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polly1975
SD-CA,papillär T2

Antwort auf: Nach SD-Krebs:fühle mich Alltagsaufgaben nicht gewachsen!

| Beitrags-ID: 318096

Liebe Melike2006 und Andere,

es tut mir leid lesen zu müssen, dass es Dir seit Längerem nicht gut geht. Aus meiner eigenen Erfahrung kann ich Dir nur mitteilen, dass auch ich sehr, sehr viel länger gebraucht habe um die alltäglichen Belastungen wieder zu bewältigen….und das, obwohl aus IScht der Ärzte die Werte „ok“ waren udn ich keine „Probleme“ mehr haben dürfte!!!

Ich hoffe Dir – und vielleicht auch anderen ein bisschen Mut zusprechen zu können, dass Du Deinen eigenen Weg und Dein eigenes Tempo finden musst und es auch notwendig sein kann, sich von einigen Erwartungen Anderer zu schützen, indem Du mal öfter „Nein“ sagst, auch zu Dingen, die Du bisher „einfach so“ gemacht hast.
Es/Du braucht/brauchst Geduld und einen neuen Umgang mit dem eigenen Körper, den eigenen Grenzen.
Die können physisch aber auch psychisch verändert sein.

Viele Menschen erfahren/ erleben den Alltag, aber auch diese Erkrankung gar nicht so stark als Belastung. Für Andere hingegen ist es aber so! Uns wird durch diese Erkrankung und die Körperlichen Einschränkungen – zeitweilig oder auch dauerhaft – bewusst, was wir bisher so alles pro Tag geleistet haben und was alles so von Einem verlangt wird im Alltag!

Leider ist es bei einigen Betroffenen so wie Du aus Deiner eigenen Erfahrung schreibst: Die medizinschen Werte sind ok und damit ist es auch für den Arzt ok. Manchmal ist es auch für die Familie/ LebenspartnerIn und den Arbeitgeber dann so, dass sie denken: Ok, sie/er ist wieder da, man sieht ihr/ihm nix an, dann ist er/sie auch wieder voll fit! Du denkst dann nur: „komisch, ich will ja und medizinsch wird ja auch gesagt, es sei alles ok, aber wie soll ich das alles schaffen, ich fühl mich nicht ok!“ ….dann versuchst Du zu „funktionieren“, wie es erwartet wird und wie Du es selbst von dir erwartest und kommst aber an deine Grenzen, die möglicherweise jetzt woanders (niedriger) sind, als zuvor.

Ich glaube dies ist ein Lernprozess, dem sich Jede/r nur selbst stellen kann und der Zeit benötigt. Auch für das persönliche Umfeld ist es ein Lernprozess, denn „sie sehen es Dir nicht an“, und komischerweise wird auf Äußerliches vielmehr wert gelegt, als auf die eigene Aussage.
Gib auch Deinen Mitmenschen die Möglichkeit, sich auf Deine veränderten Grenzen einzustellen. Die meisten meinen es gar nicht böse, sondern gehen davon aus, „es ist alles wieder beim Alten“.

Also Liebe Mileke, Du bist mit all dem,was Du empfindest hier nicht allein. Möglicherweise kann Dir – um Deinen Alltag besser zu bewältigen – einen eigenen, neuen Wege für den Umgang mit alle dem zu finden, was Dich belastet -der Austausch in diesem Forum hier helfen.

Aber auch die Möglichkeit einer psycho-onkologischen oder „nur“ psychologischen Beratung. Bitte schrecke nicht davor zurück. Viele hier – auch ich – haben diese Hilfe für sich in Anspruch genommen!

Auch stellt sich mir die Frage, ob Du in der Reha/ Kur über die Möglichkiet eines Grads des Schwerbehinderung (GdB) aufgeklärt worden bist, auf den Du nach einer Krebsdiagnose „Anspruch“ hast.
Dies kann im beruflichen Umfeld möglicherweise helfen, ist jedoch gut zu überlegen! Einige der Foris hier sehen dies anders und sehen in der Inanspruchnahme des Schwerbehindertenausweises eine Gefahr Ihres Arbeitsplatzes.

Ich kann Dich nur ermutigen, zu einer Beratungsstelle in Deiner Umgebung zu gehen oder auch Kontakt zur Schwerbehindertenvertretung Deines Arbeitgebers aufzunehmen, wenn es Dir im Beruflichen so schwer fällt.

Bezüglich des Nachsorge-Workshops kann ich Dir auf diesem Wege nur mitteilen: So wie es Dir zZ geht, ist (leider) eines von Vielen Beispielen für einen (möglicherweise) vorhandenen Zusammenhang zwischen der SD-Erkrankung, deren Verarbeitung und der schweren „Wiedereingliederung“ in das „normale“ (Berufs)Leben. Viele
langfristige Probleme bei der aktuellen Lebensbewältigung stehen möglicherweise im Zusammenhang mit der SD-Krebserkrankung, die jedoch von vielen behandelnden Fachärzten nicht wahrgenommen oder herabgespielt werden.
Wir werden beim Nachsorge-Workshop an mehreren Stellen inhaltlich auf diese Probleme eingehen, in der Hoffnung für die Zukunft bei den Ärzten eine größere Sensibilisierung zu erreichen und versuchen zusammen mit den Ärzten Konzepte zu erarbeiten, wie eine bessere Berücksichtigung und Wahrnehmung der Patientenbedürfnisse in der Nachsorge ermöglicht werden kann.

Herzliche Grüße,
Polly