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Antwort auf: Studie: TSH Level vor Ablation mit Radiojod (Vrachimis 2016)

| Beitrags-ID: 369653

Hallo Heidi,

danke, für den Hinweis auf diese Studie.

Es zeigt wie wichtig es ist, dass man sich nicht nur auf eine Studie verlassen sollte.

Wobei in dieser alten Studie von Edmonds aus dem Jahr 1977 auf die verwiesen wird, – zumindest nach dem Abstract – vor allem betont wird, dass es eine Korrelation der Jodaufnahme beim Tumorgewebe gibt, die vom TSH-Wert abhängig ist. Und daher ein TSH-Wert von über 30 mU/l empfohlen wurde.

    Measurement of serum TSH and thyroid hormones in the management of treatment of thyroid carcinoma with radioiodine
    Autoren:Edmonds CJ, Hayes S, Kermode JC, Thompson BD.
    in: Br J Radiol. 1977 Nov;50(599):799-807.

4. The 131I concentration (muCi/g) developed in tumour tissue was also examined in relation to the serum TSH level. In general a tumour should not be considered as incapable of concentrating 131I adequately until serum TSH levels have exceeded 30 mU/l.

Übersetzung [Harald]:
4. Die I-131 Aufnahme im Tumorgewebes stand in Relation zur Höhe des TSH-Wertes. Im allgemeinen sollte ein Tumor nicht als unfähig für die Jodaufnahme [heute wird der Bergriff radioiodrefraktäres Schilddrüsenkarzinom (=RR-DTC) benutzt] betrachtet werden, wenn nicht ein TSH-Wert von 30 mU/l [vor/bei der RIT] erreicht wurde.

Quelle: PubMed

Zur Ablation (Entfernung des gesunden Restgewebes) macht die Studie von Edmonds auch Aussagen, diese sind allerdings damals anders ausgefallen wie die der neuen Studie von Vrachimis (2016).

Das erfreulichste und unstrittige Ergebnis in der Studie von Vrachimis dürfte sicherlich sein, dass die Höhe des TSH-Wert nach 4 Wochen Schilddrüsenhormonentzug keine Auswirkung auf die Ablation (Entfernung des gesunden Schilddrüsenrestgewebes) hat.

Viel wichtiger für uns ist jedoch die Frage , ob die Höhe des TSH-Wert bei der ersten Radiojodtherapie (Ablation) auch Auswirkungen auf das Auftreten eines Rezidivs und auf das Überleben hat.

In der univariaten Analyse konnte die Studie dies zwar auch zeigen.

Wichtig wäre hier vor allem eine Eingrenzung der Analyse gewesen auf Patienten, die den TSH-Wert zusammen mit den Risikofaktoren: T-Stadium, Alter und Lymphknotenmetastasen untersucht (mulitvariate Analayse).

Dies scheint mir vor allem wichtig, da ja ein zusätzliche Nutzen der ablativen RJT in den neuen Leitlinien für die Low-Risk-Patienten sehr in Frage gestellt wird.

Vrachimis und seine Mitautoren räumen in der Diskussion der Studie auch ein, dass die geringe Rezidivrate die Möglichkeiten der Analyse in dieser Studie begrenzten und unmöglich machten.

Vrachimis und seine Mitautoren betonen daher, dass dieses Ergebnis (TSH-Wert von > 30 mU/l nicht zwingend notwendig für die Ablation) nur für low-risk Patieten gilt.
[Harald: Da wo nach ATA 2015 eine Ablation in den meisten Fällen eh kein Zusatznutzen bringen dürfte]

Das Ergebnis der Studie dürfe auf keine Fall auf Patienten mit Rezidiv, fortbestehendem Schilddrüsenkrebs oder Metastasen übertragen werden.



Die Empfehlung – TSH > 30 mU/l für die RIT – wird auch in der neuen ATA-Leitlinie differenzierter Schilddrüsenkrebs 2015 in der Empfehlung R53b abgehandelt. Es wird betont, dass die Evidenz für diesen Schwellenwert sehr gering ist (Schwache Empfehlung, basierend auf geringer Evidenz).

Es wird in der Erläuterung der Empfehlung auf die alte Studie (Edmonds 1977; s.o.) verwiesen, sowie auf zwei randomisierte prospektive Studien, die allerdings nicht die Höhe des TSH-Wert untersuchten, sondern nur die unterschiedliche Vorbereitung der Unterfunktion vor einer RJT (4 Wochen Entzug vs 2 Wochen L-T3 und 2 Wochenentzug) sowie zwei retrospektive Studien, die allerdings auch keine multivariate Analyse gemacht haben, wie die ATA-Autoren bedauern.

Mal gespannt wie diese Studie von Vrachimis, die künftige Überarbeitung der ATA-Leitlinie beeinflussen wird.

Viele Grüße
Harald

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