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Wirkung der Schilddrüsenhormone in den Zellen

Wirkung der Schilddrüsenhormone in den Zellen

Titelbild der Broschüre: Mit Schilddrüsenhormonen leben!

Dies ist die aktuelle Version des Kapitel 2.2. Wirkung der Schilddrüsenhormone in den Zellen unserer Broschüre:

Mit Schilddrüsenhormonen leben!
Ein Ratgeber, was bei der Einnahme von Schilddrüsenhormonen zu beachten ist.

(Inhaltsverzeichnis)

Diese Broschüre sowie anderes Infomaterial ist auch kostenfrei über die Geschäftsstelle zu beziehen.

Wirkung des Schilddrüsenhormone in verschiedenen Organen

Die Schilddrüsenhormone wirken in einer Vielzahl von Organen. Dies tun Sie jedoch nicht überall gleich.

Grafik eine Menschen in dem illustriert wird, auf welche Organe sich wie zu viel bzw. zu wenig Schildddrüsenhormone auswirken. Der Text auf der Grafik stimmt mit dem Text überein.
In dieser Grafik geht es allein um zu wenig bzw. zu viel Schilddrüsenhormone, wenn die Schilddrüsen nicht richtig funktioniert. Mit der Substitution können andere Beschwerden hinzukommen.

Ausführlicher zu den Beschwerden von zu wenig und zu viel Schilddrüsenhormonen wird im Kap 3.3. folgende eingegangen: Beschwerden einer Über- oder Unterdosierung mit Schilddrüsenhormonen

Speicherhormon und aktives Schilddrüsenhormon

Der Regelkreis: Die Hypophyse produziert das TSH, welches die Schilddrüse veranlasst, Schilddrüsenhormone zu produzieren und freizusetzen. Sind zu wenig Schilddrüsenhormone im Blut, so ist die negative Rückkopplung über den Hypothalamus und die Hypophyse vermindert, so dass die Hypophyse mehr TSH ausschüttet. Die Schilddrüse produziert überwiegend T4, in geringen Mengen auch das aktive Schilddrüsenhormon T3.

Speicher-Hormon und aktives Schilddrüsen-Hormon

Das aktive Schilddrüsen-Hormon ist T3.
T4 ist das Speicher-Hormon, aus dem sich der Körper selbst das aktive T3 herstellt.
Diese Umwandlung von T4 in T3 kann gestört sein und aus unterschiedlichen Gründen schlechter funktionieren.

Dejodase

Etwa 20 % des im Blut vorhandenen T3 stammt dabei direkt von der Schilddrüse, die übrigen 80 % werden durch die sogenannte Dejodase, vor allem in den Zellen von Leber und Muskeln, aus dem Schilddrüsenhormon T4 gebildet.

Transportmolekülen (MCT8, MCT10, OATP1C1)

Damit die Schilddrüsenhormone in diese Zielzellen gelangen können, braucht es Transportmoleküle.

In den letzten Jahren wurde hier eine Reihe unterschiedlicher Moleküle entdeckt, die den Transport der Schilddrüsenhormone in die Zellen befördern bzw. bei Vorliegen einer Mutation an diesem Transportmolekül stören.

Mittlerweile wurden eine ganze Reihe von Transportmolekülen für die Schilddrüsenhormone entdeckt (MCT8, MCT10, OATP1C1LAT2…). Je nach Zielorganen spielen die einzelnen Transportmoleküle eine unterschiedliche Rolle, so dass es auch an dieser Stelle zu einer Regulierung der Aktivität der Schilddrüsenhormone kommt. Diese unterschiedliche Aufnahme der Schilddrüsenhormone in die einzelnen Zellen der Zielorgane könnte eine der möglichen Erklärungen sein, dass Patient*innen Beschwerden einer Schilddrüsenüber- und -unterfunktion völlig unterschiedlich, auch je nach Organ, erfahren können. Dies ist selbst dann der Fall, wenn die Schilddrüsenwerte im Blut innerhalb der Referenzwerte liegen.

In den Zellen finden sich bestimmte Enzyme: Dejodasen (siehe Grafik). Bei der Dejodase wird aus dem Depot-Schilddrüsenhormon T4 ein Jod-Atom gelöst und so u. a. in das aktive Schilddrüsenhormon T3 oder in das inaktive Reverse-T3 (rT3) umgewandelt. Im Körper kommen 3 Dejodasen vor, die je nach Organ unterschiedlich stark von Bedeutung sind: Die Typ 1 Dejodase kommt so z. B. vor allem in der Leber vor, während Typ 2 vor allem im Gehirn und in der Hypophyse von Bedeutung ist. Für die Herstellung der Dejodasen wird zudem das Spurenelement Selen benötigt. Auch innerhalb der Zielzellen kommt es so zu einem eigenen Aktivierungs- und Regulierungsmechanismus der Schilddrüsenhormone.

T3-Rezeptoren

Ein weiterer Regulierungsmechanismus der Schilddrüsenhormone sind die T3-Rezeptoren (Schlüssel-Schloss-Prinzip), die in allen Zellen vorhanden und zur Aktivierung der einzelnen Stoffwechselprozesse der Zellen notwendig sind. Auch hier gibt es ganze Familien von T3-Rezeptoren: TRα (= Thyroid Hormone Receptor alpha), TRβ1 und TRβ2 (= Thyroid Hormone Receptor beta1 bzw. 2). Neuere Studien (Flamant 2017) legen nahe, dass man diese jedoch besser entsprechend der Signalwege in vier Typen (siehe Grafik) unterscheiden sollte. Physiologisch relevant scheinen v.a. die Mechanismen 1 und 2 zu sein: Bei der Schilddrüsenhormonwirkung Typ 1 bindet der TR im Zellkern an die DNA und beeinflusst die Genexpression und letztlich auch die Proteinausstattung der Zelle.
Dieser Mechanismus vermittelt u.a. die TSH-Suppression in der Hirnanhangdrüse und die Entwicklung des Hörvermögens.
Beim Typ 2 Mechanismus aktiviert der TR direkt verschiedene Signalwege. Dieser Mechanismus ist daher unabhängig von Genexpression und Proteinsynthese und trägt zur Gefäßerweiterung und möglicherweise zur Feineinstellung des Blutdrucks bei.

In unterschiedlichen Organen finden sich unterschiedliche Formen der T3-Rezeptoren und diese können sich noch mit anderen Rezeptoren, wie denen von Retinsäure oder Vitamin D, verbinden. Diese Prozesse ändern die Aktivierung der T3-Rezeptoren, d. h. eine identische Konzentration von T3 im Blut oder in der Zelle hat eine unterschiedlich starke Wirkung. Dies gilt auch für andere Substanzen wie z. B. das L-Carnitin, welches sich vor allem an die T3-Rezeptoren der Herzmuskelzellen heften kann, und so das T3 in seiner Wirkung auf das Herz blockiert (siehe Kapitel: L-Carnitin zur Minderung von Überfunktionssymptomen, S. 82)

Betrachtet man den komplexen Aktivierungs- und Regelmechanismus der Schilddrüsenhormone, so wird klar, dass die Schilddrüsenwerte im Blut ( Surrogatparameter) nur einen Anhalt für deren Wirkung in den einzelnen Zielorganen geben. Auch unterliegen diese gemessenen Schilddrüsenwerte im Blut noch anderen Faktoren, so dass die Interpretation nicht immer ganz leicht ist und für eine Therapieentscheidung oft weitere Aspekte einbezogen werden müssen. Meist braucht man die Bestätigung durch eine zweite Messung und die individuelle Betrachtung der Beschwerden des Betroffenen.

nächstes Kapitel:


Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Schilddrüsenhormonsubstitution | Letzte Aktualisierung: 27.11.2023 von Harald W-Nummer: 425910


Titelbild der Broschüre: Mit Schilddrüsenhormonen leben!
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Alle Kapitel unserer Broschüre erreicht man über das Inhaltsverzeichnis

Broschüre:
Mit Schilddrüsenhormonen leben!
Ein Ratgeber, was bei der Einnahme von Schilddrüsenhormonen zu beachten ist.

Unserer Infomaterialien sind kostenfrei bestellbar.


Alle Kapitel und mehr Informationen können über das Inhaltsverzeichnis gelesen werden.

Inhaltsverzeichnis:

1. Einleitung

2. Funktion der Schilddrüse

3. Einnahme von Schilddrüsenhormonpräparaten

3.1 Welche Schilddrüsenhormonpräparate gibt es?

3.2 Schilddrüsenhormoneinstellung und Blutwerte

3.3 Beschwerden einer Über- oder Unterdosierung

3.4. Wechselwirkungen mit anderen Medikamenten und Nahrungsmitteln

4. Individualisierte TSH-Unterdrückung beim differenzierten Schilddrüsenkrebs

5. Quellen

6. Verzeichnisse

7. Glossar

8. Selbsthilfe-Adressen

9. Broschüren/Infomaterial (Bestellformular)

Unserer Infomaterialien sind kostenfrei bestellbar.


Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Schilddrüsenhormonsubstitution | Letzte Aktualisierung: 27.11.2023 von Harald W-Nummer: 425910

Allan-Herndon-Dudley-Syndrom

Ein Transportmolekül, welches Schilddrüsenhormone in die Zelle transportiert, ist der Monocarboxylase Transporter 8 (MCT8). Kinder mit einer MCT8-Mutation weisen durch die Störung des Transportes der Schilddrüsenhormone in das Gehirn schwere neurologische Defekte auf. Diese Krankheit wurde erstmals 1944 beschrieben und nach ihren Entdeckern Allan-Herndon-Dudley-Syndrom benannt.

Dass eine MCT8-Mutation die Ursache dieser Krankheit ist, wurde erst im 21. Jahrhundert entdeckt.

mehr unter :Wiki: Allan-Herndon-Dudley-Syndrom

Deiodase

Review – Überblicksartikel:

  • Russo SC, Salas-Lucia F, Bianco AC. Deiodinases and the Metabolic Code for Thyroid Hormone Action. Endocrinology. 2021 Aug 1;162(8):bqab059. doi: 10.1210/endocr/bqab059. PMID: 33720335; PMCID: PMC8237994.

Low-T3-Syndrom

Bei schweren Erkrankungen kommt es zu einer stärkeren Dejodase Aktivität hin zu rT3, so dass weniger vom aktiven Schilddrüsenhormon T3 gebildet werden kann. Dies ist einer der möglichen Mechanismen, die zu dem Low-T3-Syndrom führen. Es wird vermutet, dass dies ein Schutzmechanismus des Körpers ist, um den Stoffwechsel herunterzufahren.

Rezeptoren in den Zellen

Review – Überblicksartikel:

  • Brtko J. Thyroid hormone and thyroid hormone nuclear receptors: History and present state of art. Endocr Regul. 2021 May 21;55(2):103-119. doi: 10.2478/enr-2021-0012. PMID: 34020531.

Studien

Achtung dies ist nur eine Auswahl von Studien. Um evidenzbasierte Aussagen machen zu können, ist es notwendig die Literatur-Datenbanken systematisch zu durchsuchen und in Evidenz-Tabellen auszuwerten. In hochwertigen Leitlinien wird dies gemacht, darum verweisen wir in erster Linie auf Leitlinien und nicht auf einzelne Studien.

Jahreszeiten

Diagnostik

In den Zellen kann die Wirkung der Schilddrüsenhormone mit einem NMB-Spektroskop gemessen werden, siehe Wiki: NMR-Spektroskop zur Messung der Wirkung der Schilddrüsenhormone im Gewebe

  • Beiglböck H, et al., 2020, Effects of Thyroid Function on Phosphodiester Concentrations in Skeletal Muscle and Liver: An In Vivo NMRS Study. J Clin Endocrinol Metab. 2020 Dec 1;105(12):dgaa663. doi: 10.1210/clinem/dgaa663. PMID: 32944774.
    In dieser Studie wird mit dem Einsatz einer speziellen Art der Magnetresonanz-Untersuchung, die Wirkung von Schilddrüsenhormonen direkt im Körpergewebe gemessen. In diesem NMR-Spektroskop werden sichtbare phosphorhaltige Verbindungen als Marker der Schilddrüsenhormonwirkung im Gewebe identifiziert. (Quelle: Medizinische Universität Wien; Pressemitteilung 20.10.2020)

Muskeln

  • Bloise FF, et al., 2018 Role of thyroid hormone in skeletal muscle physiology. J Endocrinol. 2018 Jan;236(1):R57-R68. doi: 10.1530/JOE-16-0611. Epub 2017 Oct 19. PMID: 29051191.
  • Nicolaisen TS, et al. 2020 Thyroid hormone receptor α in skeletal muscle is essential for T3-mediated increase in energy expenditure. FASEB J. 2020 Nov;34(11):15480-15491. doi: 10.1096/fj.202001258RR. Epub 2020 Sep 23. PMID: 32969079; PMCID: PMC7702122.
  • Rosenbaum M, et,al., 2018 Triiodothyronine and leptin repletion in humans similarly reverse weight-loss-induced changes in skeletal muscle. Am J Physiol Endocrinol Metab. 2018 Nov 1;315(5):E771-E779. doi: 10.1152/ajpendo.00116.2018. Epub 2018 Jun 19. PMID: 29920214; PMCID: PMC6293163.

Tumore

Deiodase

Schilddrüsentumore scheinen unterschiedliche Deiodasen zu expressieren; siehe:

  • Angela De Stefano, M., Porcelli, T., Schlumberger, M., & Salvatore, D.. (2023). Deiodinases in thyroid tumorigenesis. Endocrine-related Cancer, 30(5). https://doi.org/10.1530/erc-23-0015
  • Angela De Stefano, M., Porcelli, T., Ambrosio, R., Luongo, C., Raia, M., Schlumberger, M., & Salvatore, D.. (2023). Type 2 deiodinase is expressed in anaplastic thyroid carcinoma and its inhibition causes cell senescence. Endocrine-related Cancer, 30(5). https://doi.org/10.1530/erc-23-0016

Gehirn – Schilddrüsenhormonwirkung als Neurotransmitter

Ein groß Teil dieser Studien ist mehrere Jahrzehnte alt:

  • Dratman MB, Gordon JT. Thyroid hormones as neurotransmitters. Thyroid. 1996 Dec;6(6):639-47. doi: 10.1089/thy.1996.6.639. PMID: 9001201.

Im Jahr 2023 beschäftigen sich zwei Reviews der selben Autorengruppe mit der These, dass Schilddrüsenhormone als Neurotransmitter im Gehirn wirken:

  • Martin JV, Sarkar PK. Nongenomic roles of thyroid hormones and their derivatives in adult brain: are these compounds putative neurotransmitters? Front Endocrinol (Lausanne). 2023 Aug 28;14:1210540. doi: 10.3389/fendo.2023.1210540. PMID: 37701902; PMCID: PMC10494427.
    In diesem Überblick stellen die Autor*innen klar, dass die Wirkung der Schilddrüsenhormone und ihrer Metaboliten als Neurotransmitter zwar attraktive These ist, diese aber noch unvollständig ist und weiterer Forschung bedarf.
  • Chakrabarti N, Sarkar PK, Ray AK, Martin JV. Unveiling the nongenomic actions of thyroid hormones in adult mammalian brain: The legacy of Mary B. Dratman. Front Endocrinol (Lausanne). 2023 Sep 29;14:1240265. doi: 10.3389/fendo.2023.1240265. PMID: 37842308; PMCID: PMC10570802.
    Die ist eine Literaturübersicht, welche die mutmaßliche nichtgenomischen Wirkung von Schilddrüsenhormonen an den Nervenenden des Gehirns erwachsener Säugetiere untersucht: Wirkung der Schilddrüsenhormone als Neurotransmitter. Etwa die Hälfte der Studien in diesem Bereich stammen von Dratman et al.
    Schilddrüsenhormone scheinen auf verschiedene Weise im Gehirn zu wirken, einschließlich T3 selbst und anderen Derivaten wie rT3 und 3-T1AM. Die Tier experimentellen Studie unterstützen die These, dass T3 als Neurotransmitter fungiert und die Aufnahme/Freisetzung anderer Neurotransmitter und Ionen in synaptischen Regionen modulieren kann. …
    Nach Ansicht der Autor*innen würde das genaue Verständnis dieser Mechanismen, besserer Behandlungsstrategien für kognitive Dysfunktionen im Zusammenhang von Schilddrüsenstoffwechselstörungen ermöglichen.

Weitere frei zugängliche Quellen:


Autor: Harald | Arbeitsgruppe: Arbeitsgruppe Schilddrüsenhormonsubstitution | Letzte Aktualisierung: 27.11.2023 von Harald W-Nummer: 425910

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