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Gut leben mit einem metastasierenden Mikrokarzinom? (Video: Interview mit Prof. Goretzki 20216)

Gut leben mit einem metastasierenden Mikrokarzinom? (Video: Interview mit Prof. Goretzki 20216)

| Beitrags-ID: 456529

Liebe Leser,

in dem verlinkten Video spricht ein Chirurg über eine Untergruppe der papillären Mikrokarzinome, die man heute nicht mehr als Tumore der bösartigen Art bezeichnen könne. „Sie führen nicht zu einer Lebensbedrohung, sie haben manchmal Lymphknotenmetastasen, die aber nur ganz klein sind, und insgesamt braucht man sie sicher nicht aggressiv zu therapieren. Man kann sehr gut damit leben, man muss sie nicht kontrollieren.

Welchen Weg würdet Ihr wählen, wenn Ihr im Besitz einer ansonsten gesunden Schilddrüse mit einem solchen Befund konfrontiert würdet? Würde das Wissen um diesen Tumor Euer seelisches Wohlbefinden stören? Würdet Ihr ein Mikrokarzinom, das Metastasen bildet, unbedingt loswerden wollen oder könntet Ihr getrost damit leben?

Interview mit Prof. Dr. Peter E. Goretzki  – durch Esanum.de  -2016

https://www.youtube.com/watch?v=QMgmDACH91g&t=45s

 

 

  • Dieses Thema wurde geändert vor 2 Monaten von Harald.
    Dieses Thema wurde 3-mal bearbeitet.

Antwort auf: Gut leben mit einem metastasierenden Mikrokarzinom? (Video: Interview mit Prof. Goretzki 20216)

| Beitrags-ID: 456539

Hallo,

keine Ahnung, ob Prof. Goretzki mit diesem Interview aus dem Jahr 2016 im Nachhinein so glücklich ist, weil ganz unterschiedlich Dinge in diesem Interview angesprochen werden und für Betroffene, die sich nicht auskennen recht irreführend ist.

Außerdem gab es seit 2016 weitere Erneuerungen:

  • Die Kategorie Papilläres Mikrokarzinom (< 1 cm) gibt es nach der neuen WHIO Klassifikation von 2022 nicht mehr. Die Grenze 1cm  wurde beim papillären Schilddrüsenkarzinom fallen gelassen, es wird  nun nach anderen Merkmalen unterschieden, ob es ein eher aggressiver Tumor ist, oder ob der Tumor beobachtet werden kann, ob mit der operativen Entfernung des Tumors die Therapie ausreichend ist und ob eine Radioiodtherapie indiziert ist. siehe Wiki: Schilddrüsenkrebs nach WHO-Klassifikation (ICD‑O)

Zu den einzelnen Prunkten im Interview mit Prof. Goretzki im Video.

Zunächst ist es wichtig zu unterscheiden,

 

  • Papilläre Schilddrüsenkarzinome kleiner 1 cm, die per  Zufall nach einer Schuldrüsenoperation -aus anderen Gründen – entdeckt werden (ein großer Teil), gelten mit der Operation therapiert, und bedürfen in der Regel keine Schilddrüsenkrebsnachsorge. Ausnahme: das papilläre Karzinom hat eine aggressive Subhistologie; z.B. Tall Cell, diffuse sklerosierende Variante (DVC), …, hier wird dann die Schilddrüse vollständig entfernt, mit Radioiodtherapie behandelt, und diese haben eine Schilddrüsenkrebsnachsorge.
  • Die neue Untergruppe, welche seit 2016 nicht mehr als Karzinom bezeichnet wird, sind die NIFTP.; Der nicht-invasiver follikulärer Tumor (Neoplasie) mit papillär-ähnlichen Kernmerkmalen (NIFTP) hat  nichts mit papillären Mikrokarzinom zu tun. Dieses Karzinom kann man erst diagnostizieren, wenn eine Hälfte der Schilddrüse (Hemithyreoidektomie) chirurgisch entfernt wurde. Wichtig sind folgende Merkmale:
    • Vollständig gekapselter Tumor ohne Nachweis des invasiven Wachstums (wie Gefäßeinbruch, Kapseldruchbruch, Einwachsen in das nicht-neoplastische Schilddrüsengewebe).
    • Follikuläres Wachstum mit papillär-ähnlichen Kernmerkmalen

Das NIFTP hat also per Definitionem keine Lymphknotenmetastasen; siehe dazu auch  Forenthema: FAQ: eingekapselte follikuläre Variante des papillären SDKrebs 1(2016)

Lymphknotenmetastasen:

Hier ist auch wieder ganz wichtig, wie, wo und wann diese diagnostiziert wurden, und wie groß und wie viele es gibt.

  1. Es gibt der Fall, dass es in der Schilddrüse ein unbekanntes, nicht entdecktes papilläres Karzinom unter 1 cm gibt, das jedoch Lymphknoten Metastasen bereits gebildet hat. Diese Lymphknotenmetastasen fallen auf, weil sie die Betroffen spüren, und/oder für das Auge sichtbar sind, oder per Zufall mit dem Ultraschall entdeckt werden. Hier handelt es sich meist um einen aggressiven Tumor. Die Entfernung der Schilddrüse und des Kompartments in dem sich der Lymphknoten befindet ist meist indiziert. Es handelt sich meist dann meist um eine Operation, die mit einem höheren Risiko an Nebenwirkungen einhergeht, und sollte möglichst in einer CAEK zertifizierten Klinik für Schilddrüsenoperationen und/oder durch die DKG zertifizierte Klinik durchgeführt werden.
  2. Es gibt papilläres Schilddrüsenkarzinom, das chirurgisch nur mit einer Schilddrüsenoperation entfernt wurden. Es finden sich dann später in der Diagnostik  Lymphknotenmetastasen. Diese werden entweder therapiert oder beobachtet, je nach Anzahl, Größe und Lage der Lymphknotenmetastasen und unter Abwägung der Risiken eine Komplettierungsoperation. siehe dazu auch Forums-Gruppe: Lymphknotenmetastasen im Hals nach erst Therapie

Hier noch ein Wiki: Partizipative Entscheidungsfindung (shared decision-making) und der Hinweis auf unser Wiki: Merkblatt: Arzt-Patienten-Gespräch



@meriem
: Ich denke, es ist sehr wichtig, hier nicht unterschiedliche Dinge zu vermischen wie es leider in diesem Interview geschieht. Ich vermute, du hast die Diagnose einer Lymphknotenmetastase, der Ursprungstumor in der Schilddrüse kann in der Diagnostik jedoch nicht gefunden werden. Bei uns in der Berliner Selbsthilfegruppe gibt es @hector , der auch gezögert hat sich die Schilddrüse entfernen zu lassen. Und es zeigte sich dann nach der Operation, dass er bereits eine Vielzahl von Lymphknotenmetastasen hatte.

Viele Grüße

Harald

  • Diese Antwort wurde geändert vor 2 Monaten, 3 Wochen von Harald.
    Diese Antwort wurde 2-mal bearbeitet.
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Hector
pap. SD-Ca. pT1a(m) N1

Antwort auf: Gut leben mit einem metastasierenden Mikrokarzinom? (Video: Interview mit Prof. Goretzki 20216)

| Beitrags-ID: 456843

Hallo,

die Aussage von Prof. Goretzki in Bezug auf die Untergruppe papillärer SD-Karzinome, die manchmal „Lymphknotenmetastasen, die widerruf ganz klein sind“ bilden, darf durchaus hinterfragt werden – um es diplomatisch zu formulieren.

Wie Harald bereits erwähnt hat, gehöre ich zu der Gruppe von Patienten, mit einem Mikrokarzinom, welches LK-Metastasen gebildet hat. Die LK-Metastasen waren auch der Grund, warum es überhaupt entdeckt wurden, denn die Schilddrüse selbst war in der Bildgebung bis zum Schluss unauffällig. Jedoch waren die LK-Metastaten an der rechten Halsseite so groß, das ich optisch das Gefühl hat es wäre eine Banane unter der Haut. Im Ultraschall wurde 4 LKs von folgenden Größen beschrieben (5×2cm, 4x,1,8cm, 2,5×0,6cm und 2,3×1,2cm).  Zuerst wurde nur dieses Paket an LKs entfernt, da ja noch unklar war, was das überhaupt ist. Danach gab es die Schilddrüsen-OP mit der Entfernung 30 weiterer LKs, von denen 15 befallen waren.

Zwischen den beiden OPs lagen knapp 8 Monate, da ich ebenfalls wie du @meriem der Ansicht bin, dass man alles genau abwägen sollte, bevor man sich ein (hormonelles) Organ dauerhaft entfernen lässt.  Das ist aber sehr individuell und die meisten Menschen neigen nunmal eher zu einer sofortigen OP.

Ich weiß nicht, ob es dir jetzt weitergeholfen hat, aber es war mir wichtig zu erwähnen, dass nicht alles so einfach ist wie in der Aussage von Prof. Goretzki in dem genannten YT-Video.

Grüße,
Hector

Aut inveniam viam aut faciam

Antwort auf: Gut leben mit einem metastasierenden Mikrokarzinom? (Video: Interview mit Prof. Goretzki 20216)

| Beitrags-ID: 456966

die Aussage von Prof. Goretzki in Bezug auf die Untergruppe papillärer SD-Karzinome, die manchmal „Lymphknotenmetastasen, die widerruf ganz klein sind“ bilden, darf durchaus hinterfragt werden – um es diplomatisch zu formulieren. Wie Harald bereits erwähnt hat, gehöre ich zu der Gruppe von Patienten, mit einem Mikrokarzinom, welches LK-Metastasen gebildet hat. Die LK-Metastasen waren auch der Grund, warum es überhaupt entdeckt wurden, denn die Schilddrüse selbst war in der Bildgebung bis zum Schluss unauffällig. Jedoch waren die LK-Metastaten an der rechten Halsseite so groß, das ich optisch das Gefühl hat es wäre eine Banane unter der Haut.
Ich weiß nicht, ob es dir jetzt weitergeholfen hat, aber es war mir wichtig zu erwähnen, dass nicht alles so einfach ist wie in der Aussage von Prof. Goretzki in dem genannten YT-Video.

Hattest Du ein NIFTP? Können NIFTP dermaßen große Metastasen bilden? Dann war es wohl kein NIFTP.  Goretzki behauptet nicht, dass es keine aggressiven Mikrokarzinome gäbe. Trotzdem, danke für Deinen Beitrag.

 

Das Problem mit dem Interview mit Goretzki ist, dass in dem Interview dies alles durcheinander geht. Werde Prof Goretzki und den Website Betreiber darum bitten, dass das Interview entfernt wird, du wirst ja nicht die einzige sein, die falsche Hoffnungen auf Grund dieses Interviews hegt.

Was genau geht denn durcheinander in diesem Interview? Goretzki spricht über papilläre Mikrokarzinome, von denen sehr viele Menschen betroffen sind. Dann bezieht er sich auf eine Untergruppe der Mikrokarzinome, die als harmlos eingestuft wird, womit er wohl das NIFTP meint. Er sagt ja nicht, dass alle NIFTP Mikrokarzinome sind, sondern er sagt, sinngemäß, dass ein Teil der Mikrokarzinome harmlose Neoplasien (NIFTP) sind. Das ist logisch korrekt. Bei dieser Art von Tumoren kann es winzige Metastasen geben. In dem verlinkten Artikel wird auf literarisch dokumentierte Fälle hingewiesen. (Dralle, H. „Können nichtinvasive follikuläre Schilddrüsenneoplasien mit papillären Kernveränderungen (NIFTP) metastasieren? https://link.springer.com/article/10.1007/s00104-019-0940-2)  Ich glaube nicht, dass der Beitrag von Goretzki irgendjemandem falsche Hoffnungen macht.

Antwort auf: Gut leben mit einem metastasierenden Mikrokarzinom? (Video: Interview mit Prof. Goretzki 20216)

| Beitrags-ID: 456969

Hallo Meriem,

ich mach es kurz:

Das NIFTP ist keine Untergruppe der papillären Schilddürsenmikrokazinome (PTMC) sondern der follikurlären Variante des papillären Schilddrüsenkarzinom (FVPTC).

Und das bringt Goretzke in seinem Interview durcheinander, mit papillären Schilddrüsenmikrokarzinomen, die man mit einer Feinnadelpunktion feststellen kann, und die man auch beobachten kann.

Das NIFTP kann man auch erst nach der Operation feststellen.

Das sind zwei vollkommen verschiedene Dinge, die im Interview durcheinander gehen.

Die Kritik bzw. mahnende Anmerkungen zur Vorsicht von Prof. Dralle ist, u.a. dass manchmal ein NIFTP zusammen mit einem PTMC auftritt mit unklarem Potential für Metastasen.

Dralle H. Können nichtinvasive follikuläre Schilddrüsenneoplasien mit papillären Kernveränderungen (NIFTP) metastasieren? [Can noninvasive follicular thyroid neoplasms with papillary-like nuclear features (NIFTP) metastasize?]. Chirurg. 2019 Jun;90(6):501. German. doi: 10.1007/s00104-019-0940-2. PMID: 30874863.
Viele Grüße
Harald
Julian
Moderator

Antwort auf: Gut leben mit einem metastasierenden Mikrokarzinom? (Video: Interview mit Prof. Goretzki 20216)

| Beitrags-ID: 456984

Hi an alle,

ich möchte zur Diskussion noch folgendes Ergänzen:

Unabhängig von der pathologischen Einteilung sind Krebserkrankungen dadurch definiert, dass unkontrolliertes Zellwachstum über die natürliche Barriere (Basalmembran) hinausgeht und somit ein Potential zu Streuung entlang der Lymphe und des Blutes besteht, was die Prognose entsprechend verschlechtert.

Ein NIFTP kann erst nach einer vollständigen Entfernung diagnostiziert werden, da bei den Ausschlusskriterien die gesamte Kapsel begutachtet werden müsste. Streng genommen zeigen sich also verändertes Zellwachstum nach aktueller Kenntnis ohne Potential zur Streuung. NIFTP haben übrigens eine häufige Assoziation mit Mutationen im RAS-Molekül und was wiederum mit weiteren Krebserkrankungen assoziiert sein kann.

Finden sich also Lymphknotenmetastasen ohne sonographisch suspektem Knoten kann ein NIFTP hierfür nicht ursächlich sein. Hier wird dann das weitere Risiko (Streuung, Metastasen) gegen die OP (Narkose, Hormonsubstitution etc) gegeneinander abgewogen. Sollten aber bereits Schilddrüsenzellen in Lymphknoten gestreut haben sollte man die Schilddrüse im Ganzen entfernen.

Liebe Grüße

Julian

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