Lebensqualität von Schilddrüsenkrebspatienten – ein Problem
- Dieses Thema hat 1 Antwort und 2 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert 22.12.2016 - 09:48 von
Judy_S.

Leitungsteam SHG Berlin follikulärer SD-Krebs 1997 (oxyphil), Zungengrundkrebs 2024
Lebensqualität von Schilddrüsenkrebspatienten – ein Problem
Lebensqualität von Schilddrüsenkrebspatienten – (k)ein Problem (?)
Deutsch-französische Umfrage zur Lebensqualität und Zufriedenheit von Schilddrüsenkrebspatienten zeigt nationale Unterschiede in der Diagnostik, Therapie und Nachsorge sowie Verbesserungswünsche von Schilddrüsenkrebspatienten auf.
Bereits im Jahr 2010 hatte unser Verein mit anderen nationalen Schilddrüsenkrebs – Selbsthilfeorganisationen eine Patientenbefragung durchgeführt (siehe OFFLINE Nr. 5 und 6). In diesem Frühjahr haben wir eine Wiederholung zusammen mit unserer französischen Schwesterorganisation, Vivre sans Thyroïde, durchgeführt. Wir haben einige Fragen gestrichen, andere präzisiert und auch einige neue Fragen aufgenommen.
An der Befragung, die ausschließlich über das Internet durchgeführt wurde,
nahmen 1.239 Schilddrüsenkrebspatienten teil -(in Klammer die Zahlen aus 2010: 2.398 Patienten):
- Deutschland 618 (510)
- Frankreich 387 (217)
- Österreich 34 (19)
- Schweiz 25 (12)
- Kanada 16 (274)
- ….(USA 919)
- ….(UK 276)
- andere 52 (171)
Bei den Teilnehmern, deren Diagnose mehr als 5 Jahre zurücklag, konnten sich nur 9 % daran erinnern, bereits an der Befragung 2010 teilgenommen zu haben.
Zum Zeitpunkt der Befragung hatten alle Teilnehmer Kontakt zur Selbsthilfe, zum Zeitpunkt der Diagnose erhielten jedoch nur 13,8 % der Patienten Kontaktdaten zur Selbsthilfe, und auch nur 46,2 % informierten sich zu diesem Zeitpunkt bei der Selbsthilfe (siehe Kasten). Die meisten Patienten wenden sich daher erst zu einem viel späteren Zeitpunkt an die Selbsthilfe. Diese Daten verweisen zum einen auf ein Bias, dass unter den Patienten die Kontakt zur Selbsthilfe suchen, vermutlich im Durchschnitt mehr Probleme haben als alle Patienten, zum anderen zeigen diese Daten auch, dass die Selbsthilfe eine wichtige psycho-soziale Stütze und Informationsquelle ist. Von allen Informationen werden die Informationen der Selbsthilfe als die am Nützlichsten bewertet.
Unterstützung der Patienten zum Zeitpunkt der Diagnose:
- 34,9 % erhielten klare schriftliche Informationen zur Krankheit
- 13,8 % erhielten Informationen zur Selbsthilfe
- 12,4 % Unterstützung durch spezialisiertes Klinikpersonal
- 11,4 % psychologische Unterstützung durch Psychologen
80 % der Patienten informierten sich selbständig außerhalb der Klinik; zur Information genutzt wurden:
- 85,9 % Internet (ohne Selbsthilfe)
- 46,2 % Selbsthilfe (Online, Telefon, Persönlich)
- 42,1 % Broschüren der Selbsthilfe Vereine
- 41,6 % Hausarzt
- 20,9 % andere Schilddrüsenkrebspatienten
- < 20 % (Bücher, Familie, Freunde, Bekannte, …)
Informationen der Selbsthilfe wurde als die Nützlichsten eingestuft.
Gleich wie in der Befragung im Jahr 2010 wird der Erhalt der Diagnose Krebs als die Belastendste von den Betroffenen erfahren. Der größte Verbesserungsbedarf wurde in den Bereichen „mehr Informationen über die Krankheit und Behandlungsmöglichkeiten“, „Aufnahme in ein nationales klinisches Krebsregister“ und „Psychologische Unterstützung“ gesehen. Die größte Zufriedenheit (27 %) lag vor, wenn die Patienten immer den gleichen Arzt als Ansprechpartner hatten. Patienten in Deutschland werden dabei zu 53,6 % von Nuklearmedizinern betreut, in Frankreich ist die Betreuung hingegen zu 59,8 % in Händen der Endokrinologen.
Auf die Frage, wann die Patienten wieder ihren gewohnten Aktivitäten nach einer Radioiodtherapie (RIT) aufnehmen konnten, brauchten über ein Drittel mehr als 3 Monate; ein Viertel gar länger als 6 Monate bzw. hatte zum Befragungszeitpunkt dieses noch nicht erreicht. Wurde die RIT mit rhTSH durchgeführt, ist der Anteil, der weniger als ein Monat brauchte, mit 38,2 % wesentlich besser, als wenn sie durch Weglassen der Schilddrüsenhormone vorbereitet wurde (29,7 %).
Nahrungsergänzungsmittel, komplementäre oder gar alternative Therapien wenden ein Drittel der Befragten an. Auffällig ist auch hier, dass die klassischen Gründe für Krebspatienten wie Rezidivvorbeugung eine untergeordnete Rolle spielen: 56,3 % nehmen Nahrungsergänzungsmittel, um sich weniger erschöpft zu fühlen.
Unter den Gründen bzw. Überlegungen für den Arztwechsel gehören solche, die auf die Lebensqualität Bezug nehmen mit 20,9 % bzw. 50,9 % zu den meistgenannten.
Die Ergebnisse unserer Studie verweisen somit darauf, dass Lebensqualität und psychosoziale Versorgung von Schilddrüsenkrebspatienten mehr Aufmerksamkeit benötigen.
Dieser Beitrag erschien im Offline Nr. 17, November 2016.
weitere Ergebnisse der Schilddrüsenkrebspatientenbefragung 2016
sowie Ergebnisse: Internationale Umfrage zu Schilddrüsenkrebs (2010).
Studien zur Lebensqualität:
- Studie: Arbeitslosigkeit und geringes Einkommen nach SD-Krebs (Beatrice Uziely et. al. 2015 bzw. 2016)
- USA: Krebsdiagnose als Risikofaktor für privaten Bankrott (Ramsey 2013)
- Studie: Komplementäre und alternative Medizin bei SD-Krebs (Rosen 2013) in Zusammenarbeit mit ThyCa
- Anhaltende Schulterprobleme nach Operation nach Schilddrüsenkrebs
siehe Forums-Gruppe: Bewegungseinschränkungen, postoperative
Viele Grüße
Antwort auf: Lebensqualität von Schilddrüsenkrebspatienten – ein Problem
Danke für die tolle Arbeit!
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