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Julian
Moderator

Antwort auf: Vorgehensweise nach OP: sehr widersprüchlicher Befund: RJT ja/nein?

| Beitrags-ID: 448395

Servus Hanno,

histologisch lassen sich leider nicht immer alle Tumore gut in die „Schubladen“ einteilen. Und für Patienten ist eine solche Situation immer mit einer Unsicherheit verbunden. Wichtig: Es gibt keine richtige oder falsche Entscheidung, einfach weil die Daten für eine solche Situation fehlen. Man könnte intuitiv denken, dass in diesem Graubereich eine RJT eine zweifelhafte zusätzliche „Sicherheit“ biete, allerdings ist das nicht bewiesen.

Die Unklarheit der Pathologen scheint ja eher zu sein, ob ein Risiko auf eine Streuung überhaupt bestand. Und da die Lymphknoten (wäre bei einem papillären CA meist erster Streuungsort) frei waren, ist die Prognose nach der Operation sehr, sehr gut.

Fakt ist: In Deutschland werden im Vergleich zu anderen Ländern, beispielsweise Japan, viel häufiger Radiojodtherapien durchgeführt ohne wesentliche Prognoseverbesserung der Betroffenen. Auf der anderen Seite sind von einer einmaligen RJT keine wesentlichen Folgeprobleme zu erwarten, beispielsweise bezüglich eines Sekundärmalignoms oder Fruchtbarkeit.

Ich hatte zwei RJTs und habe sie nicht als belastend empfunden. Je mehr ich mich mit den Studien aber beschäftigt habe, hätte ich auf die zweite RJT verzichtet.

Ich persönlich würde meiner Partnerin in einer solchen Situation empfehlen auf die RJT verzichten und 6 Monate nach OP (und im Verlauf alle 6-12 Monate) Ultraschall- und Laborkontrollen machen. Hierfür ist Thyreoglobulin (Tg) wichtig, da Tg nach einer Entfernung der Schilddrüse nicht in relevanter Anzahl da sein sollte und daher ein guter Marker für wiederkehrende Schilddrüsenzellen ist.  Vorsicht: Ohne RJT ist der Wert meist höher bzw. noch nachweisbar, das muss kein schlechtes Zeichen sein – auf den Verlauf kommt es an. Dazu bestimmt man in der Regel Tg-Antikörper (Tg-AK), da diese manche Laborverfahren beeinflussen können und bei einer Steigerung ebenfalls ein Auseinandersetzen des Körpers mit Schilddrüsenzellen nachweisen können.

Wäre der Tumor 0,1mm kleiner, wäre die Datenlage deutlich klarer bezüglich eines abwartenden Verhaltens – nur mal zur Einschätzung. Solltet ihr euch mit einer RJT aber sicherer und wohler fühlen, dann kann und darf man das in einer solchen Situation auch.

Liebe Grüße

Julian

P.S.: Sehe ich das richtig, dass TSH auf über 3 mIU/l (=µIU/ml) liegt? Auch bei einem niedrig-malignen Karzinom wäre man eher strenger, die Amerikaner beispielsweise bei <0,5mIU/l. Also ggf. nach Rücksprache L-Thyroxin erhöhen.

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