Wir haben eine eigenen Forums-Gruppe Zweitkrebs: Leukämie, Brust- und andere Krebserkrankungen in der Betroffene sind, die nach einer Schilddrüsenkrebsdiagnose, zum Teil Jahre später, eine weitere Krebs-Diagnose erhalten.
Ursachen?
Es gibt verschiedene mögliche Ursachen, warum Betroffene mit Schilddrüsenkrebs eine zweite, gar dritte Diagnose für einen weitere Krebserkrankung erhalten:
- in jedem Menschen entstehen immer wieder Krebszellen, die jedoch meist durch das eigene Immunsystem wieder ausgeschaltet werde. Denkbar ist eine genetische Veranlagung im Immunsystem, so dieses nicht so gut aufgestellt ist, wie bei anderen Menschen.
- Spezielle Umweltbedingungen, die verschiedene Krebsarten begünstigen.
- Therapien, hier bei uns insbesondere die Wiki: Radiojodtherapie beim differenzierten Schilddrüsenkrebs, die einen Zweitkrebs begünstigen
- Die Therapie mit Schilddrüsenhormonen steht auch unter Verdacht, Krebs zu begünstigen
- weitere Therapien …
- Maßnahme zur Früherkennung von anderen Krebsarten, werden von Schilddrüsenkrebspatient*innen eher wahrgenommen.
Über den Reiter Studien, dieses Beitrags, sind einzelne Studien, meist mit geringer Evidenz aufgelistet. Wichtig ist daher die Empfehlung der Leitlinien.
Empfehlungen der Leitlinien
In der ATA-Leitlinie differenzierter Schilddrüsenkrebs 2015 wird keine spezielle Früherkennung nach RIT empfohlen:
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RECOMMENDATION 86
Although patients should be counseled on the risks of second primary malignancy with RAI treatment for DTC, the absolute increase in risk of developing a second primary malignancy attributable to RAI treatment is considered small and does not warrant specific screening to any extent greater than age-appropriate general population health screening. (Weak recommendation, Low-quality evidence)
Übersetzung für uns Patient*innen von Harald:
Empfehlung 86
Obgleich die Patient*innen über das Risiko eines Zweitkrebs durch eine Radioiodtherapie (RIT) aufgeklärt werden müssen, so ist doch das absolute Risiko einen Zweitkrebs durch die RIT zu erhalten sehr klein, so dass eine spezielle Früherkennung, zusätzlich zu den alter-spezifischen Früherkennungsmaßnahmen für die allgemein Bevölkerung, nicht gerechtfertigt ist. (Schwache Empfehlung, Geringe Qualität der Studien)
Zum Verständnis von absoluten und relativen Risiko, siehe Kapitel: 1.3. Risiken verstehen – Broschüre Knoten
Krebsfrüherkennung
Bei der Krebsführerkennung wird bei Gesunden, ab einem bestimmten Alter in bestimmten Zeitabständen mit eine diagnostischen Methode nach frühen Stadien einer Krebserkrankung gesucht. Dieses Vorgehen bei Gesunden nennt man auch Screening.
Nicht jeder diagnostische Methode zur Früherkennung ist von Vorteil. So wird bei Gesunden ein Screening der Schilddrüse mit dem Ultraschall nicht empfohlen, da dies nur mehr weitere Diagnostik nach sich zieht und zu unnötigen Therapien, weil die überwiegende Mehrzahl der Knoten der Schilddrüse, die dadurch entdeckt werden, den Betroffenen nie geschadet hätte.
Bei einigen anderen Krebserkrankungen bringt die Therapie eines früh erkannten Tumors jedoch Vorteile. Vor- und Nachteile müssen daher individuell je nach Krebsart abgewogen werden. Krebsfrüherkennungen, die nicht durch die Krankenkasse bezahlt werden, konnten bislang keinen Vorteil nachweisen. Aber auch bei den durch die Krankenkassen erstatteten Früherkennungen ist individuell Schaden und Nutzen abzuwägen.
Eine Früherkennung ist keine Vorsorge, eine Früherkennung schützt nicht vor Krebs.
Die Deutsche Krebshilfe bietet auf ihrer Seite Hilfen an: Krebsfrüherkennung
Andere Betroffene
Andere Betroffene mit einem Zweikrebs findet man in der Forums-Gruppe: Zweitkrebs: Leukämie, Brust- und andere Krebserkrankungen
Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Differenzierter Schilddrüsenkrebs | Letzte Aktualisierung: 28.02.2025 von Harald | W-Nummer: 399590
Englischer Fachausdruck: second primary malignancy (SPM)
Achtung dies ist nur eine Auswahl von Studien. Um evidenzbasierte Aussagen machen zu können, ist es notwendig die Literatur-Datenbanken systematisch zu durchsuchen und in Evidenz-Tabellen auszuwerten. In hochwertigen Leitlinien wird dies gemacht, darum verweisen wir in erster Linie auf Leitlinien und nicht auf einzelne Studien.
Mögliche Ursache L-Thyroxin
Achtung dies ist nur eine Auswahl von Studien. Um evidenzbasierte Aussagen machen zu können, ist es notwendig die Literatur-Datenbanken systematisch zu durchsuchen und in Evidenz-Tabellen auszuwerten. In hochwertigen Leitlinien wird dies gemacht, darum verweisen wir in erster Linie auf Leitlinien und nicht auf einzelne Studien.
- Studie: Kim MS, et al., 2024, Risk of Subsequent Primary Cancers in Thyroid Cancer Survivors according to the Dose of Levothyroxine: A Nationwide Cohort Study. Endocrinol Metab (Seoul). Apr;39(2):288-299. doi: 10.3803/EnM.2023.1815. Epub 2024 Mar 4. PMID: 38437824; PMCID: PMC11066454.
- Studien Leicht erhöhtes Risiko von Krebs durch L-Thyroxin? (Per Wändell 2020) (siehe zum Risisko L-Thyroxin ausführlicher Wiki: Einnahme von Schilddrüsenhormonpräparaten und dort den Reiter Studien.)
Nuklearkatastrophe Tschernobyl
Achtung dies ist nur eine Auswahl von Studien. Um evidenzbasierte Aussagen machen zu können, ist es notwendig die Literatur-Datenbanken systematisch zu durchsuchen und in Evidenz-Tabellen auszuwerten. In hochwertigen Leitlinien wird dies gemacht, darum verweisen wir in erster Linie auf Leitlinien und nicht auf einzelne Studien.
- Studie: Taha A, et al., 2023, Second Primary Cancer Among Patients With Papillary Thyroid Carcinoma Following the Chernobyl Disaster. JAMA Netw Open. 2023 Aug 1;6(8):e2329559. doi: 10.1001/jamanetworkopen.2023.29559. PMID: 37589974. In dieser Studie wird das belarussische Krebsregister, Belarussian Cancer Registry (BCR), nach über 30 Jahren ausgewertet. Das papilläre Schilddrüsenkarzinom (30 568 Personen) trat dabei im Mittel bei 53,9 Jahren (SD +- 12,6 Jahre) und der Zweitkrebs im Mittel bei 61,5 Jahren (SD +- 11.8 Jahren) auf.
Anmerkung Harald: Das größte Problem dieser Studie ist für mich, dass Screening-Effekte nicht erfasst werden. Von Bedeutung finde ich vor allem der Abstand erst zu zweit Krebs.
Forenthema: Studie: Schilddrüsenkrebspatient*innen aus Tschernobyl haben häufiger einen Zweitkrebs (Taha 2023)
Mögliche Ursache Radiojodtherapie
Achtung dies ist nur eine Auswahl von Studien. Um evidenzbasierte Aussagen machen zu können, ist es notwendig die Literatur-Datenbanken systematisch zu durchsuchen und in Evidenz-Tabellen auszuwerten. In hochwertigen Leitlinien wird dies gemacht, darum verweisen wir in erster Linie auf Leitlinien und nicht auf einzelne Studien.
Die folgende Studie finde ich viel interessanter, vor allem um Für und Wider einer Radioiodtherapie bei low-risk papillären Schilddrüsenkarzinomen abzuwägen:
- Rezaei, Shawheen J et al. “Development of Melanoma and Other Nonkeratinocyte Skin Cancers After Thyroid Cancer Radiation.” JAMA network open vol. 7,9 e2434841. 3 Sep. 2024, PMCID: PMC11413709 DOI: 10.1001/jamanetworkopen.2024.34841 . Diese Auswertung fand eine höhere Standatisierte Inzidenz Rate von Hautkrebs im Kopf-Hals-Bereich bei Schilddrüsenkrebspatienten mit einer Radiojodtherapie. In der Diskussion wird betont, dass die Vorteile der RJT überwiegen, jedoch könnten Schilddrüsenkrebspatient*innen von einem Hautkrebs-Screening profitieren.
- Studie: Silva-Vieira M, 2017, Second Primary Cancer in Patients with Differentiated Thyroid Cancer: Does Radioiodine Play a Role? Thyroid. 2017 Aug;27(8):1068-1076. doi: 10.1089/thy.2016.0655. Epub 2017 Jul 14. PMID: 28614983.
„The number needed to harm (NNH) was 25.6 [CI 15.0-87.2], indicating that on average during a 10-year follow-up period, there is one additional case of SPC for every 26 patients receiving RAIT. When controlling for age, sex, and familial and personal histories of cancer, there was an 84% increase in the risk of SPC in the RAIT+ group compared to the RAIT- group (p = 0.026; relative risk = 1.84 [CI 1.02-3.31]).“ - Studie: Risikofaktoren und Verlauf bei differenziertem Schilddrüsenkarzinom (DTC) nach Radiojodtherapie (RJT). Retrospektive Auswertung des Mainzer Patientenregister; Bericht vom Vortrag auf dem 21. Herbsttreffen in Würzburg 2021
- Studie: Risiko für Blutkrebs als Zweitkrebs steigt durch die Radioiodtherapie (RIT) beim gut-differenzierten Schilddrüsenkrebs (Moolenaar u. Sidana 2017)
- Studie: Nach SD-Krebs erhöhtes Risiko für Zweitkrebs (Uprety 2016)
Genauer: Das Risiko für einen Zweitkrebs bei Patienten mit Schilddrüsenkrebs in einem frühen Stadium: eine Studie bezogen auf die Bevölkerung der USA. - Studie: erhöhtes Leukämie Risiko ab > 100mCi (Hyeon 2015)
- siehe auch: Studie: Clonal Hematopoiesi nach RIT (Boucai 2018).
- Studie: höheres Risiko für Zweitkrebs nach RJT (Sawka 2009)
- Studie: Späte Langzeitfolgen der Radiojod-Therapie? (Hay 2007)
- Studie: SD-Krebs steigert Risiko für andere Krebsarten
(Thekkepat 2006) - Studie: Erhöhte Zweit-Malignom-Rate bei SDKrebs mit RJT (Gopalakrishna 2011)
- Studie Schilddrüsenhormone und Burstkrebs (Massimo Cristofanilli 2005)
Mögliche Ursache Genetik
Achtung dies ist nur eine Auswahl von Studien. Um evidenzbasierte Aussagen machen zu können, ist es notwendig die Literatur-Datenbanken systematisch zu durchsuchen und in Evidenz-Tabellen auszuwerten. In hochwertigen Leitlinien wird dies gemacht, darum verweisen wir in erster Linie auf Leitlinien und nicht auf einzelne Studien.
- Studie zu BRAF beim papillären Schilddrüsenkarzinom (PTC) und beim Primary Cutaneous Melanoma (PCM) von Mitchell B (2016)
siehe Antwort vom 24.5.2019
Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Differenzierter Schilddrüsenkrebs | Letzte Aktualisierung: 28.02.2025 von Harald | W-Nummer: 399590
Wir haben eine eigenen Forums-Gruppe Zweitkrebs: Leukämie, Brust- und andere Krebserkrankungen in der Betroffene sind, die nach einer Schilddrüsenkrebsdiagnose, zum Teil Jahre später, eine weitere Krebs-Diagnose erhalten.
Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Differenzierter Schilddrüsenkrebs | Letzte Aktualisierung: 28.02.2025 von Harald | W-Nummer: 399590