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BeateMitglieder-Beirat SD-Krebs 2000 (pap. + foll.)

Antwort auf: Merck ändert die Zusammensetzung von Levothyrox (Frankreich)

| Beitrags-ID: 378672

Hallo,

ich habe schon lange nicht mehr aus Frankreich berichtet – wo die Lage nach wie vor angespannt ist, denn im Herbst will Merck die alte Formel (die ja seit Oktober 2017 parallel zur neuen Formel in beschränktem Umfang nach Frankreich importiert wird, unter dem Namen Euthyrox, für die Patienten, die das neue Levothyrox wirklich nicht vertragen haben) endgültig einstellen, und bis Ende 2020 werden die letzten 22 europäischen Länder, die noch das alte Euthyrox/Eutirox hatten, umgestellt sein (Spanien, wo sich viele französische Patienten mit Eutirox versorgten, hat z.B. am 1. April gewechselt, mitten im Lockdown). Somit müssen in den nächsten Monaten mindestens 100.000 bis 150.000 Patienten das Präparat wechseln, und viele haben grosse Angst davor, weil sie 2017 sehr negative Erfahrungen gemacht haben – auch wenn es inzwischen 5 Alternativen zum Präparat von Merck gibt (damals hatte Merck ja das Monopol, was die ganze Sache so schlimm gemacht hat).

Es sind noch ein paar Gerichtsverfahren am Laufen, mehrere, die versuchen, die alte Formel beizubehalten bzw. zurückzubekommen (vermutlich mit sehr wenig Aussicht auf Erfolg, siehe oben), dann das Strafgerichtsverfahren (das bestimmt mehrere Jahre dauert, unser frz Verein ist hierbei Nebenkläger)

Aber gestern gab es endlich mal eine positive Nachricht: bei der Gruppenklage gegen Merck wegen unzureichender Information (4113 Kläger in 1. Instanz), die in erster Instanz abgelehnt worden war, hat das Berufungsgericht in Lyon gestern den 3229 Patienten, die in Berufung gegangen waren, Recht gegeben: Merck hätte sie nicht ausreichend informiert (z.B. mit einem Aufdruck auf der Schachtel, „geänderte Inhaltsstoffe“, wie sie das in vielen anderen Ländern getan haben), hätte somit einen Fehler begangen… und muss daher jetzt jedem Klâger, wegen dem dadurch erlittenen moralischen Schaden (monatelange Unwissenheit, wodurch die Symptome verursacht wurden, usw) 1000€ zahlen (ursprünglich waren 10.000€ gefordert).

Das ist eine Riesen-Neuigkeit und sehr ermutigend – auch wenn Merck bereits angekündigt hat, wieder in Berufung vor dem Obersten Gerichtshof gehen zu wollen. Aber zum ersten Mal hat die Justiz den Patienten Recht gegeben und anerkannt, dass bunte Rundschreiben, in denen steht „für die Patienten ist keine Änderung zu erwarten“, und eine Änderung der Farbe des Schmetterlings keine „Information“ sind!

Es bleibt spannend, und der Kampf ist noch nicht zu Ende, aber so ein Lichtblick, nach 3 Jahren Stress und mehreren verlorenen Verfahren ist wirklich ein Lichtblick und gibt wieder Auftrieb.

Den ganzen Nachmittag lang stand gestern das Telefon nicht still, diverse Rundfunkinterviews, um 19h musste ich live in den Regionalnachrichten im Fernsehen sprechen (nur 2 Minuten, aber immerhin)…

Hier ein Artikel auf deutsch: https://www.apotheke-adhoc.de/nachrichten/detail/internationales/levothyrox-merck-muss-schadenersatz-zahlen/

Was die Fragen zur Umstellung anbelangt: wenn man sich mit einem Präparat wirklich nicht wohlfühlt, trotz korrekter Werte (wobei man natürlich mindestens 6 Wochen ausharren sollte, damit die Werte aussagekräftig sind), kann man durchaus zu einem anderen Hersteller wechseln – jede Umstellung kann ein bisschen aus dem Gleichgewicht werfen und eine Anpassungszeit und eventuelle Dosisänderung erfordern, aber wirkliche Intoleranzen sind extrem selten, und das Hormon ist in allen Präparaten dasselbe. Wichtig ist, dass man, wenn man einmal gut eingestellt ist, möglichst NICHT wechselt (was in der heutigen Zeit mit den vielen Lieferengpässen leider nicht immer zu vermeiden ist).

Viele Grüsse an alle!

Beate

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