Alkohol und Milchzucker und so unterschiedlichen Potenzierungverfahren wie Verschütteln und Verreiben in quasi gleicher Weise passieren soll, macht diese These extrem suspekt.

Erklärungsversuche, die mit neueren Erkenntnissen der Physik, wie etwa der Möglichkeit Teilchen zu verschränken und damit Information zu übertragen, argumentieren, kranken in der Regel daran, dass die diesen Annahmen zugrundeliegenden physikalischen Gegebenheiten von denen, die so argumentieren, nicht verstanden worden sind.

Soweit die Naturwissenschaft.

Warum viele Menschen dennoch überzeugt sind, von der Homöopathie profitiert zu haben, ist mit Ursache-Wirkungs-Beziehungen im klassisch/maturwissenschaftlichen Sinne nicht nachvollziehbar. Dass solche Überzeugungen existieren ist aber eben nun mal nicht zu verleugnen.
Mir selbst leuchtet am ehesten der Einfluss der Psyche ein, insbesondere dann, wenn die Verordnung von einem homöopathischen Arzt erfolgte, da dieser Verordnung in der Regel ein sehr intensives Arzt-Patientengespräch vorausgeht, welches für sich schon eine Heilwirkung haben kann.
Andere Mechanismen leuchten mir nicht ein, ich kann sie aber im streng naturwissenschaftliche Sinne auch nicht widerlegen (das etwas nicht beweisbar ist, heißt nicht, dass es deshalb widerlegt ist). Positive Wirkungen von pauschalen Empfehlungen, wie Arnica C200 in diesem oder jenem Fall generell anzuwenden, werden eigentlich immer auf den Glauben an die Wirkung zurückzuführen sein, da eine solche Empfehlung der homöopathischen Arbeitsweise völlig widerspricht, der ja gerade die individuelle Arzneifindung als eine der wichtigsten Regeln zugrunde liegt.

Worin auch immer die von den Patienten empfundenen positiven Wirkungen begründet sein mögen, gerade für den rational denkenden und an der Schulmedizin orientierten Menschen dürfte die Anwendung homöopathischer Zubereitungen durch Andere kein Problem und auch keine Gefahr darstellen, da sie ja für ihn definitionsgemäß wirkungslos und somit auch ungefährlich sind, solange dadurch nicht andere notwendige Behandlungen unterbleiben. Kein wirklich verantwortungsvoller Homöopath wird eine fortgeschrittene bakterielle Infektion mit Globuli behandeln und von einer schulmedizinisch indizierten Behandlung mit Antibiotika abraten. Einige Heilpraktiker tun dies leider schon. Und da ist selbstverständlich Vorsicht angebracht .

Insofern macht es keinen Sinn, die Homöopathie in Bausch und Bogen zu verdammen oder auch lächerlich zu machen, weil man sich dadurch der Gefahr aussetzt, als jemand zu gelten, der sowieso grundsätzlich alle alternativen Methoden von vornherein ablehnt und mit Vorurteilen behaftet ist.

Für wichtiger und richtiger halte ich, zu differenzieren und vor allem auf bekannte Gefahren bestimmter Behandlungen und Inkompatiblitäten mit anderen, notwendigen und evidenzbasierten Behandlungen hinzuweisen, wozu hier ja ebenfalls Beiträge (z.B. bzgl. Aprikosenkerne, Artesunate etc.) existieren, die ich für richtig und sehr wichtig halte. Auch der Hinweis, dass schulmedizinisch indizierte Behandlungen in keinem Fall durch alternative Behandlungen ersetzt werden dürfen, ist richtig und wichtig.
Eine generell abwertende und ablehnende Haltung erzeugt jedoch m.E. eher Widerstände und könnte im Einzelfall dazu führen, dass eben diese sehr wichtigen Hinweise und Warnungen nicht mehr ernst genommen werden, was fatal wäre.

Im Zweifel wird jemand, der davon überzeugt ist, von einer homöopathischen Behandlung zu profitieren, tatsächlich von ihr profitieren, aus welchen Gründen auch immer. Solange durch nachgewiesenermaßen harmlose Behandlungen kein Schaden angerichtet wird und keine anderen notwendigen Behandlungen ersetzt werden oder unterbleiben, ist gegen solche Behandlungen m.E. nichts einzuwenden. Ob jemand dafür Geld ausgeben will oder sich oder anderen mit dem Geld lieber andersweitig etwas Gutes tun will, muss man der eigenen Entscheidung eines mündigen Patienten überlassen.

Viele Grüße
Karl

Ich muß mit der Gewohnheit brechen, ehe sie mich gebrochen hat.
G.C.Lichtenberg

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