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Risikogruppen nach Operation und Radioiodtherapie

Risikogruppen nach Operation und Radioiodtherapie

Titelbild der Broschüre: Mit Schilddrüsenhormonen leben!

Dies sind die aktuelle Versionen der Kapitel 4.1. Risikogruppen nach Operation und Radioiodtherapie aus unserer Broschüre:

Mit Schilddrüsenhormonen leben!
Ein Ratgeber, was bei der Einnahme von Schilddrüsenhormonen zu beachten ist.

(Inhaltsverzeichnis)

Diese Broschüre sowie anderes Infomaterial ist auch kostenfrei über die Geschäftsstelle zu beziehen.

Alle Kapitel und mehr Informationen können über das Inhaltsverzeichnis gelesen werden.

Für wen von Interesse?

Dieser Beitrag ist nur für Betroffene von Interesse, die einen differenzierten Schilddrüsenkrebs haben (papillär, follikulär, onkozytär, …)

siehe Wiki: Welcher Schilddrüsenkrebs? Welche Therapie?

Risikogruppen nach der Operation

Chirurg*innen bei einer Schildrüsenoperation

Ob beim differenzierten Schilddüsenkarzinom – nur nach einer totalen chirurgischen Entfernung der Schilddrüse – eine Radioiodtherapie empfohlen wird, hängt von verschiedenen Risikofaktoren ab.

Die amerikanische Leitlinie (ATA-Leitlinie: Differenzierter Schilddrüsenkrebs (2015)) definiert hier eigene Risikogruppen: Wiki: Risikogruppen nach Operation beim differenzierten Schilddrüsenkrebs

Übersicht der Risikogruppen nach Operation und Radioiodtherapie

Nahaufnahme der offenen Blei-Box von Iod 131(I-131)Radioaktive Isotope zur Behandlung von einer Hyperthyreose oder eines differenzierten Schilddrüsenkarzinoms

Die amerikanische Leitlinie für den differenzierten Schilddrüsenkrebs aus dem Jahr 2015 führte vier neue Risikokategorien ein, die auf den Erfolg der Therapien aufbauen.
Patienten sollen über die Jahre immer wieder neu klassifiziert und die Nachsorge entsprechend angepasst werden.

Risikogruppen nach erfolgter Radiojodtherapie und Nachbeobachtung von 2 Jahren (nach ATA-Leitlinie: Differenzierter Schilddrüsenkrebs (2015))

  1. Exzellentes Ansprechen der Therapie („excellent response“)
    Unauffällige Bildgebung und Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung < 0,2 ng/ml oder TSH-stimulierter Tg-Wert ist < 1 ng/ml; mehr siehe unten
  2. Gutes bzw. unbestimmbares Ansprechen („indeterminate response“)
    In der Bildgebung nichts Krankhaftes zu sehen bzw. schwache Radiojodspeicherung im Schilddrüsenbett. Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ≥ 0,2 ng/ml und < 1 ng/ml oder TAK-Werte sind stabil bzw. fallend; mehr siehe unten
  3. Biochemisch unvollständiges Ansprechen („biochemical incomplete response“)
    In der Bildgebung nichts Krankhaftes zu sehen und Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ist >= 1 ng/ml oder steigende Werte der Thyreoglobulin-Antikörper (TAK); mehr siehe unten
  4. Strukturell unvollständiges Ansprechen („structural incomplete response“)
    In der Bildgebung gibt es strukturelle oder funktionelle Raumforderungen (Aufnahme von Jod in der RJT durch differenzierte Schilddrüsenkrebszellen bzw. durch einen erhöhten Stoffwechsel der entdifferenzierten Schilddrüsenkrebszellen über die Aufnahme von radioaktiv-markiertem Zucker (Fluordesoxyglukose = FDG) in der PET/CT), die einem Schilddrüsenkrebs zuzuordnen sind; mehr siehe unten

Zur Entwicklung der neuen Risikogruppen siehe unser Offline-Beitrag, Nr. 16, 2016: Resetbutton nach Operation und Radioiodtherapie (RIT)

Risikogruppen nach Operation und Radioiodtherapie

Für diese neue zweite Kategorisierung von Risikogruppen wird einzig auf den Erfolg der Behandlung (Operation und RJT) Bezug genommen, welcher über die Bildgebung (Ultraschall, ggf. Ganzkörperszintigraphie nach RJT bzw. Radioioddiagnostik und weitere Bilddiagnostik) und über die Tumormarker Thyreoglobulin (Tg) und Thyreoglobulin-Antikörper (TAK) kontrolliert wird.

Zudem sollen Patienten im Laufe der Nachsorge bzw. nach erneuten Therapien immer wieder neu eingruppiert werden, sowohl in eine niedrigere als auch in eine höhere Risikogruppe, wenn sich keine Anzeichen mehr für eine Krankheit finden bzw. umgekehrt neue Anzeichen auftauchen (ATA-Empfehlung 49).

Eine Adaption der Tabelle 13 in der ATA-Leitlinie folgt nun:

Exzellentes Ansprechen der Therapie (Excellent response)

  • Definition:
    • In der Bildgebung ist kein Tumor zu sehen
      und
      entweder
      • Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ist < 0,2 ng/ml
        oder
      • TSH-stimulierter Tg-Wert ist <1 ng/ml
  • Krankheitsverlauf/Risiken:
    • 96%-99% der Patienten bleiben krankheitsfrei
    • 1%-4% der Patienten entwickeln in einem Zeitraum von 5 bis 10 Jahren ein Rezidiv
    • weniger als 1% wird am Schilddüsenkrebs sterben.
  • Nachsorge bzw. Therapie:
    Es sollte früh die Intensität und Häufigkeit in der Nachsorge reduziert und die TSH-Unterdrückung beendet werden.

Gutes bzw. unbestimmbares Ansprechen („indeterminate response“)

Die wörtliche Übersetzung von „indeterminate response“ lautet unbestimmbares Ansprechen, das zwar von der Diagnostik her, diese Gruppe vielleicht besser beschreibt. Da der Krankheitsverlauf jedoch immer noch sehr gut ist, wird im deutschen lieber der Begriff Gutes Ansprechen benutzt.

  • Definition:
    • In der Bildgebung ist nichts krankhaftes zu sehen bzw. es gibt eine schwache Radioiod-Speicherung im Schilddrüsenbett
    • Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ist >=0,2 ng/ml und < 1ng/ml – TSH-stimulierter Tg-Wert >= 1,0 ng/ml und < 10 ng/ml
      oder
    • TAK-Werte sind stabil oder fallend, und in der Bildgebung ist nichts zu sehen
  • Krankheitsverlauf/Risiken
    • Bei 80%-85% der Patienten bleibt dieser Zustand stabil oder löst sich auf in Richtung exzellentes Ansprechen.
    • Bei 15%-20% wird in einem Zeitraum von 5 bis 10 Jahren ein Tumor in der Nachsorge gefunden.
    • Risiko an diesem Krebs zu sterben unter 1%
  • Nachsorge bzw. Therapie:
    Die Patienten sollen weiter in der Nachsorge mit entsprechend wiederholter Bildgebung bleiben. Wenn unspezifische zu spezifischen Raumforderungen werden, sollen sie mit weiterer Bildgebung oder Biopsie untersucht werden.

Biochemisch unvollständiges Ansprechen („biochemical incomplete response“)

  • Definition:
    • In der Bildgebung ist nichts krankhaftes zu sehen
      und
      • Tg-Wert unter TSH-Unterdrückung ist >= 1ng/ml
        oder
      • TSH-stimulierter Tg-Wert >= 10 ng/ml
        oder
      • Steigende TAK-Werte
  • Krankheitsverlauf/Risiken
    • Mindestens 30 % werden spontan zu Patienten, die keinerlei Anzeichen haben, dass sie Schilddrüsenkrebs haben;
    • weitere 20% werden dies nach einer zusätzlichen Therapie.
    • Bei 30 % bleibt der Zustand unverändert.
    • 20% Prozent entwickeln ein Rezidiv, d. h. in der Bildgebung wird ein Tumor gefunden.
    • Risiko an diesem Krebs zu sterben liegt unter 1%
  • Nachsorge bzw. Therapie:
    Bei einem stabilen oder fallenden Tg-Wert, sollen die Patienten weiter beobachtet und der TSH-Wert solle bei den meisten Patienten unterdrückt werden.
    Steigende Tg-Werte oder TAK-Werte sollen mit weiteren diagnostischen Methoden untersucht und eventuellen weiteren Therapien behandelt werden.

Strukturell unvollständiges Ansprechen („structural incomplete response“)

  • Definition:
    In der Bildgebung gibt es strukturelle oder funktionelle Raumforderungen (Aufnahme von Jod in der RIT bzw. FDG in der PET/CT), die einem Schilddrüsenkrebs zuzuordnen sind.
    Dies ist unabhängig von der Höhe des Tg-Wertes oder ob TAK nachweisbar sind.
  • Krankheitsverlauf/Risiken
    • Bei 15-50% haben die weiteren Therapien Erfolg, und die Patienten können neu eingruppiert werden.
    • Bei 50-85% der Patienten besteht die Krankheit weiter trotz zusätzlicher Therapien.
    • Um die 10% der Patienten mit Metastasen im Halsbereich und um die 50% der Patienten mit Fernmetastasen sterben an diesem Krebs [keine Angabe des Zeitraums;]
  • Nachsorge bzw. Therapie:
    Patienten dieser Gruppe brauchen weitere Therapien oder auch weitere Beobachtung in Abhängigkeit des klinischen und pathologischen Befundes, der Größe und Lokalisation, der Wachstumsrate, der Fähigkeit Jod-Aufzunehmen oder der Aufnahme von FDG in der PET/CT.
    siehe dazu auch: Wiki: Was kann man tun, wenn die Radioiodtherapie versagt?

Erklärungen der ATA

In der Tabelle der ATA-Leitlinie wird die Kategorie Unbestimmbares Ansprechen als zusätzliche Kategorie zu den anderen drei klar definierten Kategorien am Ende als eine Art Sammelkategorie eingefügt, da dieser Kategorie eine Vielzahl von Patienten mit unterschiedlichsten Befunden zugeordnet werden, die nicht eindeutig einer der drei anderen Kategorien zuzuordnen sind. Hierzu zählen u. a. Patienten mit einer diffusen Speicherung im Schilddrüsenbett, atypischen Lymphknoten im Halsbereich und einem nicht nachweisbaren Tg-Wert oder Patienten mit stabilen und fallenden TAK sowie Patienten mit einem Tg– bzw. TAK-Wert, die sich zwischen den Kategorien Exzellentes Ansprechen und Biochemisch unvollständiges Ansprechen befinden. In der adaptierten Tabelle (siehe oben) haben wir diese Kategorie entsprechend nach den Tg– und TAK-Werten eingeordnet, auch wenn dies nur ein Befund unter anderen sein kann.

Die deutlichste Wirkung zeigt dieses neue Kategoriensystem für Patienten, die bei der ersten Risikogruppeneinteilung als intermediate risk eingestuft wurden. Zwei Drittel dieser Patienten konnten danach als exzellentes Ansprechen eingestuft werden. Die Risiken für ein Rezidiv konnte so von anfänglich 36% bis 43% auf 1% bis 2% reduziert werden.

In die Kategorie unvollständiges biochemisches Ansprechen sind ca. 15%-20% aller Schilddrüsenkrebspatienten einzuordnen. Lediglich 8%-17% dieser Patienten entwickeln in einem Nachsorgezeitraum von 5-10 Jahren ein in der Bildgebung sichtbares Rezidiv. Von den Autoren der Leitlinie wird zudem hervorgehoben, dass bei ca. 20% (bis zu 34%) der Patienten unter einer TSH-Unterdrückung, aber ohne weitere Operationen oder RIT, das nachweisbare Tg über die Jahre verschwindet.

Die meisten Patienten mit einem strukturell unvollständigen Ansprechen werden durch weitere Therapien nicht geheilt. Wobei die beste Heilungsrate (29%-51%) Patienten haben mit lokalen Tumoren im Schilddüsenbett, welche mit einer Operation entfernt wurden.

Die ATA-Autoren betonten, dass Patienten, die anfänglich als intermediate oder high risk eingestuft wurden, immer eine zusätzliche Bildgebung zum Ultraschall, also ein Ganzkörperszintigramm nach einer RIT bzw. RID benötigen, um ein Fortbestehen der Krankheit auszuschließen und um sie danach in die Kategorie exzellentes Ansprechen zuzuordnen.

Die ATA-Autoren räumen ein, dass für diese Kategorien, welche auf den Erfolg der Therapien Bezug nehmen, hohe Standards bei Assays und Bildgebung mit entsprechender Interpretation vorauszusetzen sind. Bei der Benennung von Risiken fehlt leider in der ATA-Leitlinie vielfach eine Angabe in welchem Zeitraum ein Ereignis auftritt. Für die Risikoabwägung des Patienten gemeinsam mit seinem Arzt wäre dies eine wichtige Information. In den angeführten Quellen der ATA-Leitlinie werden Zeiträume zwischen 5, 10 und mehr Jahren angeführt, was vor allem einen großen Unterschied für den Patienten ausmacht, wenn ein Ereignis häufiger auftritt. Zu bedenken ist sicherlich, dass es hier meist um große Zeiträume geht und die Patientengruppe mit dem fortgeschrittenen Schilddrüsenkarzinom die kleinste ist, so dass es keine gute Studienlage gibt, mit denen die Risiken abschließend dargestellt werden können

Broschüre: Mit Schilddrüsenhormonen leben! – Inhaltsverzeichnis


Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Schilddrüsenhormonsubstitution | Letzte Aktualisierung: 17.11.2023 von Harald | W-Nummer: 431617

  • nächstes Kapitel
    • Exkurs: L-Carnitin
  • vorangehendes Kapitel 4. Individualisierte TSH -Unterdrückung

Titelbild der Broschüre: Mit Schilddrüsenhormonen leben!
Titelbild unserer Broschüre: Mit Schilddrüsenhormonen leben!

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Broschüre:
Mit Schilddrüsenhormonen leben!
Ein Ratgeber, was bei der Einnahme von Schilddrüsenhormonen zu beachten ist.

Unserer Infomaterialien sind kostenfrei bestellbar.


Alle Kapitel und mehr Informationen können über das Inhaltsverzeichnis gelesen werden.

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Funktion der Schilddrüse

3. Einnahme von Schilddrüsenhormonpräparaten

3.1 Welche Schilddrüsenhormonpräparate gibt es?

3.2 Schilddrüsenhormoneinstellung und Blutwerte

3.3 Beschwerden einer Über- oder Unterdosierung

3.4. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Nahrungsmitteln

4. Individualisierte TSH-Unterdrückung beim differenzierten Schilddrüsenkrebs

5. Quellen

6. Verzeichnisse

7. Glossar

8. Selbsthilfe-Adressen

9. Broschüren/Infomaterial (Bestellformular)

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Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Schilddrüsenhormonsubstitution | Letzte Aktualisierung: 17.11.2023 von Harald | W-Nummer: 431617

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