FAQ: Radioioddiagnostik (RID) in der Nachsorge
- Dieses Thema hat 1 Antwort und 2 Teilnehmer, und wurde zuletzt aktualisiert 15.10.2018 - 11:55 von Martin Gero.
Leitungsteam SHG Berlin follikulärer SD-Krebs 1997 (oxyphil), Zungengrundkrebs 2024
FAQ: Radioioddiagnostik (RID) in der Nachsorge
Update: 20.08.2019
FAQ: Radioioddiagnostik (RID) in der Nachsorge.
Was sagen die Leitlinien?
Eine immer wieder auftauchende Frage:
- Ist einen Radioioddiagnostik (RID) in der Nachsorge des differenzierten Schilddrüsenkrebs notwendig und wenn ja, wie oft?
Inhalt dieses Beitrages:
- Warum sollte eine Radioioddiagnostik durchgeführt werden? (Indikation)
- Wann wird eine Radiioddiagnostik durchgeführt? (Zeitpunkt)
- Wie wird eine Radiioddiagnostik durchgeführt?
- Wie oft wird eine Radiioddiagnostik durchgeführt?
- Leitlinien und andere Quellen
Überblick und einfach erklärt:
siehe folgende Kapitel in unserer Broschüre:
Knoten der Schilddrüse und ihre Behandlung
Beobachten oder behandeln/operieren?
- ⬆ 3.2. Schilddrüsenkrebs
Dieser Beitrag ist nur für Patient*innen mit dem differenzierten Schilddrüsenkrebs von Interesse. Zum differenzierten Schilddrüsenkrebs zählt man nicht das medulläre sowie das anaplastische Schilddrüsenkarzinom;
mehr im Detail und mit weiterführenden Links:- ⬆ Nachsorge – differenzierter Schilddrüsenkrebs (Übersicht)
- Es gibt unterschiedliche Schreibweisen, die jedoch das selbe meinen:
Warum sollte eine Radioioddiagnostik durchgeführt werden? (Indikation)
In den derzeitigen Leitlinien gibt es unterschiedliche Empfehlungen, warum einen Radioioddiagnostik (RID) durchgeführt werden soll (Indikation).
- ➡ FAQ: Was ist eine Leitlinie? Was ist eine Richtlinie?
- ⬇Leitlinien zur Radioioddiagnositk
In der deutschen S1-Leitlinie (niedrigste Stufe) der Deutsche Gesellschaft für Nuklearmedizin e.V. (DGN) wird eine RID Regelhaft zum Abschluss einer Therapie empfohlen.
Die S1-Leitlinie der DGN kennt jedoch auch Ausnahmen.
Die europäischen und amerikanischen Leitlinien sehen in der Regel keine Radioioddiagnostik vor.
Die Ausnahmen der DGN und die Indikationsstellungen für eine Radioioddiagnostik haben sich dabei über die Jahre immer mehr angenähert.
In der Frage, wann eine ablative Radioiodtherapaie (RIT) als erfolgreich zu werten ist, gibt es jedoch unterschiedliche Ansichten (vor allem in Abhängigkeit von der Einteilung in unterschiedliche Risikogruppen).
Für den Erfolg einer ablativen Radioiodtherapie (vollständige Entfernung der Schilddrüse) reicht der ATA bei low-risk und intermediate risk Patient*innen:
- ein nicht nachweisbarer Thyreoglobulin(Tg)-Werte, keine Thyreoglobulin-Antikörper . (TAK) und keine Auffälligkeit bei der Ultraschalluntersuchung des Halses.
Nach ATA gibt es drei klinische Settings, wann eine RJD indiziert ist:
- Patienten bei denen man im ersten Ganzkörperszinti eine Jod-Speicherung außerhalb des Schilddrüsenbetts sieht
- Patienten, die noch sehr viel gesundes Restgewebe haben. Die Jod-Aufnahme in diesem Restgewebe kann im Ganzkörperszinizti lokale Lymphknotenmetastasen überblenden. und die Speicherung
- Patienten mit Thyreoglobulin-Antikörper, da dieses zu falsch negativen Tg-Werten führen können
(siehe FAQ: Thyroglobulin-Antikörper und SD-Krebs-Nachsorge)
Ausführlich siehe: ⬇ ATA-Leitlinie (2015): Die Rolle der Radiojodiagnostik
In der S1-Leitlinie der DGN (2019) wird betont, dass es keine einheitliche Definition für den Erfolg der RIT gibt.
- Anmerkung in der Version 2017 hat man noch versucht eine eigene Definition für den Erfolg der Ablation zu geben.
Es wird hervorgehoben, dass mit der Ganzkörperszintigraphie nach Radioiodtherapie ein nennenswerte Zahl von low-risk Patient*innen mit einem niedrigen bzw. nicht-nachweisebaren Tg-Wert im Szinitgramm Lymphknotenmetastasen zu finden waren. Es wird auf die Studie: Post-operativer Tg-Wert u Metastasen (Campennì 2018) verwiesen.
Außerdem werden mit Hilfe der SPECT/CT mehr Lymphknotenmetastasen entdeckt.
Es werden nun Vorraussetzungen aufgeführt, wann auf eine RID verzichtet werden kann. Die Erfolgskontrolle geschieht dann durch regelmäßige Tg-Wert Bestimmung.
Vorraussetzungen für den Verzicht sind:
- pT1-T2 ohne Verdacht auf Ausbreitung außerhalb der Schilddrüse
- Tg bei der initialen RIT bereits niedrig (z.B. < 1 ng/ml)
- Tg-Spiegel unter Schilddrüsenhormonen unterhalb der funktionellen Assay Sensitivität
- keine TAK und kein Hinweis auf heterophile Antikörper
- Ganzkörperszintigraphie nach RIT zeigt keine Lymphknotenmetastasen. Große Schilddrüsenreste können dabei schwächer speichernde Lymphknotenmetastasen überstrahlen.
Wann wird eine Radiioddiagnostik durchgeführt?(Zeitpunkt)
Früher wurde eine Radioioddiagnostik (RID) oftmals bereits nach 3 Monaten durchgeführt. Dieses Vorgehen führte jedoch oft zu falsch positiven Befunden und einer Übertherapie, da eine Radioiodtherapie zum Teil sehr lange nachwirkt (bis zu zwölf Monate).
In den aktuelleren S1-Leitlinien der DGN wird daher der Zeitpunkt einer RID nach einer ablativen Radioiodtherapie wie in der amerikanischen Leitline (ATA (2015)) in ein Zeitraum von 6 bis 12 Monaten empfohlen.
Ist unter TSH-Unterdrückung der Tg-Wert >=1 ng/ml nach 6-12 Monaten nach ersten RIT ein weitere RIT indiziert, so sollte dies ohne vorherige RID durchgeführt werden, um die Iod-Aufnahme nicht negativ zu beeinflussen. Dies gilt auch für Patient*innen bei denen bei der ersten RIT ein größerer Schilddrüsenrest vorlag.
Wie wird eine Radiioddiagnostik durchgeführt?
Die RID ist ein Verfahren in der Nachsorge des differenzierten Schilddrüsenkrebs, das ähnlich wie eine Radiojodtherapie abläuft, jedoch mit einer geringen Aktivität: in der Regel mit 150 bis 370 MBq I-131 oder seltener mit 10 bis 40 MBq für die Halsregion (bei Verdacht auf Metastasen 100 MBq oder Höher) I-123, welches ein reiner γ-(=Gamma)-Strahler ist und nur eine Halbwertszeit von 13 Stunden hat.
Damit das radioaktive Iod möglichst gut durch eventuell noch vorhandenes Schilddrüsenrestgewebe bzw. Schilddrüsenkrebszellen aufgenommen wird, wird zur Vorbereitung einer RID – wie bei der Radioiodtherapie – empfohlen:
- Vermeidung von Jod:
- Ein Stimulation der Schilddrüsen- bzw. Schilddrüsenkrebszellen durch TSH. Dies kann man erreichen:
- durch eine Schilddrüsenunterfunktion, indem man über mehrere Wochen keine Schilddrüsenhormone nimmt.
oder - durch zwei Spritzen rhTSH (Handelsname Thyrogen), welche man zwei Tage vor einer RID bzw. RIT spritzt.
- durch eine Schilddrüsenunterfunktion, indem man über mehrere Wochen keine Schilddrüsenhormone nimmt.
- Vor der Einnahme der Kapsel soll vorher 4 Stunden und danach 1 Stunde nichts gegessen werden.
- Damit das überschüssige radioaktvie Iod nach der Radioiodtherapie/Radioiodiagnostik schnell wieder ausgeschieden wird, soll viel getrunken werden.
- Empfehlung zum Speichelfluss und zum Schutz der Speicheldrüsen kann nicht gegeben werden: „Die Reduktion der Strahlenexposition durch eine Beschleunigung der Exkretion könnte durch eine erhöhte Extraktion aus dem Plasma nach Stimulation überkompensiert werden.“(DGN 2019)
- [Anmerkung-Harald: Es wird an dieser Stelle nicht auf Studien in der Leitlinie verwiesen. Die Ergebnisse von klinischen Studien sind nicht eindeutig, da unterschiedliche Zeitpunkte der Anregung der Speicheldrüsen gewählt werden; siehe auch: FAQ: Kariesschutz nach Radioiodtherapie]
- Die RID muss in Deutschland ab einer Aktivität von 150 MBq stationär – wie die RIT – durchgeführt werden. Die Liegezeit ist jedoch kürzer, da eine geringere Aktivität des radioaktiven Iods verwendet wird. Die Aufenthalt auf Station beträgt jedoch mindestens 48 Stunden.
siehe auch: ➡ FAQ: Was für Strahlen gehen vom radioaktivem Jod aus?
Die RID kann unter bestimmten Voraussetzungen auch ambulant durchgeführt werden; siehe: FAQ: Ambulante Radiojoddiagnostik unter rhTSH (=Thyrogen) - Die RID wird manchmal auch vor einer eventuellen Radioiodtherapie durchgeführt, wenn die Ärzte sich nicht sicher sind, ob noch Schilddrüsenrestgewebe bzw. Schilddrüsenkrebszellen vorhanden sind.
In diesem Fall besteht das Problem des Stunning: ⬇ FAQ-Hilfe: Was ist Stunning?.
Diese Form der RID, wird auch als Dosimetrie bezeichnet, wenn damit die Aktivität für eine Radioiodtherapie (RIT) berechnet werden soll.
Alternativ kann hier auch I-123 bzw. eine I-124-PET/CT zur Dosimetrie gemacht werden.
Dies steht jedoch nur in wenigen Kliniken zur Verfügung. - Zum Abschluss einer Radioioddiagnostik wird eine Ganzkörperszintigraphie (GKS) durchgeführt, in der dann eventuelles Restgewebe oder Metastasen des differenzierten Schilddrüsenkarzinoms zu sehen sind.
Die Sichtbarkeit von Metastasen des differenzierten Schilddrüsenkrebs ist dabei abhängig von der eingesetzten Aktivität und der Messdauer.
Ein Ganzkörperszinitgramm nach einer Radioiodtherapie (rxGKS) zeigt daher eher Metastasen an als nach einer Radioioddiagnostik (dxGKS). Mit einer Verlängerung der Messdauer nach einer RID kann dies zum Teil kompensiert werden. - Eine SEPCT/CT Radioioddiagnostik ist einer planaren Bildgebung vorzuziehen, um besser zwischen einem lokalen Tumoren und unspezifischen Uptake (=Speicherung) unterscheiden zu können.
- Zur Radioioddiagnostik zählt auch die Bestimmung des TSH-stimulierten Tg-Wert.
siehe FAQ: Zeitplan für RJD und Tg-Bestimmung mit rhTSH-StimulationEntspricht der Tg-Wert nicht dem Bild der Ganzkörperszintigraphie, z.B. der Tg-Wert ist deutlich erhöht, in der Ganzkörperszintigraphie ist jedoch nichts oder wenig zu sehen, so werden entdifferenzierte Schilddrüsenkrebszellen vermutet.
Dies kann dann eine Indikation für eine FDG-PET/CT (oder FDG-PET/MRT) sein.
Wie oft wird eine Radiioddiagnostik durchgeführt?
Früher wurde in Intervallen von 1, 3 und/oder 5 Jahren Radioioddiagnostiken durchgeführt. Von diesen Zeit-Intervallen ist man abgekommen.
Besteht nach einer Radioiodtherapie (RIT) keine Indikation für die Kontrolle einer Radioioddiagnostik (RID) so wird auch gar keine durchgeführt.
Sind Thyreoglobulin-Antikörper (TAK) vorhanden, so findet mindestens einmal eine RID statt. Bei konstant bleibenden TAK-Werten – in bestimmten Abständen – oder bei steigenden TAK-Werten RID statt.
Entsprechend häufig kann eine RID durchgeführt werden.
siehe : Statement: TAK in der Nachsorge des Schilddrüsenkrebs.
War eine Ganzkörperszintigraphie unauffällig und sind Tg- und TAK-Werte gleichfalls unauffällig, kann auf eine weitere RID verzichtet werden.
Es gibt gar eine neuere Studie, die zum Ergebnis kommt: Ultraschall des Halses bei nicht-nachweisbarem und niedrigem Tg-Wert in der Nachsorge nicht notwendig (Verburg 2018).
Leitlinien und andere Quellen:
Leitlinien und Behandlungsempfehlungen:
- DGN-Leitlinie (2019): Ganzkörperszintigraphie nach RIT
- nicht mehr aktuell: DGN-Leitlinie (2017): Ganzkörperszintigraphie nach RID (S1-Leitlinie)
- ATA-Leitlinie differenzierter SD-Krebs 2015: Übersicht….. (entpricht einer S3-Leitlinie)
- Europäische Leitlinie zur Behandlung von SD-Krebs (2006)
Weitere Quellen:
- Statement: TAK in der Nachsorge des Schilddrüsenkrebs (2013)
- Positionspapier: hsTG in der Nachsorge (2014)
- Studie: Ultraschall des Halses bei nicht-nachweisbarem und niedrigem Tg-Wert in der Nachsorge nicht notwendig (Verburg 2018)
Weiterführende Informationen über:
25 Jahre – Ohne Schilddrüse leben – Überblick unserer Veranstaltungen
Herbsttreffen und Symposium in Augsburg
Als Verein sind wird stärker: Vereinsmitglied werden
Antwort auf: FAQ: Radioioddiagnostik (RID) in der Nachsorge
Vielen Dank für diese genaue Darstellung. Das war einmal mehr absolut hilfreich für mich.
Mit vielen Grüßen und besten Wünschen
Martin
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