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Studie: RJT oder keine RIT bei low-risk differenzierten Schilddrüsenkarzinomen, eine indische Studie (Satapathy 2023)

Studie: RJT oder keine RIT bei low-risk differenzierten Schilddrüsenkarzinomen, eine indische Studie (Satapathy 2023)

| Beitrags-ID: 452320

Hallo,

Nutzen und Risiken der Radioiodtherapie werden international untersucht, um zu besseren Empfehlungen zu kommen.

Siehe z.B.: Kontroversen und Konsensus über den Einsatz der Radioiodtherapie Martinique Principles für die Forschung und die Leitlinien (Offline Juli, 2019)

Für wen ist dieser Beitrag von Interesse?

      • Diese Beitrag ist nur für frisch diagnostizierte Schilddrüsenkrebspatient*innen von Bedeutung, die nach einer Schilddrüsenoperation vor der Frage stehen, ob eine Radioiodtherapie von Nutzen ist oder mehr Risiken beinhaltet.

Einfach erklärt:

 

Die Radioiodtherapie gilt gemeinhin als Nebenwirkungsarm.

Alledings zeigte eine Studie  von Silva-Vieira (2017) auf, dass wenn man 26 Patient*innen 10 Jahre nachverfolgt bei einem dieser 26 ein zusätzlicher Zweitkrebs auftritt:

The number needed to harm (NNH) was 25.6 [CI 15.0-87.2], indicating that on average during a 10-year follow-up period, there is one additional case of SPC for every 26 patients receiving RAIT. When controlling for age, sex, and familial and personal histories of cancer, there was an 84% increase in the risk of SPC in the RAIT+ group compared to the RAIT- group (p = 0.026; relative risk = 1.84 [CI 1.02-3.31]).

aus:

Silva-Vieira, M, et al., Second Primary Cancer in Patients with Differentiated Thyroid Cancer: Does Radioiodine Play a Role? Thyroid. 2017 Aug;27(8):1068-1076. doi: 10.1089/thy.2016.0655. Epub 2017 Jul 14. PMID: 28614983.

Siehe auch: Wiki: Zweitkrebs nach Schilddrüsenkrebs

Eine indische Studie hat nun retrospektiv Daten ausgewertet, von Betroffenen Schilddrüsenkrebspatient*innen der low-risk Gruppe (siehe ATA 2015)von solchen die eine RIT (1686) und solchen die keine RIT (388) erhielten. Diese Betroffen wurden dann in Gruppen mit gleichen Merkmalen – von denen man vermutet, dass sie auf die Wahrscheinlichkeit, dass ein Rezidiv auftritt – geordnet/gematched . Damit versucht man eine Kontrollgruppe zu erzeugen wie in einer Randomisierten Kontrollstudie (RCT), die Probanden per Zufall einer Gruppe zugewiesen werden, um damit sämtliche auch unbekannte Faktoren einzubeziehen. Dieses statische Verfahren nennt sich propensity-score matched analysis:

 Satapathy S, et al, Radioiodine versus no radioiodine outcomes in low-risk differentiated thyroid cancers: A propensity-score matched analysis. Clin Endocrinol (Oxf). 2023 Jul 25. doi: 10.1111/cen.14950. Epub ahead of print. PMID: 37491776.

In dieser Studie zeigte sich geringfügig bessere Ergebnisse für das Überleben (overall survival = OS) und das Rezidivfreie-Überleben (Recurrence free survival =RFS), allerdings waren diese kleinen Unterschiede nicht statistisch signifikant, können also auch Zufall sein.

signifikant(Synonyme: Signifikanz, Signifikanzniveau)

lateinisch für wesentlich; Im allgemeinen Sprachgebrauch wird signifikant so auch im Sinne von wesentlich, deutlich benutzt.
In der Statistik hat signifikant jedoch eine etwas andere Bedeutung. Hier spricht man von signifikant, wenn die Wahrscheinlichkeit dafür, dass das Ergebnis kein Zufall ist, sehr gering ist. In der Regel wird ein Signifikanzniveau von 5% benutzt (man kann auch ein kleineres oder größeres Signifikanzniveau benutzen; je kleiner um so besser). Die Signifikanz wird mit dem p-Wert gemessen, der in diesem Beispiel kleiner 0,05 sein sollte.
Ein Beispiel: Eine Studie stellt einen signifikanten Zusammenhang fest zwischen einem Medikament und einem Heilungserfolg. Würde man diese Studie jedoch 100 mal wiederholen, so würden 95 Studien zum gleichen Ergebnis kommen, 5 Studien würden jedoch zu einem anderen Ergebnis kommen, dass das Medikament nichts nützt oder gar schadet. Ist ein Unterschied „signifikant“ bedeutet dies nicht, dass der Unterschied erheblich ist, es kann sich auch nur um eine minimale Verbesserung handeln,
siehe dazu auch: Was bedeutet, es liegt ein signifikanter Unterschied vor?

Dies waren die Ergebnisse für eine Nachbeobachtungszeit von 3 bis 29 Jahren, im Mittel 8 Jahre:

  • Auftreten eines Rezidivs mit RIT 2,0 %; ohne RIT 3,3% (p = o,161 => Unterschied kann Zufall sein; wenn p kleiner 0,05 ist geht man von keinem Zufall aus)
  • 5 Jahre ohne Rezidiv (RFS) mit  RIT 99.2% ohne RIT 98.4%
  • 10 Jahre ohne Rezidiv (RFS) mit RIT 97.4% ohne RIT 96.2%

In der Subgruppen-Analyse zeigte sich dann, dass die Radioiodtherapie dann einen Nutzen bezüglich rezidiv freiem Überleben hat, wenn einer der folgenden Faktoren zutraf

  • Alter jünger als 55 Jahre (p =0,044)
  • männliches Geschlecht (p = 0,015)
  • papilläres Schilddrüsenkarzinom (papillary histology; Anmerkung Harald: hier frag ich mich, was die anderen histologische Gruppen sind) (p =0,043)
  • pT3a (p =0,.049)
  • postoperativer Tg-Wert von >= 5 (p = 0..002; siehe auch Forenthema: ATA (2015): Postoperativer Tg-Wert, ob RJT indiziert)

Bei diesen 5 Merkmals-Gruppen waren die Unterschiede auch statistisch signifikant. Insgesamt wurden statistisch 776 Merkmals-Gruppen ( matched pairs) gebildet, die allerdings keinen statisch signifikanten Unterschied aufwiesen.
 

 

Anmerkung Harald:

Dass die Radioiodtherapie bei diesen 5 Merkmalen von Vorteil ist, sagt jedoch nichts über das Ausmaß des Vorteils aus.

Zum Beispiel: Die RIT hat unter 55 Jahren einen Vorteil, allerdings treten die meisten Rezidive im Alter über 55 Jahre auf.
Die Frage ist auch, ob hier Genetische Veränderungen mit untersucht wurden; siehe z.B. Forenthema: Studie: BRAF V600E u. älter höheres Rezidivrisiko (Shen 17)

Keine Frage: Es wichtig sich auch das Gesamtüberleben anzuschauen, und dass es dort auch keine statistisch signifikanten und auch für uns relevanten Unterschiede gibt.

Beim Schilddrüsenkrebs kommt hinzu, dass für das Gesamtüberleben 10 Jahre Nach-Beobachtung für viele Betroffene zu kurz sein dürfte.
Bezüglich Lebensqualität ist viel wichtiger das Rezidiv freie Überleben (RFS). Wobei es hier auch auf die Definition ankommt, was wird als Rezidiv betrachtet (Tg-Anstieg; oder in der Bilddiagnostik nachgewiesener Tumor) und wie behandelt. Die Definition des Rezidivs kann ich dem Abstract nicht entnehmen, vermute jedoch letzteres.
Das Auftreten von Zweit-Krebs und seine Auswirkungen auf die Lebensqualität wird beim RFS nicht erfasst.

Es sollte daher auch immer ein Krankheitsfreies-Überleben erfasst werden.
In der obigen Studie waren die Betroffenen im Mittel 35 Jahre alt, was unterstreicht, dass man große Zeiträume beim Schilddrüsenkrebs betrachten muss.

  • Dieses Thema wurde geändert vor 7 Monaten, 1 Woche von Harald.
    Dieses Thema wurde 14-mal bearbeitet.
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